# taz.de -- Deutsch-Russische Freundschaft: Hausbesetzer und Putins Rocker | |
> „Nachtwölfe“-Boss Saldostanow hat in der Winterfeldtstraße gelebt. Bis | |
> heute ist Sascha Disselkamp vom Sage-Club sein Freund. | |
Bild: Irgendwie wie bei Mad Max: Bikerkumpel in Action | |
Falls Alexander Saldostanow mit seinen „Nachtwölfen“ am 9. Mai in Berlin | |
eintreffen sollte, wird der russische Rockerboss auf einen guten alten | |
Freund treffen. „Wir kennen uns aus der Punk-Szene der achtziger Jahre“, | |
sagt Sascha Disselkamp, Betreiber des Sage-Clubs und Mitglied im Vorstand | |
der Berliner Club-Commission. Disselkamp hatte damals das Sexton in der | |
Winterfeldtstraße eröffnet, seinen ersten eigenen Schuppen. Saldostanow war | |
wegen einer Liebe aus Moskau nach West-Berlin gekommen. Im besetzten Haus | |
in der Winterfeldtstraße 36 fand er eine Bleibe, gegenüber im Sexton von | |
Disselkamp einen Job als Türsteher. Nun ist er der Chef der Nachtwölfe, | |
Russlands größtem Motorradclub, der zum 70. Jahrestag der Befreiung eine | |
Tour von Moskau über Polen nach Berlin plant. | |
Bis heute sind Disselkamp und Saldostanow Freunde geblieben – und | |
Disselkamp sieht sich genötigt, seinen Kumpel in Schutz zu nehmen. „Wenn | |
ich das immer höre: Putins Rocker, Schwulenfeind, Antisemit. Das stimmt | |
alles nicht.“ Der Club-Betreiber will, dass man seinem Freund gerecht wird. | |
„Mit hat er erst vor kurzem gesagt, dass er überhaupt nichts gegen Schwule | |
habe. Er sieht das eher so wie die Orthodoxe Kirche, dass Schwulsein eine | |
Krankheit ist.“ | |
Das letzte Treffen der beiden fand im Februar statt. Auf Einladung des | |
ehemaligen Schachweltmeisters und Kreml-Parteigängers Anatoli Karpow war | |
Disselkamp zunächst nach Moskau geflogen und dann weiter auf die Krim. | |
Anlass war der 70. Jahrestag der Konferenz von Jalta, an dem Putin ein | |
Denkmal für Stalin, Roosevelt und Churchill enthüllte. Mit dabei waren auch | |
Saldostanow und Disselkamp. „Saldostanow sieht in Putin einen ehrlichen | |
Mann und einen Freund“, sagt Disselkamp. | |
Und Putin in ihm wohl einen Mann fürs Grobe. Im Januar hat Saldostanow die | |
Initiative Anti-Maidan gegründet. Kurz darauf hat ihm Putin einen Orden | |
verliehen. Für unverbrüchliche Treue. | |
Wie die aussieht, zeigte Saldostanow auf der Krim. „Da wurde aus bunten | |
Tüchern, die den Anfang des Maidan in Kiew darstellen sollten, plötzlich | |
ein Hakenkreuz“, sagt Disselkamp. | |
Es gibt Fotos, in denen Disselkampf und Saldostanow sich ähnlich sehen. | |
Lange, wilde Haare, Lederjacken, Punk-Outfit. Schüchtern gegenüber Frauen | |
sei Saldostanow gewesen, heißt es in Hausbesetzerkreisen. Gegenüber den | |
Frauen von Pussy Riot zeigte er Stärke. Als die Musikerinnen im Februar | |
2012 ein „Punk-Gebet“ in der Moskauer Erlöser-Kathedrale abgehalten hatten, | |
postierte Saldostanow einen Teil der 5.000 Nachtwölfe vor orthodoxen | |
Kirchen. „Er hat gesagt, dass die genau wussten, dass sie bestraft werden. | |
In anderen Ländern hätte man sie einen Kopf kürzer gemacht“, zitiert | |
Distelkamp seinen Freund. Disselkamp selbst findet die Aktion von Pussy | |
Riot bis heute „mutig“. | |
Im Mai hat Disselkamp wieder Gelegenheit, sich mit seinem alten Kumpel | |
auszutauschen. Wenn den russischen Bikern die Einreise erlaubt wird, will | |
Saldostanow am Sowjetischen Ehrenmal einen Kranz niederlegen – zum Gedenken | |
an den 70. Jahrestag des sowjetischen Sieges im Großen Vaterländischen | |
Krieges. Zu einer Feier in seinen Club will Disselkamp den Chef der | |
Nachtwölfe aber nicht einladen. „Ich bin schon froh, wenn das alles | |
einigermaßen ruhig über die Bühne geht.“ | |
21 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Uwe Rada | |
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