# taz.de -- Union feiert Tribüne und Sieg: Das Stadion als Großraumdisko | |
> Eisern Union weiht mit einem Freundschaftsspiel gegen Celtic Glasgow die | |
> neue Haupttribüne ein – und gewinnt 3:0 | |
Bild: Mit der neuen Tribüne ist der Stadionumbau abgeschlossen | |
Ach Fußball, alte Liebe. Wie schnell man ihn doch vermisst, den Rasen, der | |
90 Minuten lang die Welt bedeutet. Umso schöner, am Freitagabend dieses | |
saftige, kräftige und sorgsam gestutzte Grün in der Alten Försterei zu | |
sehen, wo Union mit einem Freundschaftsspiel gegen den schottischen Meister | |
Celtic Glasgow die Saison einläutete und gleichzeitig die neue Haupttribüne | |
einweihte. | |
Von „einem Tag voller Stolz für den Verein“ sprach Klubpräsident Dirk | |
Zingler, da man so lange an dem nun komplett renovierten Stadion gearbeitet | |
habe. Und schließlich ist der Bau dank Union-Vereins-Aktien in eigener | |
Hand: „Das Stadion gehört zu 100 Prozent Union.“ | |
Die Tribüne wirkt dabei mit seinen ockerfarbenen Klinkersteinen und | |
schlichter Gestaltung wie eine architektonische Reminiszenz an die Zeit der | |
Industrialisierung, auch die Inneneinrichtung („Zum Sportplatz“) ist | |
entsprechend retro. Insgesamt passt der Bau gut nach Köpenick und zum | |
Verein. Außen hat man vorsichtshalber schon mal einen Balkon für einen | |
stattlichen Empfang angebracht, falls es in näherer Zeit mal | |
Meisterschaften zu feiern geben sollte. | |
## „Wir werden ewig leben!“ | |
Zur Einweihungsparty brüllten 21.873 Unioner nun zunächst beim Singen der | |
Eisern-Union-Hymne extra laut mit: „Wir werden ewig leben!“ Das Team | |
Celtics erweist sich dann als höflicher, schwach spielender Gast – Union | |
gewinnt völlig verdient mit 3:0. So kann der Köpenicker Verein sich jetzt | |
auch noch auf die Fahnen schreiben, einen 44-fachen Meister bezwungen zu | |
haben – so oft hat der prominente Gegner die schottische Liga gewonnen. | |
Die Berliner Dudelsack-Combo Black Kilts läutet den Abend zu Ehren der | |
Gäste ein. Eine etwa 20-köpfige Truppe tänzelt mit Schottenrock am | |
Mittelkreis. Das Outfit, vor allem die weißen Stiefel, weiß noch | |
einigermaßen zu überzeugen, Musik und Parade lösen dann eher | |
Schützenfest-Assoziationen aus. | |
Als aber Depeche Modes „I just can’t enough“ ertönt, eine der Hymnen der | |
Celtic- lasgow-Fans, wird es musikalisch besser. Die Fans im grün-weiß | |
gestreiften Sträflingslook hüpfen im Gästeblock und singen mit, es folgen | |
laute „Alerta, Alerta, Antifascista“-Rufe. „Es waren überwiegend deutsche | |
Celtic-Fans da“, sagt eine Berlinerin mit schottischen Wurzeln später, | |
„viele St.-Pauli-Fans, die auch mit Celtic sympathisieren.“ Die beiden | |
Fanszenen sind befreundet, das traditionsreiche Celtic hat weltweit eine | |
große Sympathisantenschar. | |
Die letzten Testspiele vor Saisonbeginn (Union spielt am kommenden Sonntag | |
gegen Bochum) gleichen dabei immer auch einem Beschnuppern der neuen | |
Spieler. Bei Union stehen die Neuzugänge Martin Dausch, der vom VfR Aalen | |
kam, Sören Brandy (vom MSV Duisburg), Mario Eggimann (Hannover 96) und der | |
Kroate Damir Kreilach auf dem Platz. Alle machen ihre Sache gut, | |
insbesondere die Mittelfeldspieler Dausch und Kreilach könnten echte | |
Verstärkungen sein (Abwehrspieler Eggimann, der im Spiel nicht so auffällig | |
war, ohnehin). | |
Die Unioner Fangemeinde hat die Sommerpause ebenfalls nicht ungenutzt | |
verstreichen lassen – ein, zwei neue Gesänge sind beim wie immer gewaltigen | |
Support zu vernehmen. | |
Flott legen die Herren in Rot dann los, Unions Patrick Kohlmann schießt | |
nach zwei Minuten knapp drüber. Simon Terodde hält dann nach elf Minuten | |
volley drauf, 1:0 für Union. Dausch vergibt nach einer halben Stunde eine | |
weitere sehr gute Chance. Celtic enttäuscht eigentlich die gesamten 90 | |
Minuten über und wirkt nicht sonderlich motiviert – der Gastgeber überzeugt | |
umso mehr. | |
Die zweite Halbzeit beginnt erneut mit einem frühen Tor für Union, diesmal | |
ist es Mittelstürmer Brandy, der den Ball aus der Luft ins Tor bugsiert. | |
Auch wenn Celtic danach ein wenig mehr ins Spiel investiert, bleibt Union | |
das dominante Team. Drei Minuten vor Ende der Partie besorgt Kreilach im | |
Anschluss an eine Ecke mit einem Kopfball das 3:0. | |
Nach dem Spiel gibt es noch eine Show mit Musik und Feuerwerk, gleichzeitig | |
sehen sich die Union-Fans langsam bereit für höhere Ziele: „Nie mehr Zweite | |
Liga“, singen sie. Die Gitarrenshow am Mittelkreis ist dann aber doch eher | |
unterklassig: Während ein einziger Gitarrero ordentlich post und sein | |
Arbeitsgerät phallisch gen Himmel reckt, spielt er ein Medley aus | |
Metallica-, White-Stripes- und Deep-Purple-Akkorden. Gleichzeitig lassen | |
sich trommelnde Artisten an Seilen vor der neuen Haupttribüne in die Höhe | |
ziehen. | |
Als das Stadion dann dank exzessiven Einsatzes von Nebelmaschine und | |
Laserstrahlen zur Großraumdisko wird, muss man sich das nicht mehr | |
unbedingt antun. Da lässt man doch lieber den Ball auf sattem Grün rollen. | |
14 Jul 2013 | |
## AUTOREN | |
Jens Uthoff | |
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