# taz.de -- HSV schlägt Werder: Slapsticks entscheiden Nordderby | |
> Das Kellerduell entscheidet der HSV wegen Werders defensiven Ungeschicks | |
> mit 2:0 für sich. Das Offensivspiel beider Teams ist ausbaufähig. | |
Bild: HSV-Jubel: Rudnevs war der Ball zum 1:0 vor die Füße gefallen. | |
HAMBURG taz |Die befürchtete harte Gangart blieb zumindest in den ersten | |
45. Minuten des 101. Nordderbys zwischen dem HSV und Werder Bremen aus, | |
auch wenn einige Fouls der rustikaleren Art zu drei gelben Karten für | |
Dennis Diekmeier, Heiko Westermann sowie dem Bremer Santiago Garcia | |
führten. | |
Dass die Emotionen sich nicht hochschaukelten, wie es der 14-tägige Vorlauf | |
mit den Derby-typischen Muskelspiel erwarten ließ, lag allerdings weniger | |
an der Besonnenheit der Akteure, als an deren limitierten Möglichkeiten. | |
Trotz leichtem Aufwind nach den Trainerwechseln zu den Erstliga-Novizen Joe | |
Zinnbauer und Viktor Skripnik waren beiden Kellerkindern die Verunsicherung | |
und die Angst vorm Verlieren deutlich anzumerken. | |
Der HSV, bei dem Debütant Mohamed Gouaida den Vorzug vor Tolgay Arslan | |
erhielt, hatte bis zur Pause zwar wesentlich mehr vom Spiel – konnte aber | |
mit dem Raum, den die sich oft weit zurückziehenden Bremer ihm ließen, | |
selten etwas anfangen. Das Mittelfeldspiel bestand weitgehend aus | |
umständlichen Suchbewegungen von Valon Behrami, Rafael van der Vaart und | |
Lewis Holtby, die kaum zu Chancen führten. | |
Die Größte ergab sich folgerichtig nicht nach einem durchdachten Aufbau, | |
sondern nach einem leichtsinnigen Ballverlust des Bremers Felix Kroos, der | |
sich kurz vor der Strafraumgrenze auf ein riskantes Dribbling einließ. | |
Werder-Torwart Raphael Wolf wehrte den Schuss von Holtby mit starker | |
Fußabwehr ab. | |
## Umständliche Suchbewegungen | |
Auf der Gegenseite kamen auch die Bremer, bei denen Izet Hajrović den | |
verletzten Torjäger Franco di Santo ersetzte, kaum in hoffnungsvolle | |
Kontersituationen, weil sie in erster Linie auf die Absicherung nach hinten | |
bedacht waren. Nach einer halben Stunde wurden sie etwas mutiger, | |
hauptsächlich angetrieben von Kapitän Clemens Fritz, der in seiner neuen | |
Rolle im Mittelfeld aufblüht. Die größte Chance hatte Zlatko Junuzović, der | |
nach einer guten Kombination allerdings aus halblinker Position Torwart | |
Jaroslav Drobny in die Arme schoss. | |
Die aufkeimenden Offensivbemühungen zügelte Viktor Skripnik, als er zehn | |
Minuten nach Wiederanpfiff für den erneut enttäuschenden Hajrović den | |
defensiveren Cédric Makiadi einwechselte und Fin Bartels in die Spitze | |
neben Nils Petersen beorderte. Joe Zinnbauer wählte in der 67. Minute genau | |
die andere Variante, um dem vor sich hin siechenden Spiel neue Impulse zu | |
geben: Er brachte mit Artjoms Rudnevs für Mittelfeldspieler Holtby eine | |
zweite Sturmspitze. Eine Entscheidung, die zwanzig Minuten später diesem | |
trüben Nachmittag doch noch ein Happy End aus Hamburger Sicht bescheren | |
sollte. | |
Assani Lukimya, der den verletzen Abwehrchef Sebastian Prödl vertat, | |
verlängerte einen Hamburger Einwurf im Fünfmeterraum auf den Fuß von | |
Rudnevs, der nur einzuschieben brauchte. Das Stadion explodierte, die | |
Erleichterung war körperlich spürbar. In der hektischen Schlussphase | |
verloren die konsternierten Bremer auch noch Fritz, der nach einem | |
überharten Einsatz gegen Matthias Ostrzolek die gelb-rote Karte sah. | |
## Die Bremer verhelfen dem HSV zu zwei Toren | |
Symptomatisch für die schwache Partie war das Slapstick-Tor des | |
eingewechselten Arslan, der kurz vor Schluss gegen die aufgerückten Bremer | |
aus einem Meter Entfernung nur den Innenpfosten traf, von wo Wolf den Ball | |
ins eigene Tor lenkte. Damit gelangen den Hamburgern in diesem Spiel genau | |
halb so viel Tore wie bislang im ganzen Saisonverlauf. | |
Während der HSV durch den Sieg im Prestige-Duell wichtiges | |
Selbstbewusstsein für die nächsten Spiele tanken konnte, bedeutet die | |
Niederlage für Werder einen kräftigen Rückschlag. Angeblich mit breiter | |
Brust angereist, agierten sie viel zu ängstlich, um sich einen Punkt zu | |
verdienen. Dass sie trotz Angsthasenfußballs zwei Tore gegen den | |
schwächsten Angriff der Liga kassierten, wird die Diskussion um die Bremer | |
Abwehrschwäche neu befeuern. Trainer Skripnik wird vor allem den | |
Unglücksraben Lukimya wieder aufbauen müssen. | |
Was die gezeigten Offensivleistungen betrifft, bleibt für beide Teams in | |
den nächsten Wochen viel zu tun. Es ist wahrscheinlich, dass sich die | |
Scouts jetzt noch intensiver auf den europäischen Plätzen umgucken, um in | |
der Winterpause nachzurüsten. | |
23 Nov 2014 | |
## AUTOREN | |
Ralf Lorenzen | |
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