# taz.de -- HidroAysén in Chile: Wasserkraftprojekt ist gescheitert | |
> Es polarisierte die chilenische Gesellschaft wie kein anderes | |
> Umweltthema. Die Pläne für das Wasserkraftprojekt HidroAysén sind nun vom | |
> Tisch. | |
Bild: Gewonnen! Gegner des Wasserkraftprojekts HidroAysén. | |
BUENOS AIRES taz | „Das Wasserkraftprojekt HidroAysén ist hiermit | |
zurückgewiesen.“ Chiles Umweltminister Pablo Badenier verkündete am | |
Dienstag Gutes. Zuvor hatten die sechs zuständigen Minister die bereits | |
ausgestellte Umweltverträglichkeitsbescheinigung für das geplante | |
Großprojekt im Süden des Landes einstimmig zurückgezogen. | |
Stattdessen gaben sie den 35 Beschwerden von Einzelpersonen und | |
Umweltorganisationen gegen das Vorhaben statt. Vor dem Sitzungsgebäude in | |
Chiles Hauptstadt Santiago lagen sich die ProjektgegnerInnen vor Freude | |
jubelnd und weinend in den Armen. | |
Kein Vorhaben hatte das Umweltbewusstsein der chilenischen Bevölkerung und | |
den Umgang mit den natürlichen Ressourcen und den Zugriff darauf in den | |
vergangenen vier Jahren so stark verändert und geprägt wie „HidroAysén“. | |
Im Mai 2011 kam es zur ersten großen Umweltdemonstration des Landes als | |
rund 100.000 Teilnehmer in der Hauptstadt Santiago das Ende der Planungen | |
für „HidroAysén“ sowie den Erhalt von Natur und Wasser einforderten. Das | |
Projekt „HidroAysén“ sah den Bau von insgesamt fünf Staudämmen und fünf | |
Wasserkraftwerken vor. | |
## Eine Region in Aufruhr | |
Durch die Aufstauung der Flüsse Baker und Pascua wären knapp 6.000 Hektar | |
Land überflutet worden. Mit einer 2.000 Kilometer langen | |
Hochspannungstrasse sollte der Strom aus dem Süden in die dicht besiedelte | |
Landesmitte geleitet werden. „HidroAysén“ sollte mit einer eine Leistung | |
von 2.750 Megawatt 20 Prozent des zukünftigen Strombedarfs des Landes | |
decken. | |
Bauen wollte das spanisch-chilenischen Konsortium Endesa-Colbún. Die Kosten | |
wurden zunächst auf 3,2 Milliarden US-Dollar veranschlagt. Ab 2019 sollte | |
der erste Strom geliefert werden, 2025 sollte das letzte der fünf | |
Kraftwerke ans Netz gehen. Die Umweltverträglichkeit des Projekts war dem | |
Konsortium in einer mehr als umstrittenen Entscheidung der Umweltkommission | |
der Provinzhauptstadt Coyhaique in Aysén im Mai 2011 bescheinigt worden. | |
Die Entscheidung versetzte wenig später die gesamte Region in Aufruhr und | |
mündete schließlich in einen zähen juristischen und politischen Streit. Die | |
chilenische Aysén-Region ist eines der wasserreichsten Gebiete im | |
südamerikanischen Patagonien. Chiles neoliberales Wasserrecht erlaubt | |
privaten Unternehmen den Besitz und die Nutzung von Wasser in Bächen und | |
Flüssen – auch ohne Eigentümer des Bodens zu sein, über den dieses Wasser | |
fließt. In Patagonien befinden sich die Nutzungsrechte für Wasser in den | |
Händen privater Großunternehmen. | |
Auch wenn das Betreiberkonsortiums jetzt 30 Tage Zeit hat, um beim | |
Umweltgericht in Valdivia Berufung gegen die Entscheidung einzulegen und in | |
letzter Instanz den Obersten Gerichtshof anrufen kann, ist das Projekt mit | |
der jetzigen Regierung politisch nicht zu machen. Präsidentin Michelle | |
Bachelet hatte bereits vor ihren Amtsantritt im März 2014 angemahnt, dass | |
das Projekt in der geplanten Weise nicht umsetzbar sei. | |
11 Jun 2014 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
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Wasserkraft | |
Chile | |
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