# taz.de -- Berliner Szenen: Lindenblütentee to go | |
> Mütter machen sich Sorgen, Menschen benutzen Kofferwörter und trinken | |
> Lindenblütentee zum Gehen. | |
Bild: Lindenblüten to go: Was würde Proust dazu sagen? | |
Jemand hat mit Kreide auf den Platz am Südstern geschrieben: „Davashree, | |
Mutter will wissen, wie es dir geht.“ Natürlich will sie das. Mütter wollen | |
immer wissen, wie es einem geht. Man muss lernen, damit umzugehen. | |
Aus dem Kiosk, an dem ich vorbeifahre, tritt ein Mann, er ruft noch in den | |
Laden rein: „Aber nichtsdestotrotz. Ick wünsch euch was.“ Das Wort | |
„nichtsdestotrotz“ bleibt mir in den Ohren hängen, ich nehme mir vor, zu | |
Hause nachzuschlagen, woher das Wort kommt. (Jetzt, wo ich wieder zu Hause | |
bin, kann ich Ihnen sagen, dass der Duden auch das Wort „nichtsdestominder“ | |
kennt, es steht vor „nichtsdestotrotz“ und hinter „Nichtschwimmerin“. | |
Wikipedia erklärt, „nichtsdestotrotz“ sei ein „scherzhaftes Kofferwort�… | |
der Studentensprache, das sich bis in die Schriftsprache verbreitete. | |
Bitte, gerne.) | |
Ich fahre durch die Zossener Straße, auf einem Schild steht, dass es dort | |
„Lindenblütentee to go“ gibt. Das halte ich für noch krasseren Shit als | |
„nichtsdestotrotz“ und Davashrees Mutter, und ich hoffe, dass sie zu dem | |
Lindenblütentee to go eine Madeleine reichen – wenn schon, denn schon. | |
Beim Sushiladen angekommen, bestelle ich für S. und mich, zum Mitnehmen. | |
Der Sushimann ist cool, er hat mir mal, als mir direkt vor seinem Laden ein | |
Reifen geplatzt ist, angeboten, das Fahrrad zu reparieren, und ein anderes | |
Mal, als ich den Regenhut von S. trug, hat er sich halbtot gelacht über den | |
Hut. | |
Ich warte auf unser Essen, der Sushimann stellt mir einen Tee hin. | |
Jasmintee to stay. Er diskutiert mit den anderen Sushileuten aus dem Laden, | |
ich verstehe nichts, aber zwischendurch fallen immer wieder deutsche | |
Wörter: „Autismus“, „Stickstoff“ und „zack, zack“. Im Hintergrund … | |
eine CD von den Gipsy Kings. Bei „Bamboleo“ kriege ich | |
Kindheitserinnerungen und beschließe, später meine Mutter anzurufen. | |
2 Jul 2014 | |
## AUTOREN | |
Margarete Stokowski | |
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