# taz.de -- Überwachung: Selfies für Fussballstadien | |
> Die Straftaten in Bundesligastadien gehen zurück. Dennoch rüsten Vereine | |
> ihre Stadien mit Kameras auf, die zu Problemen mit dem Datenschutz | |
> führen. | |
Bild: Beweisfoto: Der HSV filmt seine Fans, auch wenn er nicht darüber spreche… | |
HAMBURG taz | Obwohl die Gewalt in den Fußballstadien weniger wird, rüsten | |
die Vereine ihre Sicherheitstechnik auf. Immer häufiger beschaffen sie | |
hochauflösende Kameras, die das ganze Spiel über eingeschaltet bleiben und | |
jeden Zuschauer identifizieren können. In Niedersachsen dürfen solche | |
Videos anlasslos gespeichert werden. Hannover und Braunschweig setzen die | |
Technik bereits ein. | |
Nach Angaben der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) gehen die | |
Straftaten in Bundesligastadien seit Jahren kontinuierlich zurück. Die Zahl | |
der Straftaten erscheint überschaubar: In der Saison 2012/ 13 besuchten | |
mehr als 18 Millionen Zuschauer die insgesamt 612 Spiele der ersten und | |
zweiten Bundesliga. Laut ZIS kam es dabei zu 1.698 Körperverletzungen, 750 | |
Verstöße gegen das Gesetz für explosionsgefährliche Stoffe und 571 | |
Sachbeschädigungen. Im Schnitt gab es also fast drei Körperverletzungen und | |
weniger als eine Sachbeschädigung pro Spiel zu beklagen. Demnach ist ein | |
Stadionbesuch sicherer als ein Besuch des Oktoberfestes. | |
## 300.000 Euro pro System | |
Dennoch verstärken viele Bundesligisten ihre Sicherheitsmaßnahmen mit | |
besonders hochauflösenden Kameras. Dafür greifen sie tief in die Tasche: | |
Rund 300.000 Euro kosten die Systeme für ein Stadion. Im Unterschied zu | |
normalen Überwachungskameras bestehen diese aus mehreren Objektiven, die | |
auf einzelne Bildausschnitte ausgerichtet sind. Damit können sie große | |
Bereiche scharf aufzeichnen und Menschen in einer Entfernung von bis zu 160 | |
Metern identifizieren. Die Kameras zeichnen ihr Bild in einem weiten Winkel | |
auf und verwenden eine extrem hohe Auflösung. | |
Im Gegensatz zu herkömmlichen Modellen bewegt sich die Kamera nicht bei der | |
Aufnahme, sondern zeichnet ihr Bild mit einer festen Einstellung auf und | |
speichert dieses digital. Bei Bedarf kann das Bild am Computer beliebig | |
gespult und gezoomt werden, wie beim Festplattenrekorder im Wohnzimmer. Das | |
bedeutet einen großen Vorteil für die Polizei. Bisher mussten Beamte die | |
Kameras zunächst auf das Geschehen ausrichten, doch dann war es oft bereits | |
zu spät. | |
Pyrotechnik brennen in der Regel Vermummte ab. Die modernen Kameras nehmen | |
durchgehend auf und erlauben es, die Entstehung von Situationen im | |
Nachhinein zu analysieren. So können kleinste Fehler bei der Verkleidung | |
auffallen und Leuten zugeordnet werden. Vereine und Polizei teilen sich die | |
Arbeit. Die Vereine stellen die Kamerasysteme, die Polizei bedient sie. | |
Die Arbeitsteilung ist nicht neu und war bisher auch kein Problem. Bei den | |
herkömmlichen Kameras wurde erst aufgenommen, sobald der Verdacht auf eine | |
Straftat bestand. Nun aber wird permanent aufgenommen. Das betreffende | |
Datenschutzgesetz ist Ländersache, was im Norden zu unterschiedlichen | |
Rahmenbedingungen führt. In Hamburg ist es der Polizei verboten | |
Überwachungsvideos anlasslos zu speichern, in Niedersachsen ist dies | |
hingegen erlaubt. Die Aufnahmen dürfen dort für eine Woche gespeichert und | |
ausgewertet werden. | |
## Kein Bedarf bei St. Pauli | |
Die Folge ist, dass für eine sehr überschaubare Anzahl an Straftätern die | |
Mehrheit der Stadionbesucher eindeutig identifizierbar unter einem | |
Generalverdacht gespeichert werden – nicht nur für einen kurzen Ausschnitt | |
des Stadionbesuches, sondern über die Zeit seines gesamten Aufenthaltes. | |
Aus diesem Grund ist die Technik unter Datenschützern und Juristen | |
umstritten. Auch auf Vereinsseite wird das Thema kontrovers diskutiert. | |
Der FC St. Pauli investiert lieber in den Stadionausbau und ist mit der | |
vorhandenen Technik zufrieden. Sven Brux, zuständig für die Sicherheit im | |
Millerntorstadion, verweist auf die Leistung der herkömmlichen Kameras. | |
Diese seien auch sehr leistungsfähig und „zeichnen alles auf, wenn sie | |
scharf gestellt sind“. Der HSV äußert sich aus „Datenschutzgründen“ ni… | |
zum Thema Kameraüberwachung. | |
2013/ 14 verhängte der Deutsche Fußball Bund mehr als 1.7 Millionen Euro | |
Strafen für das Zünden von Pyrotechnik, das Werfen von Gegenständen und das | |
Betreten des Spielfeldes. Hannover ist mit rund 110.000 Euro Spitzenreiter | |
dieser Aufstellung. Braunschweig musste 77.500 Euro zahlen, der HSV 60.000 | |
Euro. St. Pauli kam ohne Strafzahlungen aus. | |
12 Oct 2014 | |
## AUTOREN | |
Jan Stau | |
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Schwerpunkt Überwachung | |
Fangewalt | |
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