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# taz.de -- Europäisches Sicherheitsprojekt "Indect": Die moderne Verbrecherja…
> Die EU-Kommission will mit Videokameras automatisch Verbrecher jagen. Das
> und andere Schauerlichkeiten plant sie mit dem Projekt "Indect".
Bild: Thilo Weichert: "Das Projekt steht konzeptionell mit europäischem und de…
Videokameras, die automatisch Verbrecher durch die ganze Stadt verfolgen,
damit die Polizei sie bequem einfangen kann. Computer, die auf den Bildern
Gesichter automatisch erkennen und mit breiten Datensätzen abgleichen. Das
klingt nach Science-Fiction. Wenn es nach der EU-Kommission geht, könnte es
so ein System 2013 bereits geben.
Die EU investiert 14,86 Millionen Euro in das Forschungsprojekt Indect. 17
Partner aus zehn europäischen Ländern arbeiten seit 1. Januar 2009 daran,
darunter auch die Universität Wuppertal und zwei deutsche Unternehmen,
InnoTec Data und PSI Transcom. Am Ende soll ein multimediales System
entstehen, das Überwachung in Ballungsräumen erleichtert.
Computerprogramme sollen auf Videoüberwachungsbildern automatisch
verdächtiges Verhalten erkennen und melden. Polizisten könnten so eine
große Zahl an Überwachungskameras bedienen: Das Programm filtert für sie
nur Situationen heraus, in denen es potenzielle Gefahr erkennt. Zusätzlich
sollen Internetplattformen systematisch durchsucht werden. So können
Behörden die Flut an Daten und Videoaufnahmen effektiv bearbeiten.
Thilo Weichert, Leiter des Unabhängigen Datenschutzzentrums
Schleswig-Holstein, ist skeptisch: "Man kann nichts gegen die Grundidee
sagen, technische Mittel zur Effektivierung der Tätigkeit von
Sicherheitsbehörden einzusetzen", räumt er ein. Dabei müsse man jedoch
genau darauf achten, dass keine Rechte eingeschränkt werden. Bei Indect sei
dies nicht der Fall: "Das Projekt steht konzeptionell mit europäischem und
deutschem Datenschutz- und Verfassungsrecht im Widerspruch." Über die EU
werden so Maßnahmen vorangetrieben, die auf nationaler Ebene wenig Chancen
hätten. "Wenn die Bundesregierung so ein Projekt in Deutschland direkt
unterstützen würde, wäre die Empörung groß", sagt Weichert.
Die EU stellt die Weichen für zukünftige Sicherheitspolitik, ohne dass die
Medien sich groß dafür interessieren. Weichert kritisiert, dass die
Datenerhebung heimlich wäre und nicht nur Personen überwacht würden, von
denen Gefahr ausgeht. Außerdem fehle die Zweckbindung der erhobenen Daten.
Man könne sie auch nutzen, um Personenprofile zu erstellen. Der Schutz der
Bürgerrechte müsse ein integraler Bestandteil des Forschungsprojekts sein,
sagt Weichert. Den bisherigen Informationen über das Projekt nach zu
urteilen, sei das nicht der Fall. Auch sei keins der beteiligten Institute
und Unternehmen auf Bürgerrechte spezialisiert.
Peter Kursawe, Geschäftsführer des Unternehmens PSI Transcom, wehrt sich
gegen Kritik. Eine eigene Ethikkommission wache darüber, dass Bürgerrechte
eingehalten würden. Außerdem sei ein System wie Indect notwendig: "Der
Staat muss durch Gesetze und auch technische Verfahren die Voraussetzungen
schaffen, dass Bürger in Sicherheit und weitestgehend ohne Angst leben
können." Der Bundesbeauftragte für Datenschutz konnte auf Anfrage keine
datenschutzrechtliche Bewertung von Indect abgeben.
Das Projekt ist Teil des 7. Rahmenprogramms der EU. Dieses Programm soll
den europäischen Forschungsraum voranbringen. 50,5 Milliarden Euro sind
dafür vorgesehen, 1,4 Milliarden allein für den Sektor Sicherheit.
Ziel sind Neuerungen mit Praxistauglichkeit: "Die Maßnahmen werden sich an
den Aufgaben orientieren und der Entwicklung von Technologien und
Fähigkeiten dienen, die für die spezifischen Sicherheitsaufgaben
erforderlich sind", heißt es im Anhang des Beschlusses des Europäischen
Parlaments und des Rates.
Damit genügt das Programm den Ansprüchen der "Future Group". Das ist ein
Zusammenschluss europäischer Innenminister, der auf Initiative des
damaligen-Innenministers Wolfgang Schäuble (CDU) entstanden war. "Forschung
und Entwicklung im Bereich der Sicherheit müssen mit den Schwerpunkten der
Strategie der inneren Sicherheit abgestimmt sein", heißt es im Entwurf des
Stockholm-Programms vom Juni 2009.
Das Projekt Indect hat einen langen Weg durch die EU-Institutionen hinter
sich. Die EU-Kommission hat das 7. Rahmenprogramm vorgeschlagen, der
Europäische Rat und das Parlament haben es beschlossen. Genaue Vorgaben zu
den Zielen der Sicherheitsforschung stehen in dem "Work Programme Security
2007", einem Dokument, das die Generaldirektion Unternehmen (GD
Unternehmen) der EU-Kommission erarbeitet hat.
Die GD Unternehmen ließ sich dabei von einem Gremium mit externen Experten
beraten. In dieser "Security Advisory Group" (Sec AG) sitzen Vertreter von
Polizeibehörden, Rüstungsunternehmen und Forschungseinrichtungen. Darunter
sind Thales, EADS, die polnische Grenzwache und die Generalinspektion der
Rumänischen Polizei. Eine Organisation, die sich für Bürgerrechte einsetzt,
sucht man auf der Liste vergeblich. Ein sogenanntes "Programme Committee"
mit Experten aus allen 27 Mitgliedstaaten muss alle Entscheidungen
abnicken.
Sobald das "Work Programme Security" stand, konnten sich Unternehmen und
Institute mit Forschungsprojekten für Förderung bewerben. Die Kommission
suchte mit Hilfe von externen Experten die Projekte heraus - darunter auch
Indect - und überwacht jetzt ihren Fortschritt. Das Programme Committee ist
an allen Entscheidungen beteiligt.
24 Dec 2009
## AUTOREN
Thomas Salter
## TAGS
Schwerpunkt Überwachung
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