# taz.de -- Verein will Hamburg dezentralisieren: Das große Puzzle | |
> Mehr Demokratie startet Unterschriftensammlung zur Aufteilung Hamburgs in | |
> 23 Städte. „Dezentralisierung statt Herrschaftswahn“ lautet das Ziel. | |
Bild: Könnte nach einem Volksentscheid eine selbstständige Stadt sein: der Ha… | |
Es ist der der Anfang vom Ende Hamburgs – zumindest, wenn es nach dem | |
Verein „Mehr Demokratie“ geht. Am kommenden Montag will dieser nach | |
Informationen der taz beschließen, eine Volksinitiative zur Aufteilung | |
Hamburgs in 23 eigenständige Kommunen zu starten. „Wir wollen den | |
Bürgerschaftswahlkampf zum Sammeln von Unterschriften nutzen“, sagt Manfred | |
Brandt vom Vorstand von „Mehr Demokratie“. 10.000 gültige Unterschriften | |
werden benötigt, bei einem Volksbegehren als zweitem Schritt wahrscheinlich | |
im Herbst dieses Jahres wären etwa 67.000 Unterstützer erforderlich. Sollte | |
auch das gelingen, soll ein Volksentscheid am Tag der Bundestagswahl | |
voraussichtlich im September 2017 über Hamburgs Schicksal entscheiden. | |
Wie das aussehen soll, skizziert das noch vereinsinterne Papier „Starkes | |
Hamburg durch starke Bezirke“ vom 5. Januar, das der taz vorliegt. Am 19. | |
Januar soll es vom Trägerkreis von „Mehr Demokratie“, dem Plenum der | |
Mitglieds-Initiativen, offiziell beschlossen werden soll. Auf 24 Seiten | |
wird dort eine Änderung der Hamburger Verfassung entwickelt mit dem Ziel, | |
den Stadtstaat als Einheitsgemeinde aufzulösen und in 23 selbständige | |
Städte im Land Hamburg aufzuteilen. | |
„Kommunale Aufgaben lassen sich auf Augenhöhe besser regeln“, begründet | |
Manfred Brandt sein Hamburg-Puzzle. „Eine effiziente, bürgernahe und | |
transparente Verwaltung bedingt kleine und überschaubare Einheiten.“ Die | |
Gefahr einer Zersplitterung oder gegenseitigen Blockade der Kommunen – etwa | |
beim Bau von grenzüberschreitenden Radwegen oder der Aufnahme von | |
Flüchtlingen – sieht er nicht. | |
Die künftigen Kommunen sollen eigene Steuern erhalten und ein eigenes | |
Haushaltsrecht, eigene Parlamente und vom Volk direkt gewählte | |
Bürgermeister. Der Hamburger Senat und die Bürgerschaft würden wie in | |
Flächenländern auf die übergeordneten staatlichen Aufgaben – etwa im | |
Bildungswesen und der Inneren Sicherheit – beschränkt werden. | |
Dass diese Aufteilung Hamburgs samt zwei Dutzend Bürgermeistern, | |
Stadtparlamenten und Fachbehörden erst die doppelten und dreifachen | |
Verwaltungsstrukturen erfordern könnte, die eigentlich abgeschafft werden | |
sollen, sieht Brandt auch nicht. Im Gegenteil gebe es in der jetzigen | |
Struktur „oftmals unklare Zuständigkeiten und Doppelbefassungen“ zwischen | |
den Hamburger Fachbehörden und den Bezirksämtern. Das sei überflüssiger | |
Zeitaufwand und sorge zu oft für „praxisferne Entscheidungen“. | |
Hamburg und Berlin sind die einzigen deutschen Einheitsgemeinden, in denen | |
staatliche und kommunale Aufgaben nicht getrennt werden. Das kleinste | |
Bundesland Bremen hingegen besteht aus den zwei Städten Bremen und | |
Bremerhaven, die weitreichende eigene Rechte haben. Diese Struktur will | |
„Mehr Demokratie“ in Hamburg aber sehr viel kleinteiliger auslegen. Eine | |
Eigenständigkeit etwa der jetzigen sieben Bezirke, die allesamt Großstädte | |
wären, geht dem Verein nicht weit genug: Die größte wäre Wandsbek mit | |
409.000 Einwohnern, Bergedorf als kleinste wäre mit 123.000 immer noch | |
größer als Göttingen oder Bremerhaven. | |
Nach den Vorstellungen von „Mehr Demokratie“ sollen aber auch die | |
Bezirksgrenzen, die sich in Altona, Harburg oder Wandsbek an den ehemals | |
selbständigen Städten orientieren (siehe Kasten), aufgebrochen werden. So | |
solle Wandsbek in vier Kommunen aufgesplittert werden, Altona mit seinen | |
gut 250.000 Einwohnern in zwei. Die kleinste Stadt würde mit etwa 11.600 | |
Einwohnern Finkenwerder werden – und vermutlich die wohlhabendste. Sollte | |
die dortige Deutschland-Zentrale des Flugzeugbauers Airbus seine | |
Gewerbesteuern – eine kommunale Abgabe – nicht mehr an Hamburg zahlen, | |
sondern an Finkenwerder, würde der bisherige Stadtteil an der Süderelbe im | |
Geld schwimmen. | |
Dann müsste über einen kommunalen Finanzausgleich zwischen reichen und | |
armen Hamburger Städten verhandelt werden. Brandt ficht das nicht an. „Die | |
Stärkung der Bezirke durch Übertragung echter kommunaler Kompetenzen ist | |
notwendig“, sagt er. Und er erhält Unterstützung vom ehemaligen grünen | |
Fraktionschef in Schleswig-Holstein, Karl-Martin Hentschel. Der erläutert | |
am heutigen Dienstagabend dem Verein seine Vorstellungen von | |
„Dezentralisierung statt Herrschaftswahn“. | |
12 Jan 2015 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
## TAGS | |
Volksentscheid | |
Orkan „Xaver“ | |
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