# taz.de -- Vorgeworfene Polizeigewalt: Pelzgegner beschuldigen Polizisten | |
> Zwei Tierschützer behaupten, von Polizisten während einer Vernehmung | |
> getreten und geschlagen worden zu sein – angezeigt haben sie die Beamten | |
> aber nicht. | |
Bild: Konfrontation: Polizei schützt Pelzhandel vor möglicherweise ausufernde… | |
HAMBURG taz | Zwei Tierschützer aus Braunschweig sehen sich als Opfer von | |
Polizeigewalt. Beamte hätten die 24 und 28 Jahre alten Männer geschlagen, | |
getreten und gegen ihren Willen ausgezogen, heißt es in einer Erklärung von | |
25 politischen Akteuren, die sich mit den beiden Betroffenen | |
solidarisieren. | |
Anzeige gegen die Polizisten haben Philipp W. und Andre M. aber nicht | |
erstattet. Die Polizei äußert sich deshalb nicht zu den Vorwürfen. | |
„Offiziell gibt es keine Anschuldigung“, sagt Polizeisprecher Wolfgang | |
Klages. Auch die Staatsanwaltschaft ermittelt nicht gegen die Beamten. | |
Die Tierschützer waren Ende Dezember von der Polizei verhaftet worden, weil | |
sie nachts Schaufensterscheiben in der Braunschweiger Innenstadt | |
zertrümmert haben sollen. Am stärksten zerstört wurde die Fassade des | |
Leder- und Pelzgeschäftes „Michelen“. Es entstand ein Schaden von rund | |
15.000 Euro. | |
Zwei Mitarbeiter eines privaten Wachdienstes hätten die Tierschützer dabei | |
ertappt und festgehalten, bis die Polizei kam, sagt Polizeisprecher Klages. | |
Dem hätten sich die Aktivisten aber durch „massive Gegenwehr zu entziehen“ | |
versucht – mit Brechstangen und Pfefferspray. Einer der Wachmänner wurde im | |
Gesicht verletzt. Der Staatsschutz ermittle daher nicht nur wegen | |
Sachbeschädigung, sondern auch wegen gefährlicher Körperverletzung. Die | |
Verdächtigen gehörten der „militanten Tierschützerszene“ an, sagt Klages. | |
Die Aktivisten schweigen dazu, ob sie die Scheiben einschlugen und die | |
Wachmänner verletzten. „Ich finde es aber verständlich, wenn Leute sich | |
wehren, die ihrer Bewegungsfreiheit beraubt wurden und damit rechnen | |
müssen, der Polizei übergeben zu werden“, sagt Philipp W. | |
Die Polizei brachte die Tierschützer nach der Festnahme in die | |
innenstadtnahe Wache in der Münzstraße. Dort seien die Beamten dann grob | |
geworden und hätten ihn als „schlimmes Genmaterial“ beleidigt, sagt Philipp | |
W. „Es war eine Gewalterfahrung, bei der ich wirklich Angst hatte.“ | |
Polizisten hätten ihn gegen seinen Willen ausgezogen, dabei auf den Boden | |
gedrückt und ihm schmerzhaft die Arme verdreht. „Ich wollte es ihnen nicht | |
leicht machen“, sagt er, „aber gewehrt habe ich mich nicht.“ Noch heute t… | |
sein Brustkorb weh. | |
Polizeisprecher Klages findet, solche Durchsuchungen seien „notwendig“, um | |
gefährliche Gegenstände zu finden. Auch das Entkleiden gehöre dazu. | |
Andre M. sei ebenfalls gegen seinen Willen ausgezogen und von Polizisten | |
mehrfach in den Bauch geschlagen worden, heißt es in einer Stellungnahme | |
von M. und W. im Online-Portal Indymedia. Sie seien über Stunden in der | |
Münzstraße und später in der Wache in der Friedrich-Voigtländer Straße | |
festgehalten worden, sagt Philipp W. Er hatte der Polizei zunächst nicht | |
seinen Namen genannt und er verweigert bis heute die Aussage. | |
Eine solche würde am Ende immer den Gegnern helfen, sagt W., und er wolle | |
die Polizei nicht dabei unterstützen, den Verursacher der zerstörten | |
Scheiben zu finden. „Es ist nicht wichtig, wer es getan hat, es ist nur | |
gut, dass sie kaputt sind“, sagt der Beschuldigte, der mit der Animal | |
Liberation Front (ALF) sympathisiert. | |
Diese bekannte sich zu einem früheren Anschlag auf den Pelzmodeladen (siehe | |
Kasten). Solche Aktionen machten das Geschäft für die Leder- und | |
Pelzindustrie unattraktiver. Zwar sei eine gesellschaftliche Debatte über | |
das Tierwohl wichtig, aber nicht ausreichend, sagt Philipp W. Konzerne | |
müssten den Protest auch an den Profiten spüren. | |
Philipp W. und Andre M. werden wegen der angeblichen Vorfälle auf der Wache | |
von 25 Akteuren unterstützt, unter anderem von der Linksjugend Solid | |
Braunschweig, den Falken aus dem Bezirk und der Gruppe Tierbefreiung | |
Hamburg. Die Erlebnisse der Aktivisten seien ein Angriff auf alle, die für | |
eine Welt ohne Unterdrückung kämpften, heißt es in der Erklärung. | |
Es spiele keine Rolle, ob die beiden die Tat begangen hätten, sagt | |
Unterstützerin Hannah Engelmarkt von der Kampagne gegen Tierfabriken. „Es | |
ist wichtig, dass sie nach solchen Erfahrungen nicht alleine gelassen | |
werden.“ | |
28 Jan 2015 | |
## AUTOREN | |
Andrea Scharpen | |
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