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# taz.de -- Das Leid der Aktivisten: Kampf mit Thermoskannen
> Die Berliner demonstrieren viel - trotzdem bleibt das Organisieren von
> Protestmärschen wie gegen Bärgida Einzelnen überlassen. Das sorgt für
> Probleme.
Bild: Man muss ja raus: Protest gegen Bärgida am 19. Januar.
„Völlig überlastet“ sei er, sagt Dirk Stegemann. Der linke Aktivist, in
Berlin schon seit vielen Jahren als hartnäckiger Demo-Anmelder bekannt, hat
sich in den letzten drei Wochen um die Organisation der
Anti-Bärgida-Proteste gekümmert – und zwar fast alleine, wie er sagt. „We…
es schnell gehen musste, haben ich und ein paar andere erst mal alles
gemacht, aber jetzt sind unsere Grenzen wirklich überschritten“, sagt
Stegemann. Die Demonstration anmelden und bewerben, für die Redebeiträge
und das Musikprogramm sorgen und die Koordination auf der Veranstaltung
selbst übernehmen: Eigentlich zu viele Aufgaben für nur eine Handvoll
Leute.
Am letzten Montag war diese Unterbesetzung auch auf der
Anti-Bärgida-Veranstaltung selbst spürbar: „Wir gehen alle auf dem
Zahnfleisch“, entschuldigten sich die OrganisatorInnen für die Verspätung
des Lautsprecherwagens, durch die die Demonstration erst eine Stunde später
losziehen konnte als geplant. „Es war sehr chaotisch, und viele sind früher
gegangen, weil nichts passierte“, schreibt ein Gegendemonstrant auf
Facebook. Ein anderer kritisiert, es habe zu wenig Informationen gegeben.
Die Teilnehmerzahlen in Berlin spiegeln den kleinen Organisatorenkreis
wider: In München gingen am letzten Montag 12.000 Menschen gegen den
örtlichen Pegida-Ableger auf die Straße, in Magdeburg 6.000, in
Braunschweig 5.000 – am Alexanderplatz hatten sich knapp 1.000
Demonstranten zum Gegenprotest eingefunden. Das mag in der
demonstrationsaffinen Hauptstadt zunächst verwundern, ist aber bei einem
genaueren Blick auf die Gegenproteste zu erklären: Während der Protest in
anderen Städten von großen Bündnissen getragen wird, die diesen breit
bewerben können und prominente UnterstützerInnen gewinnen, beschränken sich
die Mittel der No-Bärgida-OrganisatorInnen bisher auf eine
Facebook-Veranstaltung zur Mobilisierung sowie einen Lautsprecherwagen und
ein paar Thermoskannen Tee als Unterhaltungsprogramm.
Der kommende Montag, für den Bärgida erneut zu einem „Abendspaziergang“
aufruft, soll trotzdem besser laufen: „Wir haben jetzt in den letzten
beiden Tagen von mehreren Gruppen und Personen Angebote bekommen, uns zu
unterstützen“, sagt Stegemann. So haben sich an den Unis auf Initiative des
Linkspartei-Studierendenverbands SDS hin Hochschulgruppen gegen Bärgida
gegründet. Die Facebook-Gruppe „Tanz den Bärgida“ will für das musikalis…
Programm und eine bessere Versorgung mit Informationen sorgen. „Es soll
nächste Woche jetzt auch endlich ein Vernetzungstreffen geben, um den
Protest besser zu organisieren“, sagt Stegemann.
Carolin Brenner vom Netzwerk Berlin gegen Nazis, das verschiedene Akteure
gegen rechts vernetzt, sieht in den vergleichsweise geringen
Teilnehmerzahlen des letzten Anti-Bärgida-Protests keinen Anlass zur Sorge:
„Man muss auch sehen, dass wir in Berlin einfach eine viel höhere
Demonstrationsdichte haben als in anderen Städten, das ist nicht
vergleichbar“, sagt sie. Zuletzt sei durch die anhaltenden Proteste der
Flüchtlingsgegner in verschiedenen Stadtteilen so viel zu tun, dass man
nicht erwarten könne, zu jedem Anlass Tausende auf die Straße bringen zu
können.
Ebendiese Vielzahl an rechten Mobilisierungen, an Montagen sogar parallel
zu Bärgida und in Marzahn, beunruhigt Dirk Stegemann: „Bisher haben sich
die verschiedenen Neonazi-Spektren in Berlin offenbar noch nicht auf ein
gemeinsames Vorgehen geeinigt“, sagt er. „Aber falls es dazu kommt, müssen
wir vorbereitet sein. Dafür muss Berlin jetzt aktiv werden.“
21 Jan 2015
## AUTOREN
Malene Gürgen
## TAGS
Berlin
Demonstrationen
Bärgida
Aktivismus
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