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# taz.de -- Umgang mit Flüchtlingen: Landesamt bricht Bundesrecht
> Erstmals gibt das für Flüchtlinge zuständige Landesamt für Gesundheit in
> Berlin zu, dass es Asylbewerber nicht gesetzeskonform behandelt. Scharfe
> Kritik von Piraten.
Bild: Warteschlange am LaGeSo.
Jetzt ist es offiziell: Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo)
verstößt gegen Gesetze. Asylbewerber „können zur Zeit nicht alle sofort im
üblichen und leistungsrechtlich korrekten Umfang versorgt werden“, schreibt
Gesundheitsstaatssekretär Dirk Gerstle in Beantwortung einer Anfrage des
Piraten-Abgeordneten Fabio Reinhardt. Das LaGeSo sei aber „bemüht“, den
Zeitraum, in dem Flüchtlinge ohne Bargeld, Krankenschein und Berlinpass
dastehen, auf fünf bis sieben Tage zu begrenzen, heißt es weiter in der
noch nicht veröffentlichten Drucksache, die der taz vorliegt. Reinhardt
wertet die Antworten als Beleg für die katastrophalen Zustände beim LaGeSo.
„Tagtäglich werden dort Menschenrechte mit Füßen getreten“, sagte er der
taz.
Seit Monaten beobachten der Flüchtlingsrat sowie die Abgeordneten Reinhardt
und Canan Bayram (Grüne), dass neu nach Berlin kommende Asylsuchende in dem
Amt in der Moabiter Turmstraße nicht oder nur unzureichend versorgt werden.
Sie berichteten wiederholt von Flüchtlingen, die teils ohne jegliche
Versorgung weggeschickt würden und nicht einmal ihren Asylantrag stellen
könnten, teils aber auch tage- oder wochenlang in Turn- und Traglufthallen
festsäßen – ohne Bargeld, Fahrkarten und medizinischer Versorgung.
Auch die taz hat mehrere Betroffene gesprochen, die dies bestätigten.
Bislang hat das Amt solche Vorwürfe stets zurückgewiesen – man gab
lediglich zu, dass es zeitweilig Probleme bei der Ausstellung von
Krankenscheinen gegeben haben.
Das ist nun anders. Begründet wird die Nicht-Einhaltung von gesetzlichen
Vorschriften mit der hohen Zahl von Asylbewerbern. Laut Gerstle haben in
Moabit „in der ersten Februarwoche insgesamt mehr als 1.300 Asylsuchende
vorgesprochen, darunter über 700 neue Antragstellerinnen und
Antragsteller“. Für so viele Menschen, so die Erklärung, gebe es weder
genug Plätze in Erstaufnahmeeinrichtungen noch könne in allen Fällen „die
technische Abwicklung der Leistungsgewährung“ sichergestellt werden. Auf
Deutsch: Die über 1.000 Menschen in den sieben Turnhallen, die seit
Dezember als Notunterkünfte requiriert wurden, bekommen tatsächlich nur ein
Dach überm Kopf und drei Mahlzeiten – alles andere muss warten.
Und noch eine Neuigkeit kann man zwischen den Zeilen der Piraten-Anfrage
herauslesen: Das vermeintliche Provisorium Turnhalle wird immer
langlebiger. Als im Dezember die erste Notunterkunft dieser Art eröffnete,
hieß es, spätestens Ende Februar sei damit Schluss. Im Januar hieß es, bis
Ostern könne es schon gehen. Nun schreibt Gerstle: „Die Sporthallen sollen
zum frühestmöglichen Zeitpunkt wieder aufgegeben werden.“ Je nach
„Zugangszahlen“ könne es aber auch sein, dass noch weitere derartige
Unterkünfte „mit Notbelegung eingerichtet werden müssen“.
Je länger aber diese Provisorien dauern, desto länger würden den Menschen
Leistungen vorenthalten, kritisiert die Abgeordnete Bayram. „Das ist
inzwischen ein permanenter Verstoß gegen Grundrechte.“ Auch dass es zum
Beispiel in den Turnhallen keine Waschmaschinen gibt, sei damit begründet
worden, dass sich dies für ein paar Wochen ja nicht lohne – aber dieses
„Ammenmärchen“ dürfe niemand mehr glauben. „Die Turnhallen-Betreiber m�…
jetzt auf den Tisch hauen“, so Bayram, „sonst passiert da nichts.“
20 Feb 2015
## AUTOREN
Susanne Memarnia
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