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# taz.de -- Gentrifizierung mit allen Mitteln: Erst Schwamm, nun Motte
> Mit eigenwilligen Interpretationen versucht das Bezirksamt Nord die
> umstrittene Neubebauung am Eppendorfer Marktplatz durchzusetzen.
Bild: Von ungewisser Gesundheit wirkt das Grün, das nach den Vorstellungen der…
HAMBURG taz | Sind die Kastanien am Eppendorfer Marktplatz noch zu retten?
„Getäuscht“ fühlt sich die Initiative „Wir sind Eppendorf“ von Harald
Rösler (SPD), Chef des Bezirlsamts Hamburg-Nord: Der hatte den mächtigen
Bäumen aufgrund ihres „Allgemeinzustandes“ nur „bedingte
Erhaltenswürdigkeit“ bescheinigt und sie zur Fällung freigegeben, um ein
Neubauvorhaben im Bereich der Eppendorfer Landstraße 97–101 zu
beschleunigen.
Doch das Baumgutachten aus dem Jahr 2009, das Rösler für seinen
Fällbeschluss ins Feld führt ist so eindeutig nicht. Ein wenige Wochen
altes Gegengutachten der Initiative zumindest belegt, dass die Kastanien
gesund sind. Auch eine kritische Würdigung durch den Naturschutzbund (Nabu)
kommt zu dem Schluss, dass Rösler das Alt-Gutachten mehr als einseitig
interpretiert habe, um die Fällung der Bäume durchzusetzen.
Sie seien zwar – wie inzwischen die Mehrheit der in Hamburg wachsenden
Kastanien – von der Miniermotte befallen, doch das sei kein Fällungsgrund.
Auch habe der Gutachter bemerkt, dass das versiegelte und verbaute Umfeld
der Kastanien, „sich schwächend auf die Bäume auswirkt“. Mehr Wurzelraum
und weniger Versiegelung aber würde den Kastanien eine Lebenserwartung von
noch zwanzig bis vierzig Jahren bescheren. „Trotz dieser guten Prognose für
die Bäume nimmt das Bezirksamt für ein Bauvorhaben leichtfertig ihre
Fällung in Kauf“, kritisiert Gabriele König von der Nabu-Baumschutzgruppe.
Die Positiv-Prognose kommt Rösler zufolge aber zu spät: Das Amt habe die
Fällung der Bäume mit einem rechtsverbindlichen Bauvorbescheid für die
Neubebauung des Eppendorfer Marktplatzes bereits im Dezember angeordnet.
Das sei nun – Baumgesundheit hin, Wurzelraum her – nicht mehr korrigierbar.
„Aufgrund des rechtsverbindlichen Vorbescheids (…) kann daher das aktuelle
Baumgutachten mit den im Jahr 2014 vitaleren Bäumen keine Berücksichtigung
finden“, schrieb Rösler der Initiative.
Die wirft dem Bezirkschef vor, nicht zum ersten Mal zu tricksen. Rösler
hatte einst in einem Fernsehinterview öffentlichkeitswirksam behauptet, die
von ihm dem Abriss geweihten Altbauten an der Eppendorfer Landstraße hätten
„Schwammbefall“ und seien damit kaum sanierbar. Schwamm allerdings ließ
sich in den Häusern auch auf Nachprüfung nicht entdecken, und
Bezirksamtsleiter Rösler musste kleinlaut zurückrudern.
„Wir sind Eppendorf“ fordert ihn nun auf, „alles nur Mögliche zu
unternehmen, um den Erhalt der Kastanien zu gewährleisten“. Doch Rösler
will nur kleine Ersatzkastanien pflanzen lassen, die dann, so die
Initiative, aufgrund der geplanten Tiefgarage einen noch eingeengteren
Wurzelraum hätten. „Wir sind Eppendorf“ hat hingegen als Kompromiss einen
abgespeckten Neubauplan für das Eckgrundstück Eppendorfer
Landstraße/Martinistraße vorgelegt, mit dem sowohl die drei Kastanien wie
auch das historische „Alte Brauhaus“ – in dem heute das italienische
Restaurant „Tre Castagne“ residiert – erhalten werden könnten.
19 Jan 2015
## AUTOREN
Marco Carini
## TAGS
Gentrifizierung
Hamburg Schanzenviertel
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