Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Affäre um Flüchtlingsheime: Czaja geht betteln für Flüchtlinge
> Die Flüchtlingsunterbringung in Berlin ist umstritten und teuer. Ob das
> Geld dafür immer sinnvoll und legal ausgegeben wird, damit befasst sich
> nun der Parlaments-Hauptausschuss.
Bild: Wohnraum für Flüchtlinge ist schwer zu finden.
Die Affäre um den Präsidenten des Berliner Landesamtes für Gesundheit und
Soziales (Lageso), Franz Allert, wird an diesem Mittwoch auch den
Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses beschäftigen. Sechs
Tagesordnungspunkte des Ausschusses, der sich mit Haushalt und Finanzen
befasst, drehen sich um Fragen der Flüchtlingsunterbringung, für die das
Lageso zuständig ist, sowie um die Arbeitsbelastung der Beschäftigten und
das „Verwaltungshandeln“ des Amtes.
Dessen Rechtmäßigkeit war in Zweifel gezogen worden, als Anfang November
bekannt geworden war, dass Allert Patenonkel des Geschäftsführers der Firma
Gierso ist, die Flüchtlingsheime betreibt. Außerdem liegen gegen Allert und
seinen vorgesetzten Senator Mario Czaja (CDU) Anzeigen vor, die ihnen dies,
aber auch mangelnde Kontrolle dieser und einer anderen privaten
Heimbetreiberfirma vorwerfen.
Im Hauptausschuss geht es – dessen Aufgabe entsprechend – vor allem um
Geld. Senator Czaja muss sich zusätzliche Mittel für die Unterbringung und
Versorgung von Flüchtlingen genehmigen lassen. Denn durch steigende
Flüchtlingszahlen waren die Kosten dafür bereits Ende August über die im
Haushalt vorgesehenen jährlich 43 Millionen auf 76 Millionen Euro
angestiegen – und sie werden weiter steigen: Bis zu 3.000 weitere Plätze
allein in Erstaufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge, wo diese bis zu ihrer
Verteilung auf die Bundesländer bleiben, will Czaja bis Jahresende
schaffen. Etwa 12.500 Menschen leben derzeit in Berlin in
Flüchtlingsheimen, 1.500 davon in Erstaufnahmestellen. Czaja rechnet allein
dort künftig mit einem Bedarf von 6.000 Plätzen.
## Kritik an Containern
Dennoch dürfte diese Aufstockung die leichteste von Czajas Aufgaben in der
Ausschusssitzung sein: Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen sind
Leistungen, zu denen das Land gesetzlich verpflichtet ist. Heftiger werden
die Debatten um Anträge der Oppositionsparteien verlaufen. Etwa um das
zukünftige Konzept der Flüchtlingsunterbringung. Hier kritisiert die
Opposition die geplante Unterbringung von Flüchtlingen in Containern, die
Senator Czaja für 43 Millionen Euro anschaffen will. Dies sei kurzfristig
gedacht und Geldverschwendung. Linke, Grüne und Piraten präferieren statt
dessen die vermehrte Unterbringung von Flüchtlingen in Wohnungen und die
Errichtung von Heimen in landeseigenen Immobilien. 2014 konnten bis Juni
erst knapp 600 Flüchtlinge in Wohnungen untergebracht werden. 17 Prozent
der Plätze in Flüchtlingsheimen sind aufgrund der schlechten Lage auf dem
Wohnungsmarkt von Personen belegt, die das Asylverfahren bereits
durchlaufen haben und noch keine eigene Bleibe finden konnten.
Die Opposition hat auch VertreterInnen des Personalrates des Lageso in den
Ausschuss geladen. Sie sollen über die Arbeitsbelastung der Beschäftigten
durch die steigenden Flüchtlingszahlen berichten. Zwar konnte Czaja in dem
Amt 2014 bereits 50 zusätzliche Stellen besetzen. Doch diese sind befristet
bis maximal Juni 2016. Über weitere 27,5 neue Stellen verhandelt der
Sozial- derzeit mit dem Finanzsenator. Ob diese reichen werden, soll die
Befragung im Ausschuss erweisen.
Ein heikler Punkt für Czaja und Allert verbirgt sich hinter dem
Tagesordnungspunkt „Beauftragung einer Dienstleistung“. Da der
Landesrechnungshof eine Überprüfung der Vorwürfe gegen Allert unter Hinweis
auf die staatsanwaltlichen Ermittlungen verweigert hat, will Czaja eine
externe Wirtschaftsprüfungsfirma mit dem Durchleuchten der Behördenarbeit
beauftragen.
Die Extraausgabe muss er sich vom Ausschuss genehmigen lassen – „ein
Unding“, das die grüne Abgeordnete Canan Bayram vor dem Hintergrund der
Allert-Affäre besonders aufregt: Das Lageso habe nachweislich „Geld
verschenkt“ an die umstrittenen Betreiberfirmen, „und Czaja muss jetzt um
Geld betteln, um diese Vorgänge aufzuklären“. Tatsächlich war kürzlich ein
Schreiben des Amtes an eine der umstrittenen Firmen bekannt geworden, in
dem das Lageso dieser „wegen unserer guten geschäftlichen Beziehungen“ eine
Rückzahlung von über 30.000 Euro erlässt: „Steuergelder!“, so Canan Bayr…
25 Nov 2014
## AUTOREN
Alke Wierth
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.