# taz.de -- Eröffnung Asylbewerberheim: Herzlich willkommen | |
> Beim Asylbewerberheim in Adlershof praktiziert eine engagierte | |
> Bürgerschaft eine schöne Willkommenskultur. | |
Bild: Flüchtlinge willkommen heißen - nicht nur in Adlershof, sondern auch hi… | |
„Wie viel verdient der Hotelchef denn an den Asylanten? Und warum hat er | |
uns nicht gefragt, bevor er die bei sich einquartiert?“ Die Stimmung war | |
aufgebracht in der Adlershofer Kirche, als das Bezirksamt die Anwohner über | |
das Asylheim informierte, das am Mittwoch im Ortsteil Adlershof im Bezirk | |
Treptow-Köpenick eröffnen wird. Gut 200 Asylsuchende ziehen in ein | |
unrentabel gewordenes Hotel. | |
Doch Adlershof hat auch eine engagierte Bürgerschaft. Das Bezirksamt hatte | |
örtliche Parteien, Kirchengemeinden, Sportvereine und Wohnungsunternehmen | |
zu einem runden Tisch geladen, um die Asylbewerber willkommen zu heißen. 36 | |
Bürger saßen drei Monate lang am runden Tisch. | |
Fahrräder waren eines der Themen, um die es ging. Asylbewerber brauchen | |
Fahrräder, weil Busse und Bahnen für sie zu teuer sind. Und in vielen | |
Adlershofer Kellern stehen ungenutzte, oft nicht mehr fahrtüchtige | |
Drahtesel herum, die irgendwann kostenpflichtig entsorgt werden. Warum die | |
also nicht einsammeln, wieder fahrtüchtig machen und dem Asylheim | |
übergeben? | |
Uta Sternal vom Internationalen Bund, der das Heim betreibt, ist | |
begeistert. Mit einem Einwand. Reparieren sollen die künftigen Bewohner die | |
Fahrräder selbst, unter fachkundiger Anleitung. „Denn Langeweile ist eines | |
der größten Probleme unter Asylbewerbern, die ja nicht arbeiten dürfen. Da | |
freuen sie sich über eine sinnvolle Beschäftigung.“ | |
Ein Frauenverein aus Adlershof will zudem einen Gesprächskreis mit Frauen | |
aus dem Heim machen, sagt Franziska Ulm vom runden Tisch. „Studenten bieten | |
Deutschpatenschaften und Hausaufgabenhilfe für Kinder an. Ein | |
Fußballtrainer will mit den Kindern kicken.“ Zum Einzug am Mittwoch gibt es | |
Kaffee und Kuchen von den Adlershofern. | |
## Rechte Einflüsterungen | |
Adlershof liegt im Süden des Bezirkes Treptow-Köpenick und grenzt direkt an | |
die Nazihochburg Schöneweide. Die soziale Struktur hier ist aber günstiger | |
als in Schöneweide, die Bürgerschaft lebendig. Dennoch scheint es, als | |
wolle die NPD, die aus Schöneweide mehr oder weniger verdrängt wird, ihren | |
Schwerpunkt hierher verlagern. | |
Als im Februar bekannt wurde, dass hier ein Asylheim eröffnet, fuhr | |
NPD-Landeschef Sebastian Schmidtke nach eigenen Angaben sofort an den Ort. | |
Später verteilte die rechtsradikale Partei Postwurfsendungen, führte | |
Kundgebungen durch. Als sie im April wegen protestierenden Bürgern nicht | |
durch Kreuzberg marschieren konnte, marschierte sie stattdessen durch | |
Adlershof. | |
Es tauchten auch viele anonyme Störungen auf, die in die rechte Ecke | |
weisen. Zettel an Bäumen etwa, die Eltern einredeten, dass für ihre Kinder | |
eine Gefahr von den neuen Nachbarn ausgehen würde. Und ein Sprecher des | |
runden Tisches erhielt einen Drohanruf. Ähnlich wie in Hellersdorf gibt es | |
auch für Adlershof eine anonyme Bürgerinitiative, die im Internet Stimmung | |
gegen das noch nicht bewohnte Heim macht. | |
„In letzter Zeit ist es aber ruhiger geworden“, gibt sich Franziska Ulm vom | |
runden Tisch optimistisch. Die engagierten Bürger haben vergangene Woche | |
eine öffentliche Sprechstunde im Ortsteil abgehalten. Damit sind sie ein | |
hohes Risiko eingegangen, denn Rechtsextremisten hätten die Sprechstunde | |
auch instrumentalisieren können. Doch das passierte nicht. „Es sind elf | |
Bürger gekommen. Die Hälfte wollte helfen. Die andere Hälfte hatte ganz | |
normale Fragen“, sagt Ulm. | |
## Kein Platz für Polemik | |
Adlershof ist ein zweigeteilter Ortsteil. Der Bahnhof trennt das Wohngebiet | |
vom Wissenschaftsstandort. Der größte Wissenschaftspark in Europa wirbt | |
weltweit mit dem Namen „Adlershof“. Darum ist den Wissenschaftlern auch | |
nicht egal, wenn Adlershof nicht nur für neue Innovationen, sondern auch | |
für rechte Umtriebe stehen sollte. | |
Peter Stunk von der Betreiberfirma Wista sagt: „Wissenschaft und | |
Technologie sind international stark vernetzt. Da sind die Anwesenheit, die | |
Polemik und Pöbeleien von rechts für uns geschäftsschädigend.“ Denn was | |
ist, wenn etwa ein südafrikanischer Wissenschaftler angepöbelt wird? Darum | |
will auch die Wista in Zukunft am runden Tisch mitarbeiten. Peter Stunk: | |
„Wir wollen das Asylheim unterstützen.“ Ob die Wissenschaftler und | |
Studenten das Gebäude mit WLAN ausstatten, den Asylbewerbern ihr Gelände | |
zeigen oder Computerkurse anbieten, steht allerdings noch nicht fest. | |
3 Jun 2014 | |
## AUTOREN | |
Marina Mai | |
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