# taz.de -- Verengte Spielräume: Gute und schlechte Flüchtlinge | |
> Die Berliner Pläne für ein verschärftes Ausweisungsgesetz sorgen in | |
> Bremen für Unruhe: Mühsam errungene Ermessensspielräume würden deutlich | |
> schrumpfen. | |
Bild: Gefangen in einem fremden Land: Flüchtinge im Abschiebeknast. | |
BREMEN taz | Die Bremer Flüchtlingspolitik gerät unter Druck. Ein Entwurf | |
des Bundesinnenministeriums sieht vor, Abschiebungen zu erleichtern. | |
Nachdem vor zwei Wochen bereits die Definition von Serbien, Mazedonien und | |
Bosnien-Herzegowina als „sichere Herkunftsländer“ auf den Weg gebracht | |
wurde, will das CDU-geführte Ministerium nun auch die Ausweisung von | |
Personen erleichtern, die „unter Umgehung einer Grenzkontrolle“ einreisten | |
oder zuvor ihre Identitätspapiere vernichtet haben. Es schafft zahlreiche | |
neue Tatbestände, die eine Festsetzung von Flüchtlingen begründen. | |
Der innenpolitische Sprecher Bremer Grünen, Björn Fecker, fürchtet „ein | |
gigantisches Inhaftierungsprogramm“, sollte der Entwurf Wirklichkeit | |
werden. So schaffe man keine Integration. Innenminister Thomas de Maizière | |
hingegen sieht den Entwurf als „ausgewogenes Paket“, da „geduldete | |
Ausländer mit guter Integrationsprognose“ künftig schneller einen sicheren | |
Aufenthaltsstatus erhielten. | |
Bremen hatte unter Rot-Grün die Residenzpflicht gelockert und Regelungen | |
für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge geschaffen, wie sie auch die | |
Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen verlangt. Es praktiziert eine | |
alters- und stichtagsunabhängige Bleiberechtsregelung, vermeidet weitgehend | |
Abschiebungshaft, hat die Härtefall-Verordnung neu gefasst und Ausnahmen | |
von der Passpflicht ermöglicht. Viele dieser erweiterten | |
Entscheidungsspielräume würden durch das geplante Ausweisungsgesetz | |
deutlich verkleinert beziehungsweise ganz in Frage gestellt. Noch vor der | |
Sommerpause soll es auf die Tagesordnung des Bundeskabinetts gelangen. | |
Britta Ratsch-Menke vom Bremer Flüchtlingsrat wertet Teile des Entwurfs als | |
„in Gesetzesform gegossene Stammtischparolen“. Damit meint sie die | |
vorgesehene Gleichsetzung von Asylanträgen, die als „offensichtlich | |
unbegründet“ abgelehnt werden, mit dem Vorwurf der versuchten Erschleichung | |
von Sozialleistungen. Der Bundesinnenminister hingegen verteidigt das | |
Vorhaben mit Verweis auf die notwendige „Zustimmung in der Bevölkerung“: | |
Nur, wenn alle ausgewiesen würden, die nicht faktisch verfolgt seien, | |
akzeptierten die Deutschen die Aufnahme „echter“ Flüchtlinge. „Unsere | |
Großzügigkeit“, so de Maizière, „darf nicht missbraucht werden.“ | |
Das Bremer Innenressort erklärt auf Nachfrage, den Entwurf „sehr kritisch | |
begleiten“ zu wollen. „Wir werden das nicht einfach schlucken“, sagt | |
Sprecherin Rose Gerdts-Schiffler, „sondern für unsere Positionen kämpfen | |
und unserer Linie treu bleiben.“ Und wenn sich de Maizière durchsetzt, auch | |
im Bundesrat? „Dann müsste Bremen seine Regelungen anpassen“, sagt | |
Gerdts-Schiffler – „aber wir würden unsere Ermessensspielräume bis aufs | |
Äußerste ausschöpfen.“ Nach Einschätzung der Flüchtlingsrat-Vertreterin | |
würde es im Rahmen eines verschärften Bundesgesetzes allerdings „sehr viel | |
schwieriger“, vor Ort menschenfreundliche Lösungen zu finden. | |
Feckers Kollege als innenpolitischer Sprecher, Sükrü Senkal von der SPD, | |
hat ebenfalls eine klare Meinung zum geplanten Ausweisungsrecht: „Harter | |
Tobak“ sei das, „nicht tragbar“ und ein eklatanter Rückschritt hinter die | |
Bremer Regelungen. Auf Bundesebene ist seine Partei allerdings an der | |
Neufassung durchaus beteiligt. Die „konsequente Rückführung nicht | |
schutzbedürftiger Personen“ ist Teil des Berliner Koalitionsvertrages – | |
wobei Schutzbedürftigkeit oft genug politisch statt faktisch definiert | |
wird. | |
15 May 2014 | |
## AUTOREN | |
Henning Bleyl | |
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