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# taz.de -- Segel-Bundesliga: Fast so sexy wie Fußball
> Auch wenn, wie jetzt in Kiel, mal Flaute ist: Das neue Wettkampf-Format
> hat, auch dank Orientierung am Massensport schlechthin, mächtig Fahrt
> aufgenommen.
Bild: Zeit zum Beine baumeln lassen: Die Crew des Flensburger Segel-Clubs
KIEL taz | Ein wenig skeptisch stehen sie da, die vier Jungs vom
Norddeutschen Regatta Verein (NRV) aus Hamburg. Keine zwei Meter vor ihren
Füßen schwappen Wellen sacht gegen die Kaimauer. Vielleicht halten sich
jetzt, zum Start des ersten Regatta-Tages der Deutschen Segel-Bundesliga
(DSBL) in Kiel, rund 100 Zuschauer an der Kiellinie auf. Viele haben
spontan Halt gemacht, um die Sonne zu genießen und dabei zu verfolgen, wie
auf der Kieler Förde in guter Sichtweite sechs Boote ihre Wendemanöver auf
dem Wasser vollziehen; im Hintergrund, am Ostufer, die riesigen blauen
Kräne der Werft.
„Es könnte gern mehr Wind da sein“, sagt Niklas von Meyerinck, der im
NRV-Boot im Vorschiff sitzt. Die anderen nicken. Das laue Lüftchen hier in
Kiel stört aber nur ein wenig. Das große Ganze, die Gründung einer
Segel-Bundesliga nach dem Vorbild der Fußball-Bundesliga, sei „ein Konzept,
das in sich total geil ist“, wie es der 27-jährige Schiffsbaustudent von
Meyerinck ausdrückt.
2013 wurde in Hamburg die Deutsche Segel-Bundesliga gegründet. Über eine
Saison hinweg sollte auf unterschiedlichen Revieren der beste Segelclub
ermittelt werden. Jeder der 18 Vereine stellte dafür ein Team. Es gibt eine
Tabelle, ein Logo, das jenem der Deutschen Fußball-Liga nachempfunden ist,
und eine Meisterschale.
Im vergangenen Jahr triumphierten die Hamburger vom NRV. Deutscher Meister
durften sie sich aber offiziell nicht nennen. Es gab Differenzen zwischen
dem Deutschen Segel-Verband (DSV) und den Bundesliga-Gründern. Nun, nach
dem erfolgreichen Testlauf, ist der DSV mit im Boot. Und so darf sich der
beste Segelclub in dieser Saison „Deutscher Meister“ nennen.
„Das Interesse an der Bundesliga war sofort grandios. In diesem Jahr
wollten 60 Klubs an der Qualifikation teilnehmen“, sagt von Meyerinck. Seit
diesem Jahr existiert auch eine 2. Bundesliga; es gibt Auf- und Abstieg –
alles wie beim Fußball. „Wir haben uns gefragt: Wie kann man das Segeln
cool und sexy machen? Da sind wir auf die Idee mit den Vereinen gekommen“,
sagt NRV-Trimmer Florian Weser, 2.Vorsitzender der Segel-Liga.
Für die vier Hamburger Segler geht es mit einem Schlauchboot hinaus auf die
Förde, zu ihrem ersten Rennen an diesem Tag. Am Ufer entspannt sich
DSBL-Geschäftsführer Oliver Schwall in der Sonne. Der frühere Weltmeister
im Tornado hat eine Vorliebe für Anglizismen. Er spricht vom „Peak“, nicht
vom Gipfel, von „convenient“, wenn er etwas angenehm findet oder von
„Community“, wenn es um die Gemeinschaft geht. Der 46-Jährige genießt es,
dass die Segel-Bundesliga, die er mit seiner Agentur Konzeptwerft aus der
Taufe gehoben hat, ein Erfolg geworden ist. „Wir haben es bewusst einfach
gehalten und Begriffe gewählt, die jeder aus dem Fußball kennt.
Liga-Tabelle, Blitztabelle, Relegation – das muss man nicht mehr erklären“,
sagt Schwall.
Nun soll eine Champions League kommen. Vom 16. bis 18. Oktober soll aus den
zwei jeweils besten Clubs aus 25 Ländern der europäische Champion gekürt
werden. Schwall: „Unsere Idee der Bundesliga ist groß, sie travelled durch
die Welt. Viele Länder haben sie aufgenommen.“
Zudem ist die Einführung einer Dritten Liga mit regionaler Ausrichtung
angedacht. Genügend interessierte Klubs gebe es in jedem Fall, sagt
Schwall. „Viele Städte und Gemeinden stehen hinter dem Format Bundesliga.
Da reibt man sich: Wer ist Erster der Tabelle, wer Zweiter, wer steht vor
dem Abstieg? Es ist genau das, was wir wollten.“
Den Aufstieg geschafft hat überraschend die Seglervereinigung Itzehoe, ein
nicht gerade auf Rosen gebetteter Klub. „In Itzehoe ist es etwas, dass wir
dabei sind. Da unterstützt uns der Bürgermeister sehr, genauso wie
Unternehmen aus der Region“, sagt Steuermann Christian Soyka. Zum Training
müssen die Itzehoer vom Westen Schleswig-Holsteins in den Osten, nach Laboe
bei Kiel. Jeden Tag. Das Ziel ist der Klassenerhalt.
In der Bundesliga angekommen sind endlich auch die Kieler. Die Chance,
Gründungsmitglied zu werden, hatte der Kieler Yacht-Club leichtfertig
vertan. Der Glaube an die Marke „Bundesliga“ war beim Club-Vorstand vor
einem Jahr nicht ausgeprägt gewesen. „Dann hat der Vorstand aber gesehen,
dass die Bundesliga total boomt“, sagt Ole von Studnitz, Teammanager des
Kieler Yacht Clubs. „Danach war es das Ziel. Über die Relegation haben wir
den Aufstieg geschafft.“ Auch die Kieler wären mit dem Nichtabstieg
zufrieden.
Heute können sie dafür auf ihrem Heimatrevier keine Punkte mehr gewinnen.
Vom ohnehin mäßigen Wind ist kaum etwas übrig geblieben. Die Boote dümpeln
träge auf der Förde, die Segel hängen schlaff herab. Aber dieses Bild ist
bar jeder Symbolik. Das Projekt Bundesliga hat gehörig Wind in den Segeln.
7 Sep 2014
## AUTOREN
Christian Görtzen
## TAGS
Fußball-Bundesliga
Schwerpunkt Sport trotz Corona
Segeln
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