# taz.de -- Bremens Selbstverständnis: Hey, hier kommt die Alex! | |
> Einen Tag vor der Wahl wird auf der "Alexander von Humboldt" ein | |
> Hotel-Restaurant eröffnet. Bremen feiert es lokalpatriotisch als neues | |
> Wahrzeichen. Aber warum? | |
Bild: Noch wirkt sie hier in der Bremer Überseestadt etwas deplaziert: Die "Al… | |
BREMEN taz | Dass sie wieder zu Hause ist, werden sie sagen. Dass sie nun, | |
endlich, heimgekehrt ist. Dass uns Bremer das stolz macht, werden sie | |
sagen. Und die Alexander von Humboldt, die jetzt ein Hotel- und | |
Gastronomiebetrieb ist, zum neuen Wahrzeichen der Stadt erheben, in eine | |
Reihe stellen mit dem Roland, dem Rathaus, den Stadtmusikanten. Sie werden | |
diese warme, heimelige Gefühl beschwören, das sich Heimat nennt, dazu die | |
Seefahrerromantik, den Glanz der alten Tage. Natürlich werden das | |
Sozialdemokraten tun. Sowas können hier, in Bremen, glaubhaft, nur die | |
Sozialdemokraten. | |
Selbstverständlich ist es ein Zufall, dass diese Eröffnung am Tag vor der | |
Wahl stattfindet, und dass der SPD-Vizekanzler deshalb nach Bremen eilt. | |
Obwohl: Die neuen Eigner und Betreiber der Alexander von Humboldt kommen | |
aus dem Harz und kennen Sigmar Gabriel noch aus Goslarer Zeiten, in denen | |
er auch formal nur ein kleines politisches Licht war. Wirtschaftssenator | |
Martin Günthner, SPD, natürlich, wird sich ein wenig in seinem Glanz | |
sonnen, während im Hintergrund der Shanty-Chor aus Brinkum singt: Er hat | |
ein eigenes Alexander-von-Humboldt-Lied im Programm. | |
Sicherlich: Die "Alex" wurde 1906 in Bremen gebaut, auf der AG Weser. Aber | |
dort liefen über die Zeit hinweg auch ungefähr 1.400 andere Schiffe vom | |
Stapel. Ohne dass sie deswegen hier emblematisch zur lokalen Ikone taugen. | |
Seinerzeit war die Bark übrigens noch rot gestrichen, hieß "Reserve | |
Sonderburg" - ein unauffälliges Feuerschiff, wie es mehrere gab, gebaut im | |
Auftrag des preußischen Seefahrtsministeriums. Später war sie, bis in die | |
Achtziger hinein, auf der Nord- und Ostsee unterwegs, lag - fernab von | |
Bremen - vor der Einfahrt zur Kieler Bucht und dem Nordostseekanal. | |
"Die Bremer haben einen persönlichen Bezug zu diesem Dreimaster" schrieb | |
unlängst der Weser-Kurier. "Ein Schiff, ein Schiff! Und nicht irgendeins!" | |
Sondern eben jenes, dass seit 1988 in der Bierreklame über alle Bildschirme | |
der Republik kreuzte, ihnen was von Freiheit erzählte, begleitet von Joe | |
Cockers "Sail Away". Und Werbung machte für "ihr" Bier. | |
Ihr Bier? Nun ja, die Brauerei Beck wurde ja schon 2002 nach Belgien | |
verkauft und gehört heute der weltgrößten, belgisch-brasilianischen | |
Brauereigruppe Anheuser-Busch InBev. Man sieht das hier aber nicht so eng. | |
"Neben den Stadtmusikanten und Werder Bremen ist Beck's wichtigster | |
internationaler Imageträger Bremens", schreibt der Konzern anlässlich | |
seiner neuen Werbekampagne. In Bremen widerspricht man da nicht. | |
Und die Marketing-Idee mit den grünen Segeln damals, die war strategisch | |
brillant. Aufsehenerregend. Der Konzern hat seinerzeit die Segel bezahlt, | |
dafür das Boot als Werbeträger nutzen dürfen. Nicht mehr, nicht weniger. Am | |
Anfang, 1984, funktionierte das übrigens noch ganz ohne die "Alex", mit | |
einem Schiff, dessen Segel hinterher Beck's-grün eingefärbt wurden, nur für | |
die Reklame. | |
Ab Montag rauscht dann ein ganz neues Beck's-Schiff über die Leinwand, die | |
"Alexander von Humboldt II", ebenfalls ein Dreimaster, aber ein neu | |
gebauter, optisch ein wenig auf alt getrimmt. Den meisten Nicht-SeglerInnen | |
wird der Unterschied wohl kaum auffallen. Und in Bremen ist die "Alex 2" ja | |
auch gebaut, bei der BVT, der Brenn- und Verformtechnik. Das schafft Raum | |
für neue Wahrzeichen, dereinst. | |
Für Werbung lässt sich Bremen ja gern vereinnahmen. | |
8 May 2015 | |
## AUTOREN | |
Jan Zier | |
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