# taz.de -- Die Wahrheit: Der Schwanz-Zieher | |
> Neues aus Neuseeland: Premierminister John Key hat einen ungewöhnlichen | |
> Fetisch: Wippende Pferdeschwänze machen ihn ganz wuschig. | |
Seit zwei Wochen kennen nicht nur meine LeserInnen Neuseelands | |
Premierminister, sondern auch der Rest der Welt. Endlich hat John Key | |
internationale Berühmtheit erlangt – leider als tumber Grapscher. Damit | |
steht er unter den Großen und Kleineren der Welt sicher nicht alleine da. | |
Ungewöhnlich ist nur das Objekt seiner Begierde: ein wippender | |
Pferdeschwanz. | |
Der Übergriff war kein Einzelfall. Wenn der Regierungschef im „Rosie Cafe“ | |
in Auckland auftauchte, schäkerte er stets jovial mit dem Personal. Ganz | |
volksnah zog er dabei Kellnerin Amanda Bailey wiederholt an ihrem brünetten | |
Pferdeschwanz. Sie verbat sich das; John Key machte weiter. Sie beschwerte | |
sich bei seinen Bodyguards – ohne Erfolg. Sie drohte halb scherzhaft, ihn | |
zu schlagen. Half nicht. Sechs Monate ging das so. Keys Ehefrau Bronagh – | |
langes Haar, kein Zopf, gebranntes Kind? – mahnte den Gatten schließlich, | |
doch das „arme Mädchen“ in Ruhe zu lassen. Da hatte die 28-Jährige bereits | |
heimlich vor Wut geheult. | |
John Key tat, was man als Mächtiger bei Kavaliersdelikten so tut: Er | |
schickte Amanda Bailey als Entschuldigung zwei Flaschen Wein. So einfach | |
war der haarige Vorfall jedoch nicht vom Tisch. Die Kellnerin wandte sich | |
anonym an einen linken Blog, wurde aber von einer regierungsfreundlichen | |
Klatschreporterin geoutet. „Ponytailgate“ nahm seinen Lauf. Innerhalb von | |
Tagen tauchten etliche alte Fernsehbilder auf, die den Premier bei | |
öffentlichen Anlässen zeigen, wo er neckisch bis zwanghaft Mädchen an den | |
Haaren zog. Das ließ sich nur noch als „creepy“ bezeichnen – oder als | |
Fetisch. Trichophilie heißt der Fachbegriff für diese Form der sexuellen | |
Erregung. | |
Der prominente Haargrapscher tat das alles als „Herumalbern“ ab und nannte | |
Amanda Baileys Frisur „aufreizend“, was die Sache nur noch schlimmer | |
machte. Während Key dafür in einer amerikanischen Comedy-Show und | |
süffisanten Schlagzeilen der britischen Presse büßte, reiste er mit Gattin | |
Bronagh nach Saudi-Arabien. Schlechtes Timing, um dort diplomatisch die | |
Rechte von Frauen anzusprechen, wenn man sich gerade dermaßen blamiert hat. | |
Frau Key trug zur eisernen Miene ein bodenlanges schwarzes Müllsack-Gewand, | |
um neben all den Scheichen nicht „aufreizend“ zu wirken. | |
Amanda Bailey erwägt jetzt ernsthaft, den Premierminister wegen sexueller | |
Belästigung anzuzeigen. Der erwiderte diese Woche, nichts an seinem | |
Verhalten sei sexistisch – seine taktilen Späße hätten schließlich auch | |
einem Mann gelten können. Doch Neuseelands berühmtester | |
Pferdeschwanzträger, der Maori-Politiker Pita Sharples, ist noch nie vom | |
Premierminister persönlich bezupft worden. | |
Es bleibt spannend, auch in Paris. Da tritt heute Abend John Keys Tochter | |
als Performance-Künstlerin „Cherry Lazar“ in einer erotischen Vernissage | |
auf. Viel Strapse, Stilettos und nackter Po – eine Art Cicciolina für Arme. | |
Besonders bemerkenswert sind ihre pinken Haare, über den Ohren zu | |
abstehenden Zöpfen gebunden. Wenn das der Daddy sieht! | |
7 May 2015 | |
## AUTOREN | |
Anke Richter | |
## TAGS | |
Premierminister | |
Fetisch | |
Neuseeland | |
Neuseeland | |
Aotearoa | |
Castingshow | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Die Wahrheit: Freiland-Sex nach gut deutscher Art | |
Neues aus Neuseeland: Es gibt wieder Sexnachrichten aus dem nicht gerade | |
übererotisierten Aotearoa. Die Deutschen sind mittenmang dabei. | |
Die Wahrheit: Roter Mohn und 99 Luftballons | |
Neues aus Neuseeland: Der Anzac Day steht bevor. Erinnert wird an die | |
Schlacht um Gallipoli im 1. Weltkrieg. Ein nationales Trauma und ein | |
Riesentamtam. | |
Die Wahrheit: Faule Romantik in Rotovegas | |
Neues aus Neuseeland: Am verruchtesten Ort Aotearoas stinkt es. Der Atem | |
aus dem Inneren der Erde steigt in die Nasen paarungsbereiter Pärchen. | |
Die Wahrheit: Psychokiller beim X-Factor | |
Neuses aus Neuseeland: Über fiese Juroren beim „X-Factor New Zealand“ brach | |
ein Shitstorm herein. Ein Fall für Amnesty International. |