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# taz.de -- Zwangsversteigerungen in den USA: Rekordzahl bei Räumungsklagen
> Niemals wurden so viele Hauseigentümer in den USA mit
> Zwangsräumungsklagen belegt wie jetzt. Womöglich gab es dabei tausende
> ungerechtfertigte Bescheide.
Bild: USA: Drei Millionen Häuser wurden seit 2007 zwangsgeräumt.
Zweieinhalb Wochen vor den Halbzeitwahlen erschüttert eine neue
Hiobsbotschaft die USA: In diesem Sommer hat es eine Rekordzahl von
Räumungsklagen gegeben. 930.437 entsprechende Mitteilungen sind in den drei
Monaten von Juli bis September zugestellt worden. Eins von 139 Häusern im
Land ist betroffen.
Unter "normalen" Umständen könnten die Bewohner bis zum Jahresende auf die
Straße gesetzt werden. Doch dieser Prozess wird sich zumindest verzögern.
Denn wegen des Verdachts auf massiven nachlässigen Umgang mit Hypotheken
haben die US-Behörden gigantische Untersuchungen in sämtlichen 50
Bundesstaaten begonnen.
Zuvor ist bekannt geworden, dass die Ausstellung von tausenden oder sogar
hunderttausenden Zwangsräumungsbescheiden möglicherweise ungerechtfertig
war. Aus einer Aktennotiz von Ally Financial, die zu den großen Spekulanten
im Hypothekensektor gehört, geht hervor, dass Angestellte bis zu 10.000
Räumungsklagen pro Monat abstempelten. Bei dieser Fließbandproduktion hat
niemand die Verträge überhaupt gelesen. Und niemand hat die Klauseln
respektiert. Dabei könnten gesetzlich vorgeschriebene Fristen und andere
Regeln verletzt worden sein.
Mehrere Großbanken in den USA, die mit Hypotheken spekulieren, haben
inzwischen ihre laufenden Räumungsprozesse ausgesetzt. Darunter die Bank of
America, Ally Financial, Wells Fargo und Citigroup. Die JPMorgan Chase will
mindestens 100.000 Hypothekenverträge kontrollieren. Und die Branchenriesen
Fannie Mae und Freddie Mac haben eine Untersuchung sämtlicher
Räumungsklagen im Bundesstaat Florida veranlasst.
Kurz vor den Halbzeitwahlen verlangen mehrere US-Abgeordnete jetzt einen
landesweiten Stopp von Zwangsräumungen. Die US-Banken nennen das
"gefährlich". Ihr Argument: Wenn die Banken ihre Sicherheiten nicht mehr
verwerten können und auf "faulen Krediten" sitzenbleiben, drohen ihnen neue
milliardenschwere Belastungen.
An den Börsen ist die Verunsicherung bereits angekommen. Die Kurse der
US-Banken sind am Donnerstag nach unten gegangen. Betroffen sind aber nicht
nur die großen US-Banken. Auch die Deutsche Bank verlor am Freitag ein
Prozent an der Börse. Die Deutsche Bank ist in vorderster Reihe an dem
Geschäft mit Immobilien in den USA beteiligt. Bei den Räumungsklagen will
das Frankfurter Geldinstitut jedoch keine Rolle spielen. Die Bank sei
lediglich Treuhänderin, sagen ihre Sprecher. Die Verwaltung der Hypotheken
und das Geschäft mit Räumungen obliege "Service-Unternehmen".
Mit der neuen Entwicklung werden "die Erholung bei den Banken schwieriger",
meint Ralf Grönemeyer, Marktanalyst bei Silvia Quandt Reseach. Analyst
Jefferson Harralson von Keefe, Bruyette & Woods Atlanta sieht das ähnlich:
"Für die Banken könnte das bedeuten, dass sie sich jetzt jahrelang durch
jeden einzelnen Kredit in ihren Büchern arbeiten müssen."
Damit stünde eine gewaltige Arbeit bevor: Etwa drei Millionen Häuser sind
in den USA seit 2007 zwangsgeräumt worden. Allein in diesem Jahr stehen
Schätzungen zufolge 1,2 Millionen Häuser zur Zwangsversteigerung an, weil
die Eigentümer zahlungsunfähig sind. In den Boomzeiten haben viele Banken
Hypotheken an Kreditnehmer ausgegeben, die sich ihre Häuser eigentlich
nicht leisten konnten. Später haben die Banken die Kredite verbrieft und an
andere Investoren verkauft. Als vor zwei Jahren die Hypothekenzahlungen
massenhaft ausfielen, brach der Markt in sich zusammen. Dieser Crash löste
die größte Finanz- und Wirtschaftskrise in der Nachkriegsgeschichte aus.
15 Oct 2010
## AUTOREN
Dorothea Hahn
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