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# taz.de -- Verdorbenes Essen im Knast: „Vier Leute hatten Durchfall“
> Insassen eines Hamburger Untersuchungsgefängnisses klagen über verdorbene
> Lebensmittel und gesundheitliche Probleme. Eine Bürgerrechtsorganisation
> ist alarmiert, die zuständigen Behörden räumen Einzelfälle ein und
> geloben Besserung.
Bild: Schimmeliges Brot, Käse von dubiosem Reifegrad: So etwas bekommen Hambur…
HAMBURG taz | Übelkeit und Erbrechen, Magenverstimmung und Durchfall: In
der Untersuchungshaftanstalt am Hamburger Holstenglacis beschwerten sich
gegen Ende vergangenen Jahres verstärkt Häftlinge, sie hätten im Anschluss
an die Mahlzeiten gesundheitliche Probleme bekommen. Der
Bürgerrechtsorganisation „Komitee für Demokratie und Grundrechte“ in Köln
liegen seit November mehrere Berichte vor, wonach im UG verschimmeltes
Brot, Käse oder Soßen mit deutlich überschrittenem Haltbarkeitsdatum oder
Fischkonserven mit abgekratzten Verfallsdaten an die Inhaftierten
ausgegeben wurden.
„Das ist eine außergewöhnliche Häufung solcher Hilferufe, die
besorgniserregend sind“, sagt Christian Herrgesell vom Grundrechte-Komitee.
Bislang hätten Beschwerden der Insassen jedoch lediglich Schikanen und
Sanktionen zur Folge gehabt. Würden die potenziell gesundheitsgefährdenden
Nahrungsmittel aus „Kostengründen“ vorsätzlich verteilt, könne das als
Körperverletzung angesehen werden.
Einige Häftlinge reden gar von „versuchtem Totschlag“: Selbst an
Weihnachten sei verschimmeltes Brot ausgegeben worden. Beschwerden – die
der taz vorliegen – würden mit den Worten beschwichtigt, niemand müsse
solches Schimmel-Brot verzehren und könne frisches Brot verlangen. Nicht
immer allerdings soll dieser Ersatz auch wirklich vorrätig gewesen sein.
Und als bei der Verteilung von Käse Gefangene darauf aufmerksam machten,
dass das Verfallsdatum beinahe ein ganzes Jahr zurückliege, sei der Käse
beim nächsten Mal ausgepackt serviert worden. Allein auf einer Station,
sagt ein Inhaftierter, hätten danach „vier Leute Durchfall gehabt“.
Die Hamburger Justizbehörde bestätigt, dass 2014 bei einer Lieferung
Schmelzkäse das Haltbarkeitsdatum außen auf dem Karton mit 8. Januar 2015
angegeben gewesen sei, auf den einzelnen Verpackungen habe jedoch „08. 01.
14“ gestanden. Nach Angaben von Behördensprecher Sven Billhardt hat sich
die Gefängnisküche bei dem Lieferanten rückversichert, dass das außen
aufgedruckte Datum stimme, „erst dann wurden die Portionen an die
Gefangenen ausgegeben“. Zukünftig würden derartig falsch deklarierte
Lebensmittel reklamiert, beteuert er.
Auch das Problem verschimmelten Brots sei nicht unbekannt: Für das UG
Holstenglacis werde in der Bäckerei in der Haftanstalt Hamburg-Fuhlsbüttel
gebacken – ohne Konservierungsstoffe. „Aus hygienischen Erfordernissen wird
das Brot nach dem Backvorgang – oft noch warm – in eine Plastikfolie
verpackt“, sagt Billhardt, und durch Kondenswasser könne es gelegentlich zu
Schimmelbildung kommen. Um das zu vermeiden, sollen Bedienstete das Brot
nach Anlieferung aus der Plastikfolie nehmen und bis zur Ausgabe in
Brotkisten aufbewahren. „Falls trotzdem aus Versehen verschimmeltes Brot
ausgegeben wird, wird es umgehend getauscht“, unterstreicht Billhardt. „Der
betroffene Gefangene bekommt frisches Brot.“
Beschwerden über Konserven mit abgelaufenen Haltbarkeitsdatum oder
schlechter Mayonnaise seien ihm nicht bekannt, sagt der Behördensprecher.
Laut dem Ambulanzarzt am Holstenglacis habe es in diesem Zusammenhang auch
keine Erkrankungen gegeben „Das ist klar, dass man so etwas ungern zugibt,“
sagt dazu ein Anwalt mit Mandanten im Untersuchungsgefängnis.
Dass Zustände wie die nun bekannt gewordenen „monatelang von der
Öffentlichkeit unbemerkt bleiben konnten“, sagt Bürgerrechtler Herrgesell
vom Grundrechte-Komitee, liege auch daran, „dass Untersuchungsgefangene
noch restriktiveren und miserableren Besuchs- und Kommunikationsbedingungen
ausgesetzt sind, als dies bei inhaftierten im Strafvollzug der Fall ist. Er
forderte Justizsenatorin Jana Schiedek (SPD) auf, „umgehend“ für Aufkläru…
zu sorgen und diese Zustände „zu beenden“.
5 Feb 2015
## AUTOREN
Kai von Appen
## TAGS
Untersuchungsgefängnis
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