# taz.de -- unbeteiligt: Die Hauptsache ist, dass es nach Mitbestimmung klingt | |
Um die Meinung der Bürger*innen wurde am Freitagabend in Hamburg-Altona | |
gebeten: Wer wollte, konnte sich dort die Entwürfe für die künftige | |
Architektur und Gestaltung des Thyssen-Krupp-Areals ansehen und darüber | |
urteilen. Das Areal liegt direkt gegenüber des künftigen Altonaer | |
Fernbahnhofs am Diebsteich – ein riesiges und ebenso umstrittenes | |
Bauprojekt. Nachdem die Stadt und die Deutsche Bahn das Vorhaben gegen | |
Widerstände der Anwohner*innen durchdrückten, sollten die nun immerhin | |
über die Umsetzung des Thyssen-Krupp-Areals mitentscheiden können, für das | |
etwa ein neues Stadion und eine Musikhalle geplant sind. Klingt nach | |
Mitbestimmung, oder? Beim Besuch der Veranstaltung offenbarte sich jedoch: | |
Es war eine reine Pseudo-Version von Bürger*innenbeteiligung. | |
Schon etwas kryptisch war auf der Website zu erfahren, der Zugang zur | |
Veranstaltung sei „nördlich der Postfiliale“. Ich gab die Adresse ein, die | |
auf der Website steht, und hoffte darauf, dass meine Handynavigation den | |
Rest erledigt. 25 Minute später irrte ich immer noch um das gigantische | |
Areal herum – mittlerweile mit Mitstreitern, die auch den Weg suchten. | |
## Beteiligung gibt es nur für die, die sie finden | |
Nach einer halben Stunde fanden wir den richtigen Eingang, was an den | |
gelegentlich aufgehängten Dina-A4-Zetteln zu erkennen war, die immerhin | |
dank der Taschenlampe des Handys zu erkennen waren. Das zeigt schon: Hier | |
gibt es Bürger*innenbeteiligung nur für diejenigen, die sie finden. | |
Am Ausstellungsgebäude angekommen musste zunächst eine | |
Verschwiegenheitserklärung unterschrieben werden. Jeder bekam ein | |
Klemmbrett mit Abstimmungszetteln, um die einzelnen Entwürfe zu bewerten. | |
Dort schon führten Kritiker*innen des Projekts Diskussionen darüber, ob | |
es denn überhaupt etwas bringe, hier eine Meinung abzugeben. | |
Ich fragte den Herren, der mir das Klemmbrett gegeben hatte, ob die | |
Ergebnisse der Abstimmung denn öffentlich einsehbar wären, worauf ein | |
klares „Nein“ folgte. Auch die Preisgerichtssitzung sei nicht für die | |
Öffentlichkeit bestimmt. Egal, was die Bürger*innen von den Entwürfen | |
halten, wir werden es nicht erfahren. Welche Rolle die Meinung der | |
Bürger*innen bei der Entscheidung des Preisgerichts spielt, bleibt also | |
für immer unklar. | |
Einmal mehr zeigt die Veranstaltung die immer wieder vorgebrachte Kritik an | |
der üblichen Ausgestaltung von Bürger*innenbeteiligung in Hamburg: Sie | |
dürfen zwar ihre Meinung äußern, doch am Ende wird gemacht, was die Stadt | |
ohnehin geplant hatte. Dann heißt es zwar, dass man weiterhin im Dialog | |
bleiben würde, letztlich entspringt daraus allerdings in den seltensten | |
Fällen etwas. | |
Das liegt vor allem daran, dass ganz offensichtlich keine Bereitschaft von | |
Seiten der Politik gegeben ist, rechtzeitig Bürger*innen an | |
Entscheidungen zu beteiligen – geschweige denn in einen öffentlichen Dialog | |
zu treten. Paul Weinheimer | |
14 Dec 2022 | |
## AUTOREN | |
Paul Weinheimer | |
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