# taz.de -- Die neue Chefredaktion: Dehnübungen der taz | |
> „Zu viel Lärm“, „zu mainstreamig“ – über unsere Corona-Berichters… | |
> und die Debatte über Rassismus in der Polizei gingen die Meinungen | |
> zuletzt stark auseinander. | |
Bild: Die taz-Redaktionsspitze: Ulrike Winkelmann, Katrin Gottschalk und Barbar… | |
von [1][Katrin Gottschalk], [2][Barbara Junge] und [3][Ulrike Winkelmann ] | |
Dieses Jahr waren wir uns einmal in der Redaktion nahezu alle einig. Wir | |
hielten die ersten Coronamaßnahmen der Regierung für richtig, ein | |
Vermummungsgebot, also eine Maskenpflicht, haben wir mit als Erste | |
gefordert. Und die sogenannten „Hygienedemos“ haben wir eher als „alles | |
Käse“ kommentiert. Das hat einige von Ihnen, liebe Genoss*innen, sehr | |
gestört. | |
Plötzlich war die taz anders. Die Redaktion der taz war sich so | |
überraschend einig. Einig darin, dass die politische Leitungsebene den | |
Start der Krise ganz gut gesteuert hat, dass ein liberaler Lockdown nötig | |
war. Aber: Wo blieb die Machtkritik? Manche fanden, wir würden zu | |
mainstreamig klingen. Als Antwort darauf haben wir eine | |
[4][Entschwörungs-taz] gemacht. Mit Ihnen. Auf Ihre Verve ist Verlass. | |
Die innerredaktionelle Einigkeit ist allerdings in der taz eher eine | |
Ausnahme. Sichtbar wurde das Mitte Juni, nachdem die Kolumne „All cops are | |
berufsunfähig“ von unserer Autor:in Hengameh Yaghoobifarah erschien. Die | |
Kolumne selbst [5][entwickelte sich beinahe zur Staatskrise]. | |
Bundesinnenminister Horst Seehofer kündigte eine Strafanzeige an, hinter | |
den Kulissen wurde er zurückgepfiffen. | |
## Was soll der Lärm? | |
Aber auch unter Kolleg:innen und Genoss:innen gab es Streit – aus | |
verschiedensten Gründen. Für manche überschritt die Kolumne eine Grenze, | |
für andere war die Grenzüberschreitung die fehlende sichtbare Solidarität | |
mit der Autor:in. Wieder andere haben sich gefragt: Was soll der Lärm? Die | |
taz ist schließlich vor über 40 Jahren mit Sympathien zur RAF gestartet. | |
Die taz heute ist eine andere als die taz von 1978. Sie ist raus aus der | |
Nische. Das stellte im Juli auch der Vorstand der rechtskonservativen | |
WerteUnion fest: „Mit knapp 50.000 Druckexemplaren spielt die Zeitung eine | |
nicht unwesentliche Rolle in der Medienöffentlichkeit unserer | |
Bundesrepublik.“ Und weil die taz so wichtig und so linksradikal ist, solle | |
der Verfassungsschutz uns beobachten. Ein Kollege schrieb dazu im Intranet | |
der taz: „Die Leute lesen eine andere Zeitung als die, für die ich arbeite, | |
aber okay.“ So gehen die Meinungen auseinander. Wir dehnen uns. | |
Unser Anspruch ist es, sämtliche Meinungen im linken Spektrum abzubilden. | |
So steht es auch in unserem publizistischen Konzept der taz im Netz, Sommer | |
2018. Die taz ist eine tägliche Dehnübung. Die Dehnung erzeugt Spannung, | |
sie hält uns jung. Wir brauchen viele Perspektiven in einer vielschichtigen | |
Zeit. Das betrifft nicht nur Corona, die Polizei oder antirassistische | |
Strategien. | |
## Eine andere Genossenschaftsversammlung | |
Auch die soziale Frage wird sich in den nächsten Monaten immer drängender | |
stellen. Was passiert mit den Klimazielen nach der coronabedingten | |
Erholung? Wie könnte ein Umbau der Gesellschaft funktionieren, der sozial | |
und ökologisch ist? Und: Wer wird Kanzler:in? | |
Die Genossenschaftsversammlung wird dieses Mal anders sein, notgedrungen | |
weniger dialogisch. Für die wichtige Diskussion über diese Perspektiven | |
haben wir dennoch eine Form gefunden, wie Sie im Programm sehen können. | |
Weil Sie schließlich Teil der Debatte sind. | |
Die taz liegt in den Regierungsbüros, bei NGOs genauso aus wie in der | |
Wohngemeinschaft. Das ergibt die Relevanz der taz. Leisten können wir uns | |
diese Breite, weil wir von Genoss:innen, von Ihnen, getragen werden, die | |
auf eine tägliche Dehnübung taz in der deutschen Presselandschaft nicht | |
verzichten wollen. Vielen Dank für Ihre Unterstützung. | |
17 Aug 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Katrin-Gottschalk/!a249/ | |
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[3] /Ulrike-Winkelmann/!a41/ | |
[4] /Sonderausgabe-am-20-Mai-2020/!170911/ | |
[5] /In-eigener-Sache/!5696448/ | |
## AUTOREN | |
Katrin Gottschalk | |
Barbara Junge | |
Ulrike Winkelmann | |
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