# taz.de -- Animationsstudio etabliert sich: Bremer Piefkes animieren Österrei… | |
> Vor zwölf Jahren gründeten fünf Absolventen der Bremer Hochschule für | |
> Künste „The Soulcage Department“. Den Durchbruch verschaffte dem Studio | |
> für Computeranimation ein großer Werbeauftrag. | |
Bild: Verschärfter Blick auf die Wirklichkeit: deutsche Fußballfans animiert … | |
BREMEN taz | Jedes Kind kennt in Österreich die Bilder einer Gruppe von | |
Bremer Computeranimatoren. Denn eine der größten und längsten | |
Werbekampagnen des Landes wird von ihnen gebastelt. Seit mehr als zehn | |
Jahren machen sie die Fernsehspots der Mediamarkt-Kette Saturn-Hansa, die | |
dort völlig anders als in Deutschland konzipiert wurden und mit lustigen | |
Trickfiguren sowie einem oft sehr derben Humor erfolgreich waren. Da | |
zerstört ein Actionheld im Catcherkostüm dann schon mal alte Elektrogeräte | |
mit einem feurigen Furz und Sissi wird von ihrem Franzl mit Digitalkameras | |
und riesigen Kopfhörern verwöhnt. | |
Die Marke wird dort ähnlich effektiv mit diesen Spots identifiziert wie | |
hierzulande seit einiger Zeit mit dem von Antoine Monot Jr. verkörperten | |
Tech-Nick, und so kann sich die vergleichsweise kleine norddeutsche Firma | |
darauf verlassen, dass jährlich vier bis fünf Spots von ihnen produziert | |
werden. Vor allem diesem großen, nachhaltigen Auftrag ist es zu verdanken, | |
dass es schon seit zwölf Jahren „The Soulcage Department“ mit den gleichen | |
fünf Gründungsmitgliedern gibt. | |
Sie alle waren Studenten an der Bremer Hochschule für Künste, wo damals | |
allerdings noch keiner der Professoren sich mit Computeranimation | |
auskannte. Aus einer Studiengruppe für Cartoons heraus entwickelten sie | |
sich von Comicfans zu Hightech-Trickfilmern, die bei ihren | |
Abschlussarbeiten ihren Dozenten erklären mussten, was sie da überhaupt | |
gemacht hatten. | |
Die Diplomdesigner Michael Meyer, Joachim Bub, Elmar Keweloh, Wilhelm Landt | |
und Martin Ernsting (Sohn des bekannten Cartoonisten Volker Ernsting) | |
gründeten dann ihre Firma, was auch dadurch möglich wurde, dass 2002 die | |
Hard- und Software für Computeranimationen so kompakt und billig geworden | |
war, dass sie selbst für eine Handvoll armer Studenten erschwinglich wurde. | |
Damit gelangen ihnen dann Animationen, deren Niveau sich dem annäherte, was | |
John Lasseter damals mit seinem Pixar-Studio in Hollywood machte. | |
Zuerst noch ohne Auftraggeber entwarfen und produzierten sie den | |
fünfminütigen Trickfilm „Stadt in Angst“, in dem ein Psychiater, der wie | |
ein Woody Allen mit Bauchansatz aussieht und dann auch Alan Wood heißt, | |
eine völlig absurde Geschichte erzählt. Sein Text war gänzlich aus | |
Originaltönen der damals sehr beliebten Fernsehgerichtsserie „Streit um | |
Drei“ montiert, und diese schöne Grundidee war so komisch, dass der Film | |
mit vielen Preisen ausgezeichnet wurde und für die Animamundi in Brasilien | |
ausgewählt wurde. | |
Ursprünglich war geplant, eine Spielfilmversion der Geschichte zu | |
produzieren, und es gab dafür auch Fördergelder, aber dieses ehrgeizige | |
Projekt scheiterte vor allem daran, dass ein gutes Drehbuch fehlte. Denn | |
Animatoren sind nicht unbedingt auch gute Geschichtenerzähler, und dieses | |
Manko erkannten die fünf Bremer zum Glück sehr bald. | |
So konzentrierten sie sich immer mehr auf die zuerst als Brotjobs gedachten | |
Messepräsentationen, Imagekampagnen und Werbeclips, und an diesem | |
Wendepunkt kam dann der erste Auftrag aus Österreich, der für sie alles | |
veränderte. Durch diese kontinuierliche Arbeit für einen Abnehmer konnte | |
sich die Firma solide entwickeln. | |
Inzwischen arbeitet Volker Jessl als einziger Angestellter am Modelling der | |
Figuren mit, aber davon abgesehen hat sich bei „The Soulcage Department“ | |
seit 2003 kaum etwas verändert. Kompakter kann solch ein Unternehmen kaum | |
geführt werden. Es gibt keine Arbeitsstellen für Verwaltung, Buchführung | |
oder Management und stattdessen sitzen nur sechs inzwischen nicht mehr ganz | |
junge Männer in ihrem großen Büro an ihren Computern und arbeiten direkt an | |
ihren Projekten. | |
Mehr als 50 Werbeclips haben sie inzwischen für ihren Großauftraggeber | |
produziert und dabei über die Jahre schon mehrere „Kreativteams“ in | |
Österreich überlebt, von denen die Grundideen kommen. So etwa jene vom | |
„Weihnachtshasen“, der „die Technik von Ostern schon zu Weihnachten bring… | |
oder die von den drei Hühnern, die sich mit den Originalstimmen von älteren | |
Österreicherinnen über die neue Technik unterhalten und dabei rätseln, ob | |
ein iPod so etwas wie ein Eierbecher sei. | |
Die bildnerische Gestaltung der Clips ist so aufwendig, dass meist alle | |
sechs Mann etwa acht Wochen an den 20 Sekunden langen Filmen arbeiten. Dazu | |
werden als Erstes die Entwürfe ganz altmodisch gezeichnet, dann beginnt das | |
3-D-Modelling der Figuren am Computer. Als Nächstes wird ihnen ein Skelett | |
eingebaut, sodass sie beweglich werden. | |
Einer führt Regie und legt die Szenefolge fest, ein anderer bedient am | |
Computer eine virtuelle Kamera, mit der er die Perspektive und das Licht | |
der Einstellungen bestimmt. Außerdem müssen noch Sets und Hintergründe | |
entworfen und kreiert werden und neben der primären Animation gibt es noch | |
eine Sekundär-Animation, in der etwa Haare, der Fall von Stoffen oder die | |
Wellen des Wassers bewegt werden. | |
Inzwischen haben sie sich in Österreich einen Namen gemacht, sodass es von | |
dort auch Folgeaufträge gibt wie jenen, einen Wirbelwind von Geldscheinen | |
in Realszenen mit einem dort bekannten TV-Star einzubauen. In Deutschland | |
haben sie einen Teil der Animation des Kinofilms „Niko, das kleine Rentier“ | |
ausgeführt, aber hier ist die Konkurrenz groß und es wird auch nicht so gut | |
gezahlt wie bei den Werbekunden. Auch kleine Arbeiten für die NDR | |
Satiresendung Extra 3 mit einer Putin-Action-Puppe im Set mit einer lahmen | |
Obama-Ente sind besser fürs Renommee als für die Bilanz. | |
Und da Radio Bremen noch weniger Geld hat, bleibt die Animation für eine | |
Dokumentation, über den Bunker Valentin in Bremen Nord, bei der gezeigt | |
wird, wie die dort geplante Fließbandproduktion von U-Booten hätte ablaufen | |
sollen, wohl eine Ausnahme. „Soulcage Department“ ist ein kleiner digitaler | |
Handwerksbetrieb, der sich in einer Branche, die sich ständig neu erfindet, | |
erstaunlich hartnäckig behauptet. | |
8 Jan 2015 | |
## AUTOREN | |
Wilfried Hippen | |
## TAGS | |
Bundeswehreinsatz | |
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