# taz.de -- Streit über Akteneinsicht: Sensible Daten im Parlament | |
> Die CDU-Fraktion polemisiert gegen die Sozialbehörde, weil die Daten | |
> nicht rausrückte. Andere Fraktionen plädieren dagegen für einen | |
> vertraulichen Umgang. | |
Bild: Auch Sozialamts-Akten sind nicht bei jedem Anfangsverdacht gleich offenzu… | |
Die CDU-Fraktion hat in der Bürgerschaft das Sozialressort für seinen | |
Umgang mit vertraulichen Daten in einem Verdachtsfall auf Kindesmissbrauch | |
angegriffen – und dafür von den anderen Parlamentariern scharfe Kritik | |
kassiert. Während die CDU am Mittwoch gegen „organisierte | |
Kindeswohlgefährdung“ polemisierte, warnten die Linke und die SPD davor, | |
das Thema für Wahlkampfzwecke zu instrumentalisieren. | |
Vorausgegangen war ein Streit zwischen dem Sozialressort und der Bremer | |
Staatsanwaltschaft. Das Amt für Soziale Dienste in Walle hatte sich mit | |
Verweis auf den Sozialdatenschutz geweigert, Ermittlern bei einem Verdacht | |
auf Kindesmissbrauch Daten weiterzugeben. | |
Ein Mitarbeiter des Amtes hatte den Fall zuvor zwar der Kriminalpolizei | |
gemeldet. Später hatte das Amt die Ermittler vergrätzt, weil es sich sogar | |
weigerte, Namen und Adressen der Informantin rauszurücken. Die Frau hatte | |
sich bereits Anfang Dezember an das Amt für Soziale Dienste gewandt, weil | |
sie ein kinderpornografisches Bild auf dem Handy ihres ehemaligen Partners | |
entdeckt hatte. Erst durch einen richterlichen Hausdurchsuchungsbeschluss | |
verschaffte sich die Staatsanwaltschaft schließlich Zugang zu den Akten. | |
Die CDU bezeichnet den Vorfall als „organisierte Kindeswohlgefährdung“ und | |
sprach von „Chaos im Sozialressort“, das es zu beseitigen gelte. | |
Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) wies diese Vorwürfe zurück und | |
wertete sie als pauschale Diffamierung von 1.000 Mitarbeitern des Amtes für | |
Soziale Dienste. „Selbst wenn einmal Fehler passiert, ist das kein Grund, | |
eine gesamte Berufsgruppe zu verunglimpfen“, sagte sie. Stahmann sieht den | |
vom Sprecher der Staatsanwaltschaft Frank Passade als „inakzeptabel“ und | |
„grotesk“ bezeichneten Vorgang durch das Sozialgesetz gedeckt. Darin steht, | |
dass ohne richterlichen Beschluss entsprechende Daten nicht herausgegeben | |
werden dürfen. Stahmann räumte aber auch ein, dass es an den Schnittstellen | |
der Behörden Probleme geben könne, bei denen man immer wieder beurteilen | |
müsse, ob es sich um systemische Probleme handele. | |
Für Stahmann galt der Fall längst als abgeschlossen. Denn das Jugendamt war | |
bei seinen Ermittlungen zu dem Schluss gekommen, dass es im konkreten Fall | |
für eine Kindeswohlgefährdung keine Anhaltspunkte gibt. | |
Unterstützung erhält die Sozialsenatorin nun von den Fraktionen der Grünen, | |
SPD und der Linken. Der Sozialdatenschutz sei unantastbar, sagt die | |
Fraktionschefin der Linken Kristina Vogt. „Ein so sensibles Thema eignet | |
sich nicht für den Wahlkampf.“ Der Vorwurf der CDU mache sie sprachlos und | |
erweise den Case Managern einen Bärendienst. Jugendamt und | |
Staatsanwaltschaft hätten nun einmal unterschiedliche Aufträge, so Vogt. | |
Und Informanten müssten sich auch weiterhin vertrauensvoll an Jugendämter | |
wenden können. | |
Weil die Meldungen über Kindeswohlgefährdung die Ämter meist anonym über | |
das soziale Umfeld erreichen, beruhe die Arbeit der Jugendämter maßgeblich | |
auf Vertrauen, so die Fraktionschefin der Linken. „Das Jugendamt ist nicht | |
geizig mit Informationen umgegangen.“ | |
Anders sieht das der SPD-Abgeordnete Klaus Möhle: Er bekräftigte erneut | |
seine Kritik, dass Staatsanwaltschaft und Jugendamt nach dem Fall des | |
totgeprügelten zweijährigen Kevin, den Polizisten im Oktober 2006 im | |
Kühlschrank seines drogenabhängigen Vaters gefunden hatten, besser zusammen | |
arbeiten müssten. Außerdem warb er für ein modernes Fehlermanagement: „Denn | |
Fehler werden in diesem Bereich nun einmal gemacht“, sagt er. Deshalb | |
müssten Jugendämter positiv mit ihnen umgehen und daraus lernen. Am | |
heutigen Donnerstag soll das Thema in der Sozialdeputation diskutiert | |
werden. | |
18 Feb 2015 | |
## AUTOREN | |
Lena Kaiser | |
## TAGS | |
Kindeswohl | |
Akteneinsicht | |
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