# taz.de -- Kultur für jeden: Ein Haus mit Geschichte | |
> Eine Initiative will ein Backsteinhaus, das von Künstler Erich Maetzel im | |
> Jahr 1926 erbaut wurde, für die Öffentlichkeit geöffnet werden. Nur etwas | |
> Geld fehlt noch. | |
Bild: Kleinod am Waldrand: das Künstlerhaus in Volksdorf | |
HAMBURG taz | Durch die dicht gewachsenen Buchen und Rhododendren kann man | |
einen Blick auf die dunkelroten Backsteine erhaschen, die die Ziegel des | |
geschichtsträchtigen Hauses am Rande von Volksdorf tragen. Der Garten drum | |
herum, man kann es nur ahnen, gleicht einem grünen Paradies. Vor fast 100 | |
Jahren, so ist es dokumentiert, hat hier die Hamburger Kunstszene auf | |
Einladung des Künstlers Erich Maetzel ausschweifende Partys gefeiert. Heute | |
ist es schwer zu sagen, ob man hier schon im Wald oder noch in der | |
zweitgrößten Stadt des Landes steht. | |
Eine Initiative will dafür sorgen, dass in Zukunft Jedermann das opulente | |
Grundstück betreten und das Künstlerhaus besichtigen kann. Schon vor zehn | |
Jahren gründete sich der Verein „Freundeskreis Künstlerhaus Maetzel“, der | |
so einiges mit dem Nachlass der Hamburger Künstlerfamilie vorhat. „Wir | |
wollen dieses Haus als öffentliche kulturelle Einrichtung erhalten“, sagt | |
die Vorsitzende Antje Grasshoff. Es solle „wieder sichtbar werden“. Derzeit | |
steht das Haus zum Verkauf. | |
## Inspirierender Treffpunkt | |
Erbaut wurde es 1926 vom Künstler Erich Maetzel, einer zentralen | |
Persönlichkeit des Hamburger Kulturlebens jener Zeit. Er war auch | |
Mitbegründer der Hamburgischen Sezession, einer Vereinigung mit dem Ziel, | |
das Klima für die bildenden Künste in Hamburg zu verbessern. Denn, so | |
klagten die Kulturschaffenden: In der Hansestadt fehlte es an | |
inspirierenden Treffpunkten. Als ein solcher fungierte dann das Haus am | |
Rande Volksdorfs. Heute gilt das Anwesen als Ort der Inspiration für die | |
Norddeutsche Moderne. | |
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten war das Anwesen auch ein | |
Rückzugsort für die Hamburger Künstler, die nicht mehr öffentlich wirken | |
durften. Sie sahen sich dem Vorwurf ausgesetzt, „entartete Kunst“ zu | |
schaffen. 1933 setzten sich die Volksdorfer Künstler gegen die | |
Gleichschaltung durch die Nazis zur Wehr. „Die Sezession hat als eine der | |
wenigen Organisationen gesagt: Das machen wir nicht!“, sagt die | |
Kunsthistorikerin Friederike Weimar, die auch im Freundeskreis aktiv ist. | |
Statt jüdische Mitglieder wie von den Nazis gefordert auszuschließen, löste | |
die Gruppe sich lieber auf. „Ganz deutlich“ hätten die Künstler so gegen | |
die Nazis Position bezogen, sagt Weimar: „Erich Maetzel war ein | |
Nonkonformist.“ | |
Die Kunsthistorikerin ist von dem Backsteinhaus begeistert. „Das ist das | |
letzte authentische Stück 20er Jahre dieser Art in Hamburg“, sagt sie. | |
„Normalerweise wäre so was heute umgebaut und nicht mehr wieder zu | |
erkennen.“ Doch nicht das Maetzel’sche Künstlerhaus, dort habe es nur | |
geringfügige Umbauarbeiten gegeben. „Die ganze Gartenanlage ist noch | |
erhalten“, sagt Weimar. Antje Grasshoff ergänzt, dass | |
Architekturinteressierte beim Anblick des Anwesens mitunter „fast in | |
Ohnmacht“ fallen würden. | |
## Leben ins Haus | |
Gelingt es der Initiative, das denkmalgeschützte Haus von einer | |
Erbengemeinschaft zu kaufen, soll hier wieder Leben einkehren. Der | |
Freundeskreis plant Kurse, Vortragsreihen und Ausstellungen im Gebäude. Die | |
von 1947 bis 2012 bestehende Keramikwerkstatt soll wieder eröffnet und so | |
der Arbeit der Künstlerin Monika Maetzel gedacht werden. Auch eine | |
Atelierwohnung ist im Gespräch, in der Besucher einem Künstler bei der | |
Arbeit zusehen könnten. „Wir möchten ein Erinnerungs und Würdigungszeichen | |
schaffen“, sagt Grassdorf. | |
Die Pläne des Freundeskreises gefallen sogar auch den örtlichen | |
Denkmalschützern. Als „sehr engagiert“ begrüßt die Hamburger Kulturbehö… | |
sein Vorhaben: „Die künftige Nutzung des Hauses als Künstlerhaus und | |
kulturellem Veranstaltungsort ist aus unserer Sicht wünschenswert“, sagt | |
Behördensprecherin Laura-Helen Rüge. Eine finanzielle Unterstützung des | |
Projektes plant die Stadt derzeit jedoch nicht. | |
Das Geld für Kauf und Sanierung des Gebäudes, geschätzte 2,5 Millionen | |
Euro, muss der Freundeskreis also selbst aufbringen. Eine ganze Menge | |
Spender haben die Ehrenamtlichen bereits beisammen. „Es stehen diverse | |
Leute in den Startlöchern“, sagt Kunsthistorikerin Weimar. Wenn es so | |
weiter geht, könnte das Haus schon im Herbst gekauft werden. Ganz reicht | |
das gesammelte Geld aber noch nicht, gibt Grasshoff zu bedenken: „Wir | |
suchen weiter nach Mäzenen.“ Bis sie die gefunden hat, sitzt der | |
Vorsitzenden die Angst im Nacken. Schließlich könnte jederzeit ein anderer | |
Käufer dem Freundeskreis zuvor kommen. „Es ist ein Wettlauf gegen die | |
Zeit“, sagt Grasshoff. | |
11 Aug 2014 | |
## AUTOREN | |
Benjamin Laufer | |
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