# taz.de -- Fehlende Fachkräfte: Hausgemachte Erziehernot | |
> Kita Bremen klagt vehement über Fachkräftemangel – dabei könnte sich der | |
> Träger von der evangelischen Kirche abgucken, wie man gutes Personal | |
> gewinnt. | |
Bild: ErzieherInnen fehlen in Bremer Kindertagesstätten. | |
BREMEN taz | 50 Erzieherinnen fehlen derzeit in Gruppen des städtischen | |
Trägers Kita Bremen. Dessen Leiter, Hagen Zywicki, begründet dies mit einem | |
Mangel an Fachkräften, der in Bremen erstmals in diesem Jahr so stark zu | |
spüren sei. „Wir merken, dass der Markt wie leer gefegt ist“, sagt Zywicki. | |
„Die Lage ist nicht dramatisch, aber es wird eng“, bestätigt Carsten | |
Schlepper, Leiter des Landesverbandes evangelischer Tagesstätten, nach Kita | |
Bremen der zweitgrößte Träger von Kindertagesstätten und Konkurrent im | |
Kampf um die besten Leute. Es spricht einiges dafür, dass die Kirche dabei | |
besser abschneidet. | |
Das beginnt bei der Auswahl derjenigen, die nach ihrer theoretischen | |
Ausbildung das einjährige Anerkennungspraktikum absolvieren. „Ich hatte | |
längst eine Zusage von einer Kirchengemeinde, als sich Kita Bremen gemeldet | |
hat“, erzählt einer, der sich im Anerkennungsjahr befindet. Im Gegensatz zu | |
Kita Bremen konnte er sich bei der Kirche direkt bei den Einrichtungen | |
bewerben und sie sich vorher anschauen. | |
Kita Bremen hingegen suchte etwas für ihn aus – ausgerechnet in einem Hort, | |
was er in seiner Bewerbung ausgeschlossen hatte, weil die längeren | |
Betreuungszeiten mit denen seines eigenen Kindes kollidieren würden. | |
„Wir müssen unser Auswahlverfahren beschleunigen“, sagt Hagen Zywicki, der | |
erst seit vergangenem November Kita Bremen leitet. Sonst entgingen ihnen | |
diejenigen, die viel Eigeninitiative zeigen. Doch das Beispiel des | |
werdenden Erziehers zeigt, dass diese auch als ausgebildete Fachkräfte | |
nicht unbedingt bei Kita Bremen landen. „Im Dezember habe ich mich auf eine | |
Stellenausschreibung beworben“, erzählt er, „und außer einer Bestätigung | |
nichts mehr gehört.“ Kein Wunder, denn Kita Bremen besetze zum Sommer frei | |
werdende Stellen mit denen, die bei Kita Bremen ihr Praktikum gemacht | |
haben, sagt Zywicki. | |
Laut Zywicki ist das größere Problem, während des laufenden | |
Kindergartenjahres jemand zu finden, wenn Erzieherinnen wegen Krankheit | |
oder Schwangerschaft ausfallen. Doch keine einzige der Stellen, die derzeit | |
zu besetzen sind, ist ausgeschrieben. Keine Informationen über Lage, | |
Stellenumfang, Profil der Einrichtung und darüber, ob es sich um eine | |
Kleinkind-Gruppe handelt oder um größere Kinder. Kita Bremen „sucht ständig | |
Erzieherinnen/Erzieher“, heißt es auf der Homepage. | |
Um in Zukunft Engpässe besser überbrücken zu können, will Zywicki jetzt | |
einen größeren Vertretungspool aufbauen: Er verhandelt mit der | |
Sozialbehörde darüber, 21 statt sieben Fachkräfte einzustellen und sie mit | |
Zulagen dafür zu entschädigen, dass sie an verschiedenen Orten eingesetzt | |
werden. Auch eine Zusammenarbeit mit einer Zeitarbeitsfirma, wie es die | |
evangelische Kirche längst macht, schließt er nicht aus. | |
Und er hofft weiter auf eine Einigung mit dem Personalrat, der sich dagegen | |
sperrt, in den Kleinkindgruppen neben Erzieherinnen als zweite Kraft auch | |
sozialpädagogische Assistentinnen einzusetzen. Rechtlich gibt es damit | |
keine Probleme, aber der Personalrat hält die Assistentinnen für nicht | |
qualifiziert genug. Sie durchlaufen nach Abschluss der Realschule nur eine | |
zweijährige Ausbildung, Erzieherinnen brauchen fünf Jahre. „Als Pädagoge | |
wäre es mir am liebsten, wenn alle möglichst hoch qualifiziert wären“, sagt | |
Zywicki. Aber er hält die sozialpädagogischen Assistentinnen für geeignet, | |
im Team mit einer Erzieherin zu arbeiten. In Niedersachsen, wo er selbst | |
zehn Jahre eine Kita leitete, habe er damit gute Erfahrungen gemacht. „Da | |
hatten wir auch nicht solche Personalprobleme.“ | |
Carsten Schlepper vom Landesverband evangelischer Kindertagesstätten, der | |
längst mit den Sozialassistentinnen arbeitet, sieht das ähnlich. Viele | |
würden sich ohnehin zur Erzieherin weiterbilden. Das zeigen auch die | |
Erfahrungen der drei Fachschulen im Land Bremen. Nur 14 haben im | |
vergangenen Jahr direkt nach ihrer Ausbildung angefangen zu arbeiten, 46 | |
sind weiter zur Schule gegangen. | |
Schlepper hält es allerdings für einen Fehler, dass Bremen vor allem auf | |
die Fachschulen setzt, um den Fachkräftemangel zu beheben. „Wenn die | |
Sozialsenatorin vorrechnet, wie viele Hunderte Erzieherinnen in den | |
nächsten Jahren fertig werden, dann heißt das ja noch lange nicht, dass wir | |
die alle einstellen wollen“, sagt er. Viele hätten die Ausbildung gemacht, | |
ohne wirklich dafür geeignet zu sein. Zudem seien sie sehr jung, die | |
Eltern, mit denen sie es zu tun hätten, zum Teil doppelt so alt . | |
„Wir brauchen auch Ältere, die sich beruflich neu orientieren“, sagt | |
Schlepper. Doch Quereinsteigern – wenn sie nicht arbeitslos sind – wird es | |
schwer gemacht. Eine berufsbegleitende Ausbildung gibt es nur für Leute, | |
die bereits in dem Bereich arbeiten – und die musste das paritätische | |
Bildungswerk gerade verschieben, weil die Finanzierung noch nicht gesichert | |
ist. | |
Die andere brachliegende „Reserve“ sind aus Schleppers Sicht Migrantinnen, | |
deren pädagogische Abschlüsse hier nicht anerkannt werden. Für diese soll | |
es einmalig ab dem kommenden Schuljahr einen Vorbereitungskurs auf die | |
Externenprüfung zur Erzieherin an der Fachschule für Sozialwesen geben, | |
teilen Bildungs- und Sozialressort mit. | |
25 May 2014 | |
## AUTOREN | |
Eiken Bruhn | |
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