# taz.de -- Pakistan: Rückkehr ins Exil | |
> Der frühere pakistanische Premier Nawaz Sharif ist wieder abgeschoben | |
> worden. Offenbar mit Unterstützung der USA, die den Diktator Musharraf | |
> nicht verlieren wollen. | |
Bild: Direkt bei seiner Ankunft in Islamabad verhaftet: Nawaz Sharif. | |
Delhi taz Der pakistanische Militärchef und Präsident Pervez Musharraf hat | |
sich erneut seines Widersachers entledigt: Die groß angekündigte Rückkehr | |
des Expremiers Nawaz Sharif nach Pakistan dauerte nur Stunden. | |
Am Montagmorgen war Sharif, der für das Ende der Militärherrschaft kämpfen | |
wollte, mit einer Maschine der staatlichen Fluggesellschaft PIA in | |
Islamabad eingetroffen. Sofort wurde das Flugzeug von Sonderpolizei | |
umstellt. Erst nach anderthalb Stunden ging der Politiker, der mit seinem | |
Bruder Shahbaz und mehreren Anwälten angereist war, mit den | |
Sicherheitskräften in den VIP-Bereich des Flughafens. | |
Als alle Verhandlungen gescheitert waren, wurde der 57-Jährige abgeführt. | |
Am frühen Nachmittag kam die überraschende Erklärung eines | |
Regierungssprechers: Sharif habe bereits das Land verlassen. Er sitze in | |
einer Maschine auf dem Weg nach Saudi-Arabien. Die "Stabilität und Einheit" | |
des Landes seien wiederhergestellt worden, erklärte ein Regierungssprecher. | |
Das Regime von Militärmachthaber Pervez Musharraf lässt es damit auf einen | |
Schlagabtausch mit der Justiz und den meisten Oppositionsparteien ankommen. | |
Denn vor drei Wochen hatte das Oberste Gericht des Landes entschieden, | |
Sharif dürfe wieder nach Pakistan einreisen. So zeigte sich ein Sprecher | |
des Gerichts über die Abschiebung des Expremiers empört: Mit hochrotem Kopf | |
polterte er in die Kamera eines pakistanischen Privatsenders, die Regierung | |
habe nicht das Recht gehabt, sich dem Beschluss zu widersetzen. Sharifs | |
Abschiebung werde als "offene Konfrontation" gewertet. | |
Das Regime in Islamabad hatte sich auf die Rückkehr des Expremiers gut | |
vorbereitet: Am Freitag hat die Regierung bei einem | |
Antiterror-Sondergericht einen Haftbefehl gegen Sharifs Bruder Shahbaz | |
erwirkt wegen angeblicher Vergehen während seiner Zeit als | |
Ministerpräsident der Provinz Punjab. Ein Sprecher von Sharifs Pakistan | |
Muslim League (Nawaz Group) gab an, in den vergangenen Tagen seien mehr als | |
2.000 Parteimitglieder festgenommen worden. Zudem sind seit dem Wochenende | |
öffentliche Versammlungen verboten. Polizei und Paramilitärs haben in allen | |
großen Städten des Landes Straßensperren errichtet, um Demonstrationen zu | |
verhindern. Ungeachtet dessen hat Sharifs Partei für heute | |
Großdemonstrationen im ganzen Land angekündigt. | |
Armeegeneral Musharraf hatte Sharif in einem unblutigen Staatsstreich 1999 | |
aus dem Amt gejagt und vor einem Sondergericht wegen Steuervergehen und | |
Landesverrates verurteilen lassen. Beobachter urteilten damals, es habe | |
sich um ein politisch motiviertes Verfahren gehandelt. Nach über einem Jahr | |
erklärte sich der geschasste Premier dazu bereit, das Land freiwillig zu | |
verlassen und für zehn Jahre ins Exil nach Saudi-Arabien zu gehen. Im | |
Gegenzug begnadigte ihn Musharraf, der sich inzwischen zum Präsidenten der | |
Landes erklärt hatte. Im Dezember 2000 verließ Sharif mit 40 Mitgliedern | |
seiner Familie das Land. | |
Der Militärmachthaber ist nervös, denn noch nie war der Widerstand gegen | |
sein Regime so groß. Seine Amtszeit als Präsident endet formal im Oktober. | |
Erst vor zwei Wochen hat das Oberste Gericht des Landes eine Klage gegen | |
seine Doppelrolle als Militärchef und Präsident zugelassen und bedroht | |
somit seine Wiederwahl. Im Mai kam es in mehreren Städten zu | |
Massenprotesten gegen das Regime. Sharif hingegen, dem während seiner | |
Amtszeit der Ruf anhaftete, träge und entscheidungsunfreudig zu sein, ist | |
heute in Pakistan ein Volkstribun. Im Vorfeld seiner vereitelten Rückkehr | |
konnte er sich die Unterstützung nahezu aller Oppositionsparteien des | |
Landes sichern. Nach aktuellen Umfragen ist Sharif der beliebteste | |
Politiker des Landes und würde aus freien Wahlen als klarer Gewinner | |
hervorgehen. | |
11 Sep 2007 | |
## AUTOREN | |
Sascha Zastiral | |
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