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# taz.de -- Die Wahrheit: Claus Klebers Caffee
> Ein versonnener Morgen mit dem ZDF-Anchorman, dessen Fernseharbeit für
> die Bootsflüchtlinge aus Afrika geradezu preisverdächtig ist. Eine
> Telenovelle.
Bild: Fernsehclown Claus Kleber in abendlicher Action.
Claus Kleber, erwachte, glomm. Kaum waren die Augen des Nachrichtenmanns
aufgeklappt, durchfuhr es ihn wie nach der Ohrfeige, die Hillary „Hotrod“
Clinton ihm einst verpasst hatte, als er den Stand der transatlantischen
Beziehungen hatte testen wollen und eine flexible response dafür gefangen
hatte. Geklebt hatte sie, Hillu, ihm eine! Ihm, dem Kleber! Hähähä! Fuckin’
paradox! Er gluckste munter wie von Sinnen.
Doch war dies ja nun längst vergessen, wo er den Grimme- und
Friedensnobelpreis bekommen hatte; oder jedenfalls bekommen würde, jeden
Moment musste das Handy klingeln, Marl oder Stockholm calling, er brauchte
dringend einen neuen Smoking. Oder sogar Frack?
„Vielleicht ist dies ein Tag, an dem sich die Weltgeschichte ändert“: Das
oder etwas ähnlich Abgefeimtes hatte er, nachdem mehrere hundert Afrikaner
im Mittelmeer ersoffen waren, vor wenigen Tagen vom Teleprompter geklaubt
und dabei ein solches Dackelgesicht aufgezogen, dass er sekundenweise
tatsächlich daran geglaubt hatte, dass es jetzt vorbei wäre mit Nord und
Süd und Arm und Reich, dass nach derart vielen Toten nun einmal Schluss
sein müsste mit Lüge, Ausbeuterei und Weltwirtschaft, er, Klaus Cleber (ah,
umgekehrt, er brachte dies schon wieder durcheinander!) hatte sich bereits
am Bug einer neuen Mayflower gesehen, den Eingeborenen persönlich
Schrottwagen ohne TÜV und Reste von Tiefkühlhühnchen vorbeizubringen, auf
dass keiner mehr die gefährliche Reise ins Gelobte Land antreten müsse,
oder jedenfalls nur die mit Abitur.
Oder besser ohne. Weil er, Stichwort Akademisierungswahn, ja letztlich
keinen Poolreiniger mit Hochschulreife benötigte! Schon in dessen eigenem
Interesse! Mit der Demütigung der Dritten Welt musste es doch einmal ein
Ende haben! Dachte es in Kleber kräftig, und während er, in seinem
kuschelweichen YSL-Bademantel, darauf wartete, dass der DeLonghi PrimaDonna
Exclusive ESAM 6900.M den Morgenkaffee der Sorte Arabica schäumte und mit
Goldstaub versah, blätterte er versonnen durch die Morgenpresse.
## Die verdammten Ficker
Und stutzte beim Lesen – what the fuck?: „Die lebensgefährlichen
Überfahrten sind Alltag zwischen der nordafrikanischen Küste und Italien.
Bisher wurde nichts getan, um die Flüchtlinge zu schützen. Deshalb wirken
diese Sätze wie Schrauben, die überdreht wurden: Sie halten nichts mehr;
man kann ihnen nicht mehr vertrauen; sie sind unglaubwürdig.“
Ah, dachte Kleber: Journalisten. Die verdammten Ficker. Gut, es ging nicht
um seine, Klebers, Sätze von geschichtslenkendem Weltniveau; aber waren die
üblichen politischen Entsetzens- und Absichtsbekundungen nicht genauso
gratis gewesen wie sein zittriger Verzicht auf eine Abmoderation samt
Übernahme von des Papstes Schweigeminute?
Gleich nach den Sportnachrichten? Und musste man denn wirklich immer alles
schlecht finden? Wo blieb der amerikanische optimism? War nicht heute, wie
der Kollege Tom Buhrow immer geblödelt hatte, schon wieder ein neuer Tag?
Mindestens für einen hochdotierten Fernsehclown wie ihn, Cleber?
Und so trank er Caffee.
24 Apr 2015
## AUTOREN
Stefan Gärtner
## TAGS
Flüchtlinge
Claus Kleber
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Claus Kleber
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