# taz.de -- Besetztes Schulgebäude in Berlin: Ihr lest das hier doch eh nicht | |
> Die Flüchtlinge werden geräumt? Das interessiert keinen mehr. Genau wie | |
> beim Syrien-Konflikt und bei Flug MH17: Menschliche Aufmerksamkeit ist | |
> offenbar begrenzt. | |
Bild: Das ehemalige Camp auf dem Oranienplatz (Archiv). | |
Das Interesse am Schicksal der Flüchtlinge in der besetzten | |
Gerhart-Hauptmann-Schule scheint nachzulassen. Bei der letzten Eskalation | |
des Konfliks im Sommer gab es ständig Demonstrationen mit hunderten bis | |
tausenden Teilnehmern, in den sozialen Netzwerken wie Twitter und Facebook | |
wurde das Thema zehntausendfach aufgegriffen und die Artikel auf taz.de, | |
die sich mit der besetzten Schule beschäftigten, wurden sehr häufig | |
gelesen, kommentiert und weiterempfohlen. | |
Jetzt eskaliert der Konflikt erneut: Ein Ultimatum an die Besetzer, das | |
Gebäude zu verlassen, ist am Freitag ausgelaufen. Objektiv ist die Lage an | |
der Schule wieder so zugespitzt wie im Sommer. Aber subjetiv scheint es | |
viel weniger Menschen zu interessieren – online wie offline. Zu dem | |
taz-Interivew, in dem Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) | |
[1][die polizeiliche Räumung ankündigt], gab es nur 13 Online-Kommentare | |
auf taz.de, gerade einmal 15 Tweets und [2][über die Facebook-Seite der | |
taz] wurde der Artikel lediglich 20-mal geteilt. Zu einem | |
Solidaritäts-Konzert vor der Schule kamen in der vergangenen Woche nicht | |
tausende, sondern nur rund 200 Menschen. | |
Am Samstag veröffentlichten die Flüchtlinge ihre jüngste Stellungnahme. Sie | |
führen darin sechs konkrete Punkte auf, in denen der Bezirk gelogen habe. | |
Und sie rufen auf: "Es ist die Zeit für Unterstützung. Wir brauchen eure | |
Unterstützung wirklich, wir brauchen eure Aufmerksamkeit." In den ersten 24 | |
Stunden haben sich gerade einmal 418 Menschen das Video angesehen. | |
Den Flüchtlingen in dem besetzen Schulgebäude geht es damit ähnlich wie den | |
Kurden in Kobani, dem Klimawandel und den vermissten Passagieren von Flug | |
MH17: Auch Artikel über diese Themen stoßen kaum noch auf Interesse. Die | |
menschliche Aufmerksamkeit erweist sich immer wieder als begrenzt. | |
Böse Zungen behaupten, dass manche Politiker diesen Umstand sogar gezielt | |
ausnutzen und unpopuläre Entscheidungen bei einem Thema nicht dann treffen, | |
wenn die Aufregung gerade am größten ist, sondern damit lieber noch etwas | |
warten. Doch man kann den Politikern hier trotzdem insgesamt nicht | |
vorwerfen, den Weg des geringsten öffentlichen Widerstandes gegangen zu | |
sein. Den hat München gewählt: Als dort im Sommer 2013 eine Gruppe von | |
Flüchtlingen auf dem Rindermarkt in den Hungerstreik trat, wurden sie | |
[3][von der Polizei geräumt] und zwangsernährt. Die Aufregung war einmal | |
groß, aber seitdem war Ruhe. Da hat Friedrichshain-Kreuzberg eindeutig den | |
schwierigeren Weg gewählt. | |
2 Nov 2014 | |
## LINKS | |
[1] /Fluechtlingsschule-in-Kreuzberg/!148652/ | |
[2] http://www.facebook.com/taz.kommune/posts/788314837894253 | |
[3] /1/archiv/ | |
## AUTOREN | |
Sebastian Heiser | |
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