Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Will jetzt noch wer hierher?
> INTENDANZ Der Wirbel um eine eventuell existierende „Viererliste“ zur
> Frey-Nachfolge zeigt, wie aus einer Nachricht „Rufmord“ werden kann
Das Gerede über die Neubesetzung des Intendantenposten am Goetheplatz folgt
dem Prinzip Stille Post: Am Ende wird aus einer möglicherweise richtigen
Nachricht definitiver Quatsch.
Start dieser Desinformations-Kette war am Mittwoch in Berlin. Dort tagte
zum zweiten Mal die Findungskommission, die bis zum Sommer einen Nachfolger
für Hans-Joachim Frey suchen soll. Noch in der selben Nacht folgte eine
Meldung auf sueddeutsche.de: Der Online-Dienst brachte eine Viererliste mit
den vermeintlichen Top-Kandidaten, verbunden mit der Bewertung, dass es
sich um wenig renommierte Namen handle – Bremen gehöre eben „kaum mehr“ …
zweiten Theaterliga.
Radio Bremen als nächster „Weiter-Flüsterer“ übernahm unbesehen das Urte…
es stünden nur wenig potente Kandidaten zur Verfügung: Dem Bielefelder
Intendanten Michael Heicks, der auf der Viererliste stehen soll, wurde in
einem Beitrag des Nordwestradios gar das Haus geschlossen – offenbar eine
Verwechslung mit der bedrohten Wuppertaler Bühne.
Was komplett übersehen wird: Sollte unter den Vieren tatsächlich jemand für
Bremen ins Auge gefasst worden sein, wäre das eine gute Nachricht. Der in
Bremen lebende Michael Börgerding beispielsweise ist dem breiten Publikum
zwar in der Tat nicht bekannt. Als langjähriger Chefdramaturg von Ulrich
Khuon, mit dem er die Autorentheatertage in Hannover und Hamburg
entwickelte, gehört er jedoch zu ersten Riege der deutschen Theatermacher.
Noch besser als Börgerding, dem man – in Hinblick auf Regiebesetzungen –
einen etwas frauenfreien Spielplan anlasten kann, wäre Ress Bosshart. Der
ebenfalls genannte und damit wohlmöglich leider zur Unzeit „verbrannte“
Bosshart entspricht genau der Theaterphilosophie, die nach dem
Frey-Desaster am Goetheplatz Einzug halten soll: profilierte Konzepte statt
teurer Promis, Instinkt für Innovation statt neureiche Distinktion.
Bosshart, im Stille Post-System lediglich als „Leiter einer Agentur in
Berlin“ klassifiziert, hat die Entwicklung der Hamburger Kampnagel-Fabrik
geprägt und dabei ausstrahlungskräftige Festival-Formate wie die „Jungen
Hunde“ entwickelt.
Die angeblich peinliche „Viererliste“ birgt also reichlich Potential. Doch
die Message, die derzeit stattdessen verbreitet wird, bewirkt das
Gegenteil: Sie ist dazu geeignet, die Behauptung zur Nachricht zu machen –
dem Goetheplatz personell gesehen also tatsächlich das Wasser abzugraben.
Die medialen Ausläufer des Bremen-Bashings sind bis ins „Westfalen-Blatt“
zu besichtigen. Die Vorsitzende des Bielefelder Theatervereins wird dort
mit den Worten zitiert: „Eine Bewerbung an ein in Verruf geratenes Haus wie
Bremen macht keinen Sinn.“ Und sie setzt noch oben drauf: Zu behaupten,
Heicks wolle nach Bremen, grenze bereits „an Rufmord“.
Henning Bleyl
20 Feb 2010
## AUTOREN
Henning Bleyl
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.