Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
David Bowie – Chamäleon der Popkultur
by Manfred Heinfeldner
Thumbnail
Download
Web page
David Bowie
Cham leon der Popkultur
Von Manfred Heinfeldner
Sendung: Donnerstag,
Redaktion: Anja Brockert
Regie: G nter Maurer
Produktion: SWR 2016
27 Min
Als Mensch war er ein "Mann aus Eis"- als Musiker eine
Ikone. Weltber hmt sind Songs wie "Heroes" und "Let s
dance". Seine Shows waren glamour se Kunstwerke. Was
bleibt von Bowie, ein Jahr nach seinem Tod?
Selten lagen Triumph und Tod bei einem K nstler so nahe
beieinander wie bei David Robert Jones, besser bekannt
als David Bowie. Vor einem Jahr, am 8. Januar 2016,
feierten seine Fans in den Berliner Hansa-Studios das
neue Album "Black Star". Es war Bowies 69. Geburtstag.
Zwei Tage sp ter wurde sein Tod bekanntgegeben.
Der Stern eines Mannes war erloschen, der die Pop-Musik
so stark gepr gt hat wie die Beatles und die Rolling
Stones. Ein Grenzg nger und Revolution r des Rock, ein
Vagabund der Verwandlung mit vielen, oft widerspr
chlichen Gesichtern.
Das Pseudonym
David Jones wird 1947 im Londoner Stadtteil Brixton
geboren. Den Namen, unter dem wir ihn heute alle kennen,
nimmt er 1965 an. Er ist ein Erbe seiner Teenager-Zeit,
als er mit ein paar kurzlebigen Kneipenbands alle m
glichen Stile der aufkommenden Beat-Musik ausprobiert und
die Musik erfolgreicher Gruppen kopiert, von den Rolling
Stones bis zu den Yardbirds.
Damals spielt er mit Pseudonymen wie "Luther" oder
"Calvin", doch seine Vorliebe f r amerikanische Popmusik
l sst ihn schlie lich den Nachnamen des texanischen
Pioniers James Bowie annehmen, nach dem ein ber hmtes
Messer benannt ist.
Als David Bowie also erklimmt er 1969 die ersten Stufen
zum Ruhm mit einer eher depressiven Weltraum-Ballade:
"Space Oddity". Ein Song, zu dem ihn Stanley Kubricks
Film 2001 inspiriert hat. Und der im Jahr der ersten
Mondlandung die damit verbundene Euphorie in Frage
stellte. "Space Oddity" besingt die Einsamkeit im All.
Problematische Familie
Bowie steigt damit vom Vorstadt-Rocker zum Pop-Star auf.
Und findet einen Weg, pers nlichen Traumata mit seinen k
nstlerischen Interessen zu verbinden.
Bowie war ein schon in der Jugend ein Einzelg nger und
musste sich mit einer exzentrischen Familie herumschlagen.
Der Gro vater war ein gewohnheitsm iger Hochstapler, der
Vater trank sich fr h zu Tode, der Halbbruder hatte
psychische Probleme. Bowie interessierte sich f r
Okkultismus und d stere Science Fiction, spielte aber
auch in Laien-Theatergruppen mit, sch tzte Pantomime und
entdeckte als junger Musiker im Swinging London der fr
hen 60er Jahre seinen Hang zur Mode.
In diesen Jahren lernt David Bowie auch den Pop-K nstler
Andy Warhol in New York kennen und mit ihm seine Kunst-
Kommune in einer Fabrikhalle, zu der auch die Band
"Velvet Underground" geh rt. Von ihnen bernimmt David
Bowie ein Konzept, das er zur Perfektion entwickeln
sollte: K nstlichkeit als Performance-Prinzip. Das
musikalische Resultat ist eine d ster-heftige Musik, die
Jahrzehnte Hardrock, Punk und Grunge vorwegnimmt.
Ein sch chterner Au erirdischer
F r seine Show entwickelt David Bowie mit Hilfe seiner
Frau Angela etwas, was wir heute als "Avatar" bezeichnen
w rden. Eine unverwechselbare B hnenpers nlichkeit,
hinter der sich der damals noch sch chterne Musiker gro
artig verstecken kann: "Ziggy Stardust", konzipiert als
Au erirdischer, der der Menschheit ihren bevorstehenden
Untergang musikalisch ank ndigt, in einer bis dahin noch
nie gesehenen B hnenshow. Die Zeitgenossen hielten den
Atem an.
Das Album "The Rise And Fall Of Ziggy Stardust" schrieb
Geschichte: Bowie wurde die Galionsfigur des "Glam Rock" -
ein Musikstil, der eine Revolution ausl ste. In den 60-
er Jahren war der Beat wie zuvor der Rock Roll
nnerdominiert, seine Helden waren breitbeinige Gitarren-
"G tter".
Mit Bowie und den Glamrockern nderte sich das: Sie trugen
Kleider und legten opulentes Makeup an. Machten Travestie
b hnenf hig, verk rperten mit ihrem androgynen Auftreten
augenf llig sexuelle Mehrdeutigkeit. Auf der B hne
tauchten Glanz und Glitter auf. Die bislang
alleinherrschenden Rock-Machos bekamen erfolgreiche
Konkurrenz.
Neue Sounds
Mitte der 60-er Jahre entdeckt die Londoner Beat-Szene
die Tradition der Musikhallen und der B nkels nger
wieder. Einer dieser Musiker, Tony Newley, hat es David
Bowie besonders angetan, er kopiert sogar dessen Cockney-
Akzent erste Gehversuche in Richtung "Ziggy Stardust".
Gleichzeitig berschwemmen musikalische Au enseiter wie
der "Marquis of Kensington", "Screaming Lord Sutch" oder
"Napoleon XIV" die Popmusik. Vor allem Napoleon, ein
amerikanischer Toningenieur, experimentiert mit neuen
Sounds und Techniken, mit Vocoder und Bandmaschinen. Auch
davon l sst sich David Bowie inspirieren.
Gleichzeitig unternimmt er Ausfl ge in die Welt des
Theaters, spielt selbst immer wieder in Auff hrungen mit.
Und er ist fasziniert vom Buddhismus. Ein Ausfluss der
Hippie-Bewegung Ende der 60er-Jahre, deren Vision einer
friedlichen Welt und einer Kultur fern der konservativen
Gesellschaft eine eigene Jugendkultur geformt hat.
Durchdachtes Kunstkonzept
Vor dem Hintergrund des Vietnamkriegs und den Gewalt-
Exzessen des Satanisten und M rder Charles Manson l sst
sich David Bowie von Bands inspirieren, die mit d steren
Sounds experimentieren, wie "Velvet Underground". Deren
Mentor Andy Warhol hat dem aufstrebenden Popstar aus Gro
britannien vermittelt, wie wichtig ein durchdachtes
Kunstkonzept ist.
Bowie kreiert f r sich ab Anfang der 70er Jahre eine
Reihe von Au enseiterrollen. Der st ndige Wandel geh rte
wesentlich zu David Bowies Konzept. War eine Figur
ausgereizt, folgte eine neue, manchmal verbunden mit
einem Wechsel des Musikstils.
Bowie lebt damals auf der berholspur, berwiegend in den
USA, im st ndigen Rhythmus von Studio, Touren und
Parties. Erfolgreich, aber meist zugedr hnt und k
nstlerisch ausgebrannt. Er sieht, dass es so nicht
weitergehen kann.
Ruhe in Berlin
Diese Zweifel und seine Kokain-H lle in Hollywood
veranlassen Bowie, auf der H he seines Ruhms sein Leben
total umzukrempeln. 1976 zieht er in die Schweiz und nach
West-Berlin. Bowie sucht die Anonymit und neue
musikalische Erfahrungen.
Deutsche Experimental-Musiker wie "Kraftwerk", "Neu!"
oder "Faust" erregen seine Neugier, Bowie sucht den
Kontakt zu ihnen. Drei Jahre lebt der zum Anti-Helden
gewordene Star in West-Berlin und produziert dort mit
seinem Ton-Ingenieur Tony Visconti, dem Ambient Music-
Pionier Brian Eno und dem Gitarristen Robert Fripp drei
Alben: "Low", "Heroes" und "Lodger".
Fans wie Musikkritiker z hlen sie heute zu Bowies
innovativster Musik. Bowie experimentiert mit fr hen
Formen des Synthesizers und komponiert St cke, die viele
Musiker beeinflusst haben: elektronische Sound-
Landschaften ebenso wie dynamisch ungew hnliche Songs mit
zersplitterten Melodien.
Der schwarze Stern im Himmel
Als Rockstar war Bowie an die Spree gezogen, verlassen
hat er Berlin als vielseitiger K nstler: Schauspieler,
Maler, Performer und als Vaterfigur nachfolgender Musiker-
Generationen des New Wave, Britpop und Grunge. Er hat
avantgardistische Techniken in den Mainstream
eingeschleust und so die Popmusik grundlegend
ver ndert.
Damals jedoch waren seine in Berlin produzierten Platten
f r viele Zeitgenossen zu experimentell. Und folglich
finanzielle Flops. Bowie lebt seit 1979 wieder in den
USA. Dort produziert er einen weiteren weltweiten Hit:
"Let s Dance" ein Flaggschiff-Song der hedonistischen
80er Jahre. Gleichzeitig experimentiert er mit Bands wie
"Tin Machine" ungeniert weiter.
Daneben sammelt und produziert er Kunst, Bilder und
Skulpturen. Und verfolgt eine durchaus beachtliche
Filmkarriere: Bowie spielt bei der Kultserie "Twin Peaks"
mit und verk rpert im Film ber den New Yorker K nstler
Jean-Michel Basquiat dessen - und seinen eigenen - Mentor
Andy Warhol.
Um die Jahrtausendwende wird seine Musik quasi "geadelt",
als der Komponist Philip Glas Teile von Bowies Werk neu
vertont. Wegen schwerer Krankheit tritt Bowie in seinen
letzten Jahren k rzer. Mit seinem letzten Album "Black
Star" hat er gespenstisch genau getimt einen
experimentellen Schluss-Akkord f r sein k nstlerisches
Werk gesetzt.
Dessen zentrale Themen sind heute virulenter denn je:
Entfremdung, Isolation und gestohlene Identit ten.
Date Published: 2021-03-08 20:53:54
Identifier: david-bowie-chamaleon-der-popkultur
Item Size: 52544954
Language: ger
Media Type: audio
# Topics
Feature
# Collections
radioaufnahmen
radioprograms
# Uploaded by
@dirkdiggler33
# Similar Items
View similar items
PHAROS
You are viewing proxied material from tilde.pink. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.