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# taz.de -- Verkehr: Voll abgefahren
> Grüne Vision: Ein Netz von Fahrradstraßen soll Berlin künftig
> durchziehen: Straßen, auf denen Fahrräder Vorrang vor Autos haben.
Bild: Bei jedem Wetter: Vorfahrt für Radler
So sieht wohl der Traum vieler Radfahrer aus: Man schlängelt sich nicht
mehr am Rand entlang, sondern fährt mitten auf der Straße. Autos bleiben
diskret im Hintergrund. Auf glattem Asphalt rollt man wie auf Schienen, und
alle Ampeln zeigen Grün.
In Berlin kann man das hier und da schon im Ansatz erleben: auf derzeit 17
„Fahrradstraßen“. Die Grünen im Abgeordnetenhaus schlagen nun vor, ein
ganzes Netz solcher Vorrangstraßen durch die Stadt zu spannen. In den
nächsten Tagen wollen sie eine Studie zur Machbarkeit vorstellen, der taz
liegt sie vor.
Sieben Routen aus Fahrradstraßen haben die Grünen mithilfe des
Verkehrsplaners Henning Bublitz zusammengepuzzelt: drei in
Ost-West-Richtung, drei von Nord nach Süd (siehe Kasten), eine entlang der
Ringbahn. Nach Angaben des verkehrspolitischen Fraktionssprechers Stefan
Gelbhaar, der das Projekt angestoßen hat, war die Grundlage eine Frage auf
seiner Abgeordnetenseite, auf die er in der ersten Jahreshälfte rund 300
Vorschläge erhalten habe: „Wir hatten erst die Befürchtung, es kämen
vielleicht gar keine Rückmeldungen.“ Die Ideen waren dann aber laut Papier
größtenteils sogar „sehr kompetent“.
Um zur Fahrradstraße zu werden, auf der Fahrräder Vorrang haben und die
gesamte Breite ausnutzen dürfen, muss eine Straße nach Ansicht der Grünen
eine Alternative zu einer Hauptverkehrsstraße darstellen, ausreichend breit
und möglichst gut asphaltiert sein. Magistralen mit hohem Verkehrsaufkommen
sollten Fahrradstraßen möglichst selten kreuzen. Aber auch Schwellen zur
Verkehrsberuhigung zählen als Minuspunkt.
Ist das gegeben, können die Straßen zugunsten der Radfahrer veredelt
werden: mit Durchfahrtsbeschränkungen für Autos, breiteren Warteflächen an
Kreuzungen, Vorfahrtsschildern und Ampelschaltungen, bei denen man mit
durchschnittlicher Pedalkraft auf einer grünen Welle reiten kann.
Anlieger-Pkws parken längs und zur Not schräg, aber nie quer: Das schafft
Platz und senkt das Unfallrisiko.
Was das kosten würde, haben auch die Grünen nicht ausgerechnet. Aber da
sich bauliche Veränderungen auf ein Minimum beschränken sollen, dürfte das
Finanzielle nicht das Problem sein. „Das Schöne ist ja, dass man beim
Radverkehr mit relativ wenig Geld viel erreichen kann“, sagt Gelbhaar. Von
fünf Euro pro Kopf und Jahr – in der Radverkehrsstrategie des Senats seit
langem proklamiert – ist Berlin ohnehin weit entfernt.
Sprechen wollen die Grünen über ihr Konzept vor allem mit den
Bezirksämtern, denn die sind für Nebenstraßen zuständig. Um ein Netz zu
knüpfen, wäre ein koordiniertes Vorgehen vonnöten – davon kann freilich
bislang keine Rede sein.
Auf eines legt Gelbhaar großen Wert: Wenn in Fahrradstraßen investiert
werde, dürfe „an anderer Stelle nichts wegfallen“ – etwa beim
Ausbauprogramm für Radstreifen auf Hauptverkehrsstraßen. Genau solche
Befürchtungen hegt man beim ADFC. Susanne Jäger von der Verkehrs-AG des
Fahrradclubs hat nichts gegen Fahrradstraßen – aber es dürfe nicht zum
Versuch kommen, den Radverkehr auf „seine eigenen Straßen“ abzuschieben:
„Das darf nicht sein.“
Jäger berichtet, bei einer Planungsrunde zum Radverkehr in der Schönhauser
Allee habe sie vom ADAC gehört, Radler könnten doch auf der Choriner Straße
fahren – das sei doch eine Fahrradstraße. Aber „Radfahrer sind
umwegeempfindlich, und am kürzesten ist es nun mal oft über die
Hauptverkehrsstraßen.“ Für den ADFC sind Fahrradstraßen also eher ein
Zusatzangebot.
Wenig interessiert zeigt sich die Senatsverkehrsverwaltung: Man setze auf
das bestehende Netz aus beschilderten Fahrradrouten und entwickle es
weiter, so Verkehrsplaner Horst Wohlfarth von Alm. Sollten die Bezirke in
Eigenregie tätig werden, sei das natürlich in Ordnung.
8 Jul 2014
## AUTOREN
Claudius Prößer
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