| # taz.de -- Vergewaltiger will wieder Fußball spielen: Ein hochtoxisches Gespe… | |
| > Ched Evans, verurteilter Vergewaltiger und ehemaliger Fußballprofi, sucht | |
| > einen neuen Verein. Aber keiner will ihn. Hat er ein Recht auf | |
| > Resozialisierung? | |
| Bild: März 2013: Ched Evans noch im Trikot von Sheffield United | |
| BERLIN taz | Beim Fußballclub Oldham Athletic sind sie spezialisiert auf | |
| die Wiedereingliederung von Straftätern. 2007 verpflichteten die | |
| Vereinsbosse Lee Hughes, der frisch aus dem Knast gekommen war. Hughes | |
| hatte betrunken einen Menschen überfahren und war dafür zu sechs Jahren | |
| Haft verurteilt worden. Vor Hughs Verpflichtung fragte man die Fans von | |
| Oldham, ob sie nichts dagegen hätten, dass dieser Typ bei ihnen künftig | |
| gegen den Ball tritt. Hatten sie nicht, und obendrein war der Kicker wegen | |
| seiner Vorgeschichte denkbar günstig zu haben, für nur 1.800 Pfund pro | |
| Woche, was im englischen Profifußball ein Witz ist. | |
| Jetzt sind sie in Oldham, das nordwestlich von Manchester liegt, auf einen | |
| noch günstigeren Deal aus. Für eine ehemalige Spitzenkraft von Sheffield | |
| United will der Drittligist nur 400 Pfund die Woche hinlegen. Das ist nur | |
| eine symbolische Zahlung, aber ob sie jemals an Ched Evans gehen wird, ist | |
| unklar. Denn Evans hat eine Frau vergewaltigt, jedenfalls waren die Richter | |
| dieser Meinung. Sie schickten ihn für fünf Jahre hinter Gitter, nach | |
| zweieinhalb Jahren kam er frei. Seitdem geistert Evans als ein Gespenst | |
| durch den englischen Fußball. Als hochtoxischer Ballast. | |
| Man möchte meinen, er hätte seine Strafe abgesessen und hätte auch das | |
| Recht auf Wiedereingliederung in die Gesellschaft sowie eine Rückkehr in | |
| seinen alten Beruf. Aber das Etikett „Vergewaltiger“ klebt wie ein Stigma | |
| auf ihm. Evans wird auch nicht verziehen, dass er sich nicht zu seiner Tat | |
| bekennt und so ziemlich alles tut, um sich als Justizopfer darzustellen. | |
| „Ich möchte meinen Namen reinwaschen“, sagt er und schaut dabei wie ein | |
| Unschuldslamm in die Kamera, assistiert von seiner Freundin, die trotz | |
| seiner Verurteilung bei ihm geblieben ist. | |
| Ein tiefer Graben verläuft zwischen den Evans-Unterstützern und seinen | |
| Anklägern. Letztere sind es freilich, die die öffentliche Debatte zuletzt | |
| bestimmt haben. Sobald sich ein Klub für den 27-Jährigen interessiert, | |
| treten sie auf den Plan und entfachen einen Sturm der Entrüstung, der sich | |
| unter anderem im Internet entlädt. Als Evans bei seinem alten Klub, | |
| Sheffield United, mittrainieren wollte, stellte eine unter dem Pseudonym | |
| Jean Hatchet agierende „radikale Feministin“ (Hatchet über Hatchet) eine | |
| Unterschriftenliste ins Netz – fast 170.000 Leute unterschrieben. | |
| ## Ein Fußballer muss auch Vorbild sein | |
| Sheffield ließ Evans fallen wie eine heiße Kartoffel. Sponsoren drohten mit | |
| dem Rückzug, Vereinspaten damit, den Klub nicht mehr zu unterstützen. | |
| Tenor: Ein Fußballer sei kein normaler Arbeitnehmer, er müsse auch Vorbild | |
| sein; Evans sei durch sein Auftreten und seine Uneinsichtigkeit nicht | |
| geeignet, sein Geld als Profifußballer zu verdienen. Doch Evans wollte so | |
| schnell nicht aufgeben. Wieder Fußball zu spielen, das sei sein Traum, | |
| offenbarte er – und suchte weiter. | |
| Im Dezember klopfte er bei Hartlepool United an, einem Viertligisten. | |
| Vereinsmanager Ronnie Moore sagte, er werde den Burschen verpflichten, doch | |
| die Rechnung hatte er ohne Hartlepools Parlamentsmitglied Iain Wright | |
| gemacht, der Evans einen „Paria“ nannte. Es wurde also wieder nichts. | |
| Kurze Zeit später hieß es, der vorbestrafte Waliser könne beim FC | |
| Hibernians auf Malta unterkommen. Das untersagte aber das britische | |
| Justizministerium höchstselbst. Für Evans komme eine Beschäftigung im | |
| Ausland nicht in Frage, hieß es. Maltas Premierminister, Joseph Muscat, | |
| warnte Hibernians, eine Verpflichtung des Spielers könne die Reputation des | |
| Landes beschädigen. | |
| ## Öffentlich am Pranger | |
| So ist Ched Evans nun also bei Oldham Athletic im Gespräch – noch. Denn es | |
| gibt schon wieder eine Onlinepetition von Jean Hatchet, die fast 63.000 | |
| Leute unterschieben haben. Es verlangte eine große Portion Mut vom Verein, | |
| den Verstoßenen aufzunehmen. | |
| Die Sache hat sich ohnehin verselbständigt. Evans steht am öffentlichen | |
| Pranger und kommt nicht weg von diesem Ort der Schande. Selbst das | |
| Boulevardblatt [1][Daily Mail bekommt Mitleid] mit Evans: „Wir sollten uns | |
| alle dem Mob entgegenstellen“, fordern sie ihre Leser auf. Dabei wissen sie | |
| doch am besten, wie man den Mob mobilisiert. Und Ched Evans weiß es | |
| mittlerweile auch. | |
| Er wird wohl weiter tingeln müssen. Wenn er seine Dienste kostenlos in der | |
| fünften oder sechsten Liga anbietet, dann könnte es vielleicht etwas werden | |
| mit einem Job. Man verlangt offensichtlich von ihm, sich selbst zu | |
| demütigen. | |
| 8 Jan 2015 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.dailymail.co.uk/debate/article-2898151/The-football-rapist-vile-… | |
| ## AUTOREN | |
| Markus Völker | |
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