# taz.de -- Andreas Kraniotakes erzählt: Märchen sind mühsamer | |
> Er ist Käfigkämpfer, Pädagoge – und Kinderbuchautor. Eine irritierende | |
> Mischung? Von wegen! | |
Bild: Mann im Käfig: Andreas Kraniotakes in Kampfmontur. | |
taz: Herr Kraniotakes, wer Sie kennt, weiß vom Kampfsportler, vom | |
Schwergewichtler, vom „Käfigkämpfer”. Was hat Sie denn dazu bewogen, ein | |
Kinderbuch zu schreiben? | |
Andreas Kraniotakes: Ich kann nicht zeichnen, nicht singen und ich kann | |
kein Instrument spielen. Aber ich kann Geschichten erzählen. Und ich liebe | |
Geschichten. Ich bin mit den klassischen Kindergeschichten aufgewachsen, | |
den „Drei ???” zum Beispiel. Meine Familie ist oft umgezogen, immer eine | |
neue Umgebung. Aber die Geschichten blieben bei mir. | |
Wie sind Sie dann auf genau diese Geschichte gekommen, die des kleinen Mo, | |
die Sie im Buch „Der Schwarze Ritter” erzählen? | |
Mein bester Freund ist als Flüchtling aus dem Iran gekommen. Die Art und | |
Weise, wie er damit umgegangen ist, hat mich immer sehr beeindruckt. Davon | |
ist die Geschichte inspiriert. | |
Was haben Sie denn für Rückmeldungen bekommen? | |
Mein persönliches Highlight: Ich war in einer Radiosendung eingeladen, und | |
der Moderator hat mir quasi live gestanden, dass er beim Lesen Tränen in | |
den Augen hatte. Das ist für mich das größte Kompliment. Wenn ich es | |
schaffe, mit einer Geschichte Menschen zu berühren, dann ist das schon | |
etwas sehr Besonderes. | |
Bei Kämpfen sieht man Sie als urwüchsigen Fighter, der mit | |
Gladiatorenuniform einmarschiert, andererseits schreiben Sie ein | |
Kinderbuch. Haben Sie Spaß an solchen Rollenwechseln? | |
Sehr. Wir alle tendieren doch dazu, in Schubladen zu denken, und das müssen | |
wir ja auch, um unsere komplexe Welt für uns verständlich zu machen. Ich | |
mag es, durch diese Gegensätze herauszufordern. Ich bin ja auch noch | |
„gebildet”, habe also einen Uni-Abschluss, noch dazu in Pädagogik, also so | |
was ganz Sanftes. | |
Und im Kontrast dazu das martialische Auftreten im Kampfsport. Ich genieße | |
das, weil es Denkprozesse in Gang setzt, wenn man Leute zwingt, ihre | |
Annahmen über andere in Frage zu stellen. | |
Was ist schwerer: sich auf einen Kampf vorzubereiten oder ein Kinderbuch zu | |
schreiben? | |
Beim Kinderbuch habe ich nichts zu verlieren, deshalb war das einfacher. | |
Bei einem Kampf weiß man nie, was kommt. Es kann sein, dass man perfekt | |
vorbereitet ist, und am Ende wird man innerhalb von zehn Sekunden k. o. | |
geschlagen. Das Kinderbuch ist zwar ein mühseliger Prozess, aber der ist | |
sehr viel besser auszurechnen. | |
Sie sind ausgebildeter Pädagoge – aber haben Sie denn je als solcher | |
gearbeitet? | |
Während des Studiums habe ich Kinder und Jugendliche mit Lernschwächen | |
betreut. Und in den letzten zwei Jahren habe ich einem Bekannten geholfen, | |
ein Deeskalationsteam aufzustellen. | |
Es geht um gewalttätige Kinder und Jugendliche in Jugendeinrichtungen. Mit | |
dem Deeskalationsteam helfen wir den Pädagogen vor Ort, die oft überfordert | |
sind. Aber ich muss zugeben: In meinem Leben steht der Sport im | |
Mittelpunkt. | |
Was hat Sie überhaupt zur Pädagogik gebracht? | |
Das Gleiche wie zum Kämpfen: Ich wollte etwas über mich selbst | |
herausfinden. Das Pädagogikstudium hilft, das eigene Potenzial zu sehen und | |
auszuschöpfen. Beim Sport war es ähnlich: Wie bin ich, wenn ich mich einer | |
solchen Extremsituation stelle? Ich finde alles gut, was mich als Mensch | |
weiterbringt. So was wie Geld stelle ich immer hintenan. | |
Wird es ein weiteres Kinderbuch von Ihnen geben? | |
Ja, die Geschichte ist schon fast abgeschlossen! Sie wird ganz anders | |
werden. Aber was bleibt: Ich will keine heile Welt vorgaukeln. In meinen | |
Geschichten gibt es immer dunkle Momente. Ich will zeigen, dass man die | |
überwinden kann. | |
Das Interview führte BERND PICKERT | |
27 Mar 2015 | |
## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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