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# taz.de -- Zehn tote Reporter
> Die Zahl der Journalisten, die im Irakkrieg umkommen, steigt fast
> täglich. Gestern starben erneut drei
von ARNO FRANK
Am Montag um 14.14 Uhr meldete der Nachrichtensender N 24 nicht ohne Stolz
in eigener Sache, mit Guido Schmidtke, 36, sei der erste deutsche
Journalist am Flughafen von Bagdad eingetroffen: „Das Feuer der
Raketenwerfer und der schweren Feldartillerie flog direkt über unsere Köpfe
hinweg“, berichtete Schmidtke, „eingebettet“ ins 94. Pionierbataillon der
US-Streitkräfte.
Nicht mal eine Stunde später, um 15.08 Uhr, gab es den ersten getöteten
deutschen Journalisten zu vermelden: Bei einem Raketenangriff auf das
taktische Einsatzzentrum der 2. Brigade der 3. US-Infanteriedivision wurden
zwei Journalisten getötet. „Im Einsatz“, wie Major Mike Birmingham von der
Einheit sagte, fast als handele es sich auch um Soldaten. Bei den Opfern
handelte es sich um den Focus-Reporter Christian Liebig, 35, und seinen
spanischen Kollegen Julio Anguita Parrado, 32, von der Tageszeitung El
Mundo.
Damit ist nach knapp drei Wochen Krieg der Tod von insgesamt zehn
Berichterstattern zu beklagen: Gestern starben in Bagdad der ukrainische
Reuters-Kameramann Taras Protsyuk, 32, Tarek Ajub, 35, von al-Dschasira und
der Spanier José Couso, 37; der BBC-Kameramann Kaveh Golestan, 52, wurde
durch die Explosion einer Mine im Nordirak getötet, wo auch der
ITN-Reporter Gaby Rado, 48, unter ungeklärten Umständen ums Leben kam; der
australische Fernsehjournalist Paul Moran, 39, wurde Opfer eines
Selbstmordattentats; der Brite Terry Lloyd, 50, geriet bei Basra in
tödliches „Friendly Fire“. Allein der NBC-Journalist David Bloom, 39, starb
am Sonntag eines natürlichen Todes: an einer Lungenembolie.
Neben Michael Kelly (Washington Post, 46), der am 4. April auf dem Weg nach
Bagdad verunglückte, sind Liebig und Parrago bisher die einzigen
„eingebetteten“ Opfer. Etwa 500 solcher „Embeddies“ sind derzeit im Tro…
der US-Streitkräfte unterwegs – ursprünglich sollten sie einer befürchteten
Omnipräsenz von al-Dschasira entgegengesetzt werden und die Medienhoheit
der Invasoren sichern. Ihre Berichte unterliegen 50 strengen Regeln, das
letzte Wort hat die US-Kommandozentrale in Katar. Im prozentualen Vergleich
wurden inzwischen mehr Journalisten als Soldaten getötet.
Christian Liebig starb offenbar, nachdem er sich für die vermeintlich
sichere Variante entschieden hatte und im Hauptquartier blieb, statt die
Truppen bei einem Vorstoß nach Bagdad zu begleiten. Der von seinem Chef
Helmut Markwort als „besonnen“ charakterisierte Liebig stammt aus Offenbach
am Main, studierte nach dem Wehrdienst Kommunikations- und
Wirtschaftswissenschaften sowie Politologie. Sein Studium schloss er 1995
mit einer Arbeit über das „Deutschlandbild in Time und Newsweek“ ab. Über
den Balkan, Österreich, humanitäre Themen und Rüstungsfragen berichtete er
in der Auslandsredaktion der Nachrichtenagentur AP.
Am Montag noch hatte Brian Burridge, Kommandant der britischen Truppen am
Golf, die Berichterstattung als „Zuschauersport“ und „Reality TV“
kritisiert: „Krieg ist eine schmutzige, Ekel erregende, hässliche Sache –
und ich sehe mit Sorge, dass er als Infotainment verharmlost wird.“
9 Apr 2003
## AUTOREN
ARNO FRANK
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