# taz.de -- Friedliches Finale einer Hausbesetzung: Ein Heim für Tiere | |
> Eine Hausbesetzung in der Neustadt wurde nach nur wenigen Stunden | |
> beendet. Nicht von der Polizei, sondern durch ein Fax des | |
> Hauseigentümers: Er will verhandeln. | |
Bild: Kurzzeitig besetzt: Ein seit Langem leer stehendes Haus in der Bremer Neu… | |
BREMEN taz | Am Dienstagmorgen haben autonome AktivistInnen ein Haus in der | |
Neustadt besetzt – für einige Stunden. Das Gebäude steht auf dem Gelände | |
einer Waschstraße an der Neuenlander Straße, wird dort aber seit Jahren | |
nicht genutzt. Unbemerkt von den MitarbeiterInnen des Unternehmens haben | |
sich die BesetzerInnen in das Haus geschlichen und sich dort | |
eingeschlossen. | |
Als Bremer Stadtmusikanten verkleidet posieren sie am Fenster und werfen | |
mit Süßigkeiten und Luftballons. Nur sprechen wollen sie nicht. Mit der | |
Polizei nicht und auch nicht mit dem Eigentümer. Das ist der | |
Geschäftsführer der bundesweiten Waschanlagenkette mit Sitz in Essen. | |
Für sowas haben sie ihre SprecherInnen draußen: Erika und Heinrich. Oder | |
Heinz. Er ist sich später nicht mehr ganz sicher. Das sei keine symbolische | |
Besetzung, sagt Erika: „Wir wollen das Haus.“ Für Veranstaltungen | |
vielleicht, oder einfach, um sich zu treffen. „Sozialer Raum“ jedenfalls, | |
denn davon gäbe es in der Stadt zu wenig, sagt sie. | |
Zwischennutzung mit Verträgen und städtischen Auflagen lehnen sie ab. Vor | |
allem wollen sie keine Miete zahlen. „Ganz oder gar nicht“, sagt Erika. | |
Kurz nachdem die Transparente an den Fenstern hängen, tauchen die | |
UnterstützerInnen auf: Ein kleiner Demozug mit Konfetti und Trommlern. | |
Gesungen wird auch: Musik von „Ton, Steine, Scherben“, versteht sich. | |
Inzwischen ist auch die Polizei mit zwei Streifenwagen vor Ort. Um zu | |
vermitteln. Zunächst mit dem Filialleiter, der hier das Hausrecht für das | |
Unternehmen ausübt. Was die Leute mit dem alten Haus vorhätten, will er | |
wissen. Erika und Heinz-Heinrich erklären es. | |
Ob Heinz selbst im Haus gewesen sei, fragt ein Polizist betont beiläufig. | |
Ob es da einsturzgefährdet sei. Heinz war nicht drin, sagt er: „Das wäre ja | |
Hausfriedensbruch.“ Die Sicherheit hätten die Leute drinnen aber bestimmt | |
im Blick. Die Räume machen tatsächlich einen intakten Eindruck. Die | |
BesetzerInnen sind aber sichtlich nicht die Ersten, die sich hier Zutritt | |
verschafft haben: Eingeschlagene Fenster wurden durch Spanplatten ersetzt. | |
Und während die SprecherInnen draußen versuchen, den Eigentümer ans Telefon | |
zu bekommen, verschwinden bereits die ersten Unterstützer. „Es wäre schön, | |
wenn’s klappt“, sagt einer noch. So richtig glauben kann er es aber nicht. | |
Er war auch schon bei der Besetzung im August dabei. „Notfalls machen wir | |
das so lange, bis es irgendwo klappt.“ | |
Endlich hat ein Aktivist den Eigentümer am Polizeihandy und verhandelt. Der | |
Polizei-Einsatzleiter ist sichtlich zufrieden. Er macht nicht den Eindruck, | |
als wolle er das Haus gerne räumen. Nach zähem Hin und Her haben die | |
BesetzerInnen dann sogar ein handschriftliches Fax: Der Eigentümer ist | |
bereit, seine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs zurückzuziehen – unter der | |
Voraussetzung, dass die BesetzerInnen jetzt gehen. Dann aber würde er sich | |
sogar mit der Gruppe treffen, um über das Haus zu verhandeln. In zwei | |
Wochen. | |
Die Bilanz: Keine Strafanzeige und ein Treffen, um über eine | |
Zwischennutzung zu verhandeln, zumindest bis das Gebäude abgerissen wird – | |
in ein oder zwei Jahren vielleicht –, um dann Platz für eine | |
Autostaubsauger-Halle zu machen. Um halb zwei öffnen sich die Türen und die | |
Stadtmusikanten ziehen im Schutz ihrer UnterstützerInnen ab. Manchen fehlt | |
das Wort „mietfrei“ auf dem Fax, aber die meisten sind zufrieden. | |
28 Oct 2014 | |
## AUTOREN | |
Jan-Paul Koopmann | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |