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# taz.de -- Late-Night-Talkshows in den USA: Der Kampf um die Nacht
> David Letterman hört auf. Auch andere Sender reagieren auf sinkende
> Quoten. Unter den Late-Night-Talkern in den USA wird munter umbesetzt.
Bild: Sehen sich sehr ähnlich: David Letterman und sein Nachfolger Stephen Col…
NEW YORK taz | Wenn es auf Mitternacht zugeht, verpacken die
Late-Night-Show-Master den zurückliegenden Tag in Sketche. In einem Setting
auf halber Strecke zwischen Glamour und Beichtstuhl plaudern sie übers
Showbusiness, über Medien und über Politik. Manchmal anzüglich, oft seicht
und immer auf der Suche nach einer Pointe. Für Millionen von Zuschauern in
den USA, die längst keine Zeitung mehr kaufen, prägen sie den Blick auf die
Welt.
„Gut sehen Sie aus“, begrüßt Showmaster David Letterman seinen Gast Barack
Obama. „Sie auch“, gibt der Präsident zurück. „Sie haben mich nicht nac…
gesehen“, erwidert Letterman. „Belassen wir es dabei“, sagt der Gast mit
breitem Grinsen. Er sitzt in einem Sessel links von Lettermans
Schreibtisch. Der 67-jährige Showmaster hat 32 Jahre lang allabendlich mit
Hollywood-Stars, US-Präsidenten und Komiker-Kollegen geplaudert. Er war der
König der Late-Night-Shows. Aber jetzt ist seine Zeit abgelaufen.
Für das Jahr 2015 hat CBS jemanden angeheuert, der der Sendung eine Wende
geben soll: Stephen Colbert. Der 50-Jährige ist mit seiner – ebenfalls
allabendlichen – Satireshow über konservative Politik „The Colbert Report�…
bekannt geworden. Seine Ironie ist immer politisch und oft beißend. Zudem
hat sein Publikum das Lieblingsalter der Kommerzsender: 18 bis 49 Jahre. In
seinem künftigen Job muss Colbert vor allem um Einschaltquoten kämpfen.
Letterman, der in seinen besten Jahren über vier Millionen Zuschauer
erreichte, hat gegenwärtig nur noch 2,8 Millionen Zuschauer.
Beschleunigt wurde dessen Niedergang zuletzt auch durch den Senkrechtstart
eines Talkmasters bei der Konkurrenz – dem Nachfolger von Jay Leno auf NBC.
Auch auf NBC sanken die Quoten, bis im Februar der 39-Jährige Jimmy Fallon
die „Tonight Show“ übernahm. Immer gut gelaunt, mit unschuldig wirkendem
Charme, gelegentlichem Gesang und Tanz brachte Fallon es schon im April auf
mehr als 4,3 Millionen Zuschauer. Einer seiner viel geklickten Sketche
zeigt ihn bei einer Wasserschlacht mit der Schauspielerin Lindsay Lohan,
die von einer Entziehungskur zur nächsten tingelt. Ein anderer beim Rappen
mit Justin Timberlake.
Lettermans – und bald auch Colberts – zweiter Hauptkonkurrent ist der
46-jährige Jimmy Kimmel auf ABC, der ebenfalls zu einfachen Lachnummern
neigt. Er hat neulich die beiden Schauspielerinnen Julia Roberts und Sally
Field zum Wettfluchen eingeladen. Im April kam „Jimmy Kimmel Live“ mit
durchschnittlich 2,7 Millionen Zuschauern gefährlich nahe an Letterman
heran.
## Vergleich erotischer Anziehungskraft
Die Rituale der Late-Night-Shows haben sich seit den 1970er Jahren wenig
verändert. Sie sind extrem personalisiert. Der Showmaster ist ein Mann, der
Anzug, meist auch Krawatte und Ehering trägt und der die Stars an seinen
Schreibtisch als Kumpel empfängt. Nicht selten eröffnet er Gespräche mit
Fragen zu Kindern, Körpergewicht und Vergleichen über erotische
Anziehungskraft.
Fast alle Late-Night-Shows haben ein Orchester. Sowie ein Publikum, das
frenetisch klatscht. Nur einmal in diesem Frühjahr bekam Fallon Buhrufe. Da
hatte er sich über den Kleiderstil der angehenden Großmutter Hillary
Clinton lustig gemacht. Das passt nicht in die Erwartungen an
Late-Night-Shows, die traditionell den Demokraten nahestehen.
Die drei großen Sendeanstalten – NBC (die zu General Electrics gehört), CBS
(Westinghouse) und ABC (Walt Disney Company) – ermitteln täglich neu die
Einschaltquoten. Deren Sinken sowie veränderte Konsumgewohnheiten der
Zuschauer haben die massiven Umbesetzungen seit Jahresbeginn ausgelöst.
Gerade jüngere Zuschauer gucken Late-Night-Shows nicht mehr live im
Fernsehen, sondern in DVR-Aufzeichnungen am Frühstückstisch oder nur
Ausschnitte davon am Computer. Die neuen Show-Master müssten Sketche
produzieren, die für ein zweites Leben auf Youtube taugen.
Während anderswo jüngere Männer kommen, engagierte der Sender Comedy
Central den 52-jährigen Afroamerikaner Larry Wilmore als Nachfolger von
Colbert. Wilmore soll einen „Minority Report“ produzieren. Das soll die
Präsenz einer Minderheit verstärken. Und zugleich eine alte Regel
bestätigen: Im Tagesgeschäft des US-Fernsehens mögen Frauen Karriere
machen. Aber die späte Nacht bleibt – vorerst – Männersache.
16 May 2014
## AUTOREN
Dorothea Hahn
## TAGS
Fernsehen
Fox News
Harald Schmidt
Jan Böhmermann
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