# taz.de -- die wahrheit: Wohnen mit Waranen | |
> Eines sollte man aus den Missbrauchsfällen der vergangenen Monate gelernt | |
> haben: Es lohnt nicht, Dinge zu verbergen, die am Ende doch herauskommen | |
> werden. | |
Und so gebe ich hier freimütig zu, seit längerem einen Waran im Haus zu | |
haben. Den Außenstehenden, der von draußen durchs Fenster schielt, mag das | |
erstaunen, aber die Waranhaltung bringt vielfältige Vergünstigungen im | |
Alltag mit sich! Das geht los mit dem Spareffekt beim Baden. Kaum hört Wawa | |
das Geräusch des einströmenden Badewassers, schon gleitet er in die Wanne | |
und bringt den Wasserpegel auf einen Stand, für den man sonst Stunden | |
bräuchte. Wenn ich dann zu ihm ins Wasser steige, schaffen wir lässig den | |
Wannenrand. Das spart hunderte Hektoliter auf der Wasseruhr. | |
Die Wohnungsverwaltung ist seitdem sehr vorsichtig geworden bei ihren | |
unangemeldeten Kontrollbesuchen. Die Haltung fast aller Arten von | |
Vierbeinern ist durch den Mietvertrag ausgeschlossen, nur Komodowarane | |
hatten sie vergessen zu verbieten. Zum Glück! Kein Paketdienst wagt es | |
mittlerweile mehr, uns frühmorgens herauszuklingeln, um bei uns die | |
Amazon-Lieferungen fürs ganze Haus loszuwerden. Denn hinter der Wohnungstür | |
lauert der Amazonas höchstpersönlich. | |
Durch angelehnte Türen zu züngeln ist überhaupt die Lieblingsbeschäftigung | |
von Waranen. Auch beim Briefzukleben und Briefmarkenbefeuchten ist Wawa | |
gern dabei, und er ist nicht mehr zu halten, wenn jemand einen Tabaksbeutel | |
lüftet. Sein Lieblingstabak ist Batavia aus der alten Heimat. Beim | |
Zigarettendrehen läuft ihm sofort die Spucke im Maul zusammen. Kaum hat man | |
ihm das Blättchen hingehalten, schon hat es die ideale Nässe. | |
Auch Müllprobleme hat ein Waran-Halter kaum noch. Die lästige Trennung in | |
Verpackungen (Gelber Sack), pflanzliche Essensreste (Biotonne) und | |
Küchenabfälle (Normalmüll) entfällt. Warane trennen nicht beim Fressen. Da | |
ist oft hinterher sogar der Eimer weg. In schroffer Abkehr von der alten | |
Bauernregel: "Wat der Waran nich kennt, dat fritt er am liebsten." | |
Auch außerhalb der Wohnung sind Warane dankbare Begleiter. Bei | |
Spaziergängen haben ihre Halter stets freie Bahn. Das scheibenwischerartige | |
Breitspurschlendern erwachsener Komodowarane kann ganze Fußgängerzonen | |
freiräumen. Dabei hat Wawa meistens nur ein Ziel: den Metzger seines und | |
meines Vertrauens. Kaum sind wir im Laden, schon nutzt er die ergonomisch | |
einladende Schräge der Bedienungstheke, bäumt sich kurz auf, legt seinen | |
Kopf flach neben den Bezahlteller und züngelt Richtung Speiseplan. Die | |
Frage, ob "geschnitten oder am Stück" gewünscht wird, wird dann völlig | |
überflüssig und kaum mehr gestellt. Eher schon die Frage: "Und darfs denn | |
heute mal eine Rinderhälfte mehr sein?" | |
Selbstverständlich sagt man nicht immer "Ja". Vor allem, wenn noch andere | |
Kundschaft in der Metzgerei lauert. Etwas sollte man schon aus Höflichkeit | |
übrig lassen. Und den "Rinderhälftenbringdienst" gibt es dank Wawa ja jetzt | |
auch außer Haus. | |
27 Jul 2010 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Umbach | |
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