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# taz.de -- Sorgfaltspflicht vor Meinungsfreiheit: Politikfreie Fassade
> Das Göttinger Studentenwerk streitet mit der studentischen
> Wohnrauminitiative – weil WGs wegen aufgehängter Transparente abgemahnt
> wurden.
Bild: Mussten von den Studierenden in Göttingen wieder eingerollt werden: poli…
GÖTTENGEN taz | Ein paar aus dem Fenster gehängte Transparente haben in
Göttingen einen heftigen Streit ausgelöst. In einem von rund 40 Gruppen
unterstützten Offenen Brief wirft die studentische Wohnrauminitiative dem
Studentenwerk Schikane und das Verbot politischer Meinungsäußerung vor. Das
Studentenwerk wehrt sich gegen die seiner Ansicht nach „kleinteilige
Kritik“ und verweist auf die Sorgfaltspflicht im Sinne andersdenkender
Bewohner, die nichts mit den politischen Inhalten und Parolen zu tun haben.
Wiederholt hatte das Studentenwerk von Heimbewohnern gefordert,
Transparente mit politischen Parolen wie „Kapitalismus abschaffen – Die
Festung Europa einreißen!“ und „Gegen Arbeit, gegen Miete – alles für
alle!“ von den Hausfassaden zu entfernen. Zwei Wohngemeinschaften sei wegen
der abgerollten Spruchbänder gar mit Abmahnungen gedroht worden, weil sie
auf Transparenten den Erhalt von Wohnheimen und Gemeinschaftseinrichtungen
gefordert hatten. Im Schreiben nennt die Initiative auch den Namen eines
Studentenwerks-Mitarbeiters, der den betreffenden Wohnheimen persönlich
„einen Besuch abgestattet“ habe.
Die Wohnrauminitiative prangert zudem geplante „Entmietungen“ von Häusern
des Studentenwerks und eine Anhebung der Mietpreise an. Weiter heißt es:
Das Studentenwerk solle lieber seine Aufgabe, die Studierenden
„wirtschaftlich, gesundheitlich, sozial und kulturell zu fördern“,
wahrnehmen, die nähere Ausgestaltung dessen aber den Bewohnern überlassen
und Eigeninitiative nicht mit „einengender Auslegung“ der „Allgemeinen
Mietbedingungen“ bekämpfen – eben diese Bedingungen sind es, die das
Anbringen von Außenantennen, Plakaten, Schildern und Transparenten in und
an den Wohnheimen untersagen.
Die Initiative bemängelt weiter, dass Parkflächen vor den Wohnheimen nicht
genutzt werden dürften und die Haltung von Kleintieren häufig untersagt
werde. „Die Keller von mehreren Häusern wurden einfach geräumt und stehen
nun leer, geschützt von sorgsam verriegelten und extra beschlagenen Türen.“
In einem Fall sei gar damit gedroht worden, ein parkendes Auto der Bewohner
„verschrotten“ zu lassen. Das Studentenwerk habe den Bewohnern „nicht
vorzuschreiben, wie sie zu leben haben, sondern günstigen Wohnraum zur
Verfügung zu stellen“. Stattdessen saniere es Gemeinschaftseinrichtungen zu
Einzelwohnungen, verbiete politischen Ausdruck und verweise bei Kritik auf
Gremien, in denen es selbst die Mehrheit stelle.
In seiner scharfen Antwort verwahrt sich das Werk gegen die Vorwürfe. Es
seien da „zusammenhanglose Beispiele zusammengefasst worden, um eine
vermeintliche bösartige Strategie des Studentenwerks Göttingen zu
konstruieren“. Im Übrigen bestehe eine Sorgfaltspflicht auch gegenüber
denjenigen Heimbewohnern, die sich nicht mit dem Anbringen von
Transparenten politischen Inhalts identifizieren. Auf deren Wunsch sei der
strittige Passus erst in die Allgemeinen Mietbedingungen aufgenommen
worden.
Weiteren Kritikpunkten kontert das Studentenwerk mit dem Hinweis, dass die
Nutzung von Freiflächen und Kellerräumen nicht zur Mietsache gehöre. Bei
Kleintierhaltung müssten kulturelle Unterschiede, Allergien und Ängste
gegenüber Tieren berücksichtigt werden, die bei Bewohnern nicht selten
seien.
Dass in dem offenen Brief einzelne Mitarbeiter namentlich genannt und
angegriffen würden, verurteile das Studentenwerk „auf das Schärfste“: „…
entspricht nicht unseren Vorstellungen von einem fairen Umgang
miteinander.“ „Befremdet“ sei man auch von der Übergabe des Schreibens, …
Geschäftsführer und einem Mitarbeiter wurde das frühmorgens in ihre
Privatwohnungen überbracht.
15 May 2014
## AUTOREN
Reimar Paul
## TAGS
Göttingen
Studentenwerk
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