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# taz.de -- Widerstand gegen Hafenprivatisierung: Papa Staat ist doch der Beste
> Hamburg will eine private Reederei am Hafenbetrieb beteiligen. Doch der
> Widerstand wächst – Hafenbeschäftigte wollen gegen das Vorhaben
> demonstrieren.
Bild: Soll künftig häufiger zu sehen sein: MSC-Containerschiff auf der Elbe
Hamburg taz | Als Befreiungsschlag wurde die [1][Entscheidung des Hamburger
Senats, den Einstieg der Reederei MSC beim kriselnden Hafenbetreiber HHLA
zu ermöglichen,] in den vergangenen Tagen immer weniger gesehen: Während
der rot-grüne Senat die wachsende Kritik abwiegelt und schon vor einer
„Legendenbildung“ warnt, sind es vor allem die Hafenbeschäftigten, die die
Teilprivatisierung der HHLA zugunsten der Reederei noch verhindern wollen.
Deshalb kündigen sie für Dienstag eine Demonstration gegen den Verkauf von
HHLA-Anteilen an: Ab 17 Uhr wollen HHLA-Beschäftigte zusammen mit der
Gewerkschaft Ver.di mit einer Protestkundgebung in der Hamburger Innenstadt
gegen den Plan der Stadt mobil machen. „Das Vorhaben geht nicht nur zu
Lasten der Beschäftigten, wir lehnen die Privatisierung auch zum Wohl aller
Bürgerinnen und Bürger der Stadt ab“, sagt André Kretschmar, für den Hafen
zuständiger Fachbereichsleiter bei Ver.di.
Am vergangen Mittwochmorgen hatten Bürgermeister Peter Tschentscher,
Finanzsenator Andreas Dressel und Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard
(alle SPD) die Öffentlichkeit mit der Ankündigung überrascht, sich erstmals
einen nahezu gleichberechtigten Partner in den größten deutschen Seehafen
zu holen.
Mit der weltgrößten Reederei MSC schloss die Stadt eine Kooperation ab: Die
Stadt will künftig nur noch 50,1 Prozent der Anteile an der HHLA halten,
den Rest soll MSC bekommen. Tschentscher begründet die Beteiligung von MSC
damit, dass die Stadt [2][Investitionen, die die stagnierende Entwicklung
besonders beim Containerumschlag beenden sollen,] nicht allein stemmen
könne. Es brauche dafür „partnerschaftliche Begleitung“.
## Wo bleibt die betriebliche Mitbestimmung?
Bei den Hafenbeschäftigten kam diese Nachricht nicht gut an. „Der Senat
redet davon, dass die betriebliche Mitbestimmung erhalten bleibt, doch
wurden die Pläne komplett hinter verschlossenen Türen geschmiedet“,
kritisiert Kretschmar. „Weder Aufsichtsrat noch die Arbeitnehmervertreter
waren eingebunden.“
Mehrfach betonten dagegen Senatsmitglieder in den vergangenen Tagen, dass
für die Stadt nur eine private Beteiligung in Frage gekommen sei, bei der
die Stadt die Mehrheit an der HHLA behält – auch im Sinne der
Beschäftigten. So habe es auch [3][Gespräche mit dem Hamburger
Logistikkonzern Hapag-Lloyd und mit dem Bremer Terminalbetreiber Eurogate
gegeben.] „Ehe jetzt Legendenbildung zu den vorherigen Gesprächen einsetzt:
Hapag-Lloyd hat leider die städtische Mehrheit bei der HHLA nicht
akzeptiert und Eurogate nicht die volle Mitbestimmung der Beschäftigten in
der Hafenkooperation“, schrieb Finanzsenator Dressel auf X.
Diese Worte allerdings wischt die Befürchtungen der Gewerkschaft, dass der
Druck auf die Beschäftigten bei einem Einstieg von MSC steigen könnte, aber
nicht weg. „Eine private, kapitalgetriebene Reederei hat andere Interessen
und Ziele“, sagt Kretschmar. Kommende Umstruktierungen als Reaktion auf
stagnierende Umschlagszahlen würden dann zulasten der Beschäftigten
durchgedrückt, befürchtet er.
Hinzu kommt: Die HHLA mit ihren Beschäftigten erwirtschaftete in den
vergangenen Jahren regelmäßig Gewinne, die überwiegend der Stadt als
Dividenden zugute kamen. „Dadurch finanzieren die Beschäftigten andere
Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge der Stadt“, sagt Kretschmar.
Künftig würde MSC zur Hälfte von Gewinnen profitieren. „Das zeigt, dass es
bei dieser Frage nicht nur um die Beschäftigten geht“, findet Kretschmar.
## Hamburger Hafen: CDU will Sonderausschuss
Nachdem die Hamburger CDU den Schritt des Senats anfangs eher positiv
wertete und als „überfällig“ bezeichnete, werden aber auch dort die Zweif…
lauter. „Es gibt es viele Ungereimtheiten und offene Fragen, auf die der
rot-grüne Senat jetzt dringend Antworten geben muss“, sagt
CDU-Fraktionschef Dennis Thering. So etwa sei unklar, wie die Gespräche mit
anderen potentiellen Investoren gelaufen seien oder auf welchem Weg der
Containerumschlag tatsächlich nachhaltig gesteigert werden soll. In einer
Sondersitzung des Wirtschaftsausschusses der Bürgerschaft solle sich der
Senat in Bälde erklären.
Die Linksfraktion warnt ohnehin vor einem „Ausverkauf im Hafen“. Für den
hafenpolitischen Sprecher der Linksfraktion Norbert Hackbusch ist „Folge
dieser Übernahme der dominierende Einfluss einer Reederei auf alle
Terminals der HHLA und damit auf einen bedeutenden Teil der
Hafenentwicklung“.
Einem Bericht des NDR zufolge wächst nun auch innerhalb der Hamburger SPD
der Unmut. Es wäre besser gewesen, MSC lediglich Anteile an einem Terminal
anzubieten, soll ungenannten Quellen zufolge den SPD-Senatsmitgliedern
vorgeworfen worden sein.
Öffentlich kritisiert nun auch ein SPD-Genosse aus Bremen den Plan:
Bürgermeister Andreas Bovenschulte beklagt, dass er von seinem Hamburger
Pendant nicht informiert worden sei. „Ich habe das wie fast alle anderen
aus der Presse erfahren; da war ich durchaus überrascht“, sagte
Bovenschulte dem NDR. Er hätte davon gerne früher erfahren, schließlich
habe Hamburgs Kooperation mit MSC Folgen für Bremerhaven, von wo MSC den
Containerumschlag zugunsten Hamburgs abziehen könnte.
19 Sep 2023
## LINKS
[1] /Hamburg-will-Reederei-MSC-beteiligen/!5956838
[2] /Zusammenarbeit-von-HHLA-und-Eurogate/!5686578
[3] /Kooperation-norddeutscher-Haefen/!5664666
## AUTOREN
André Zuschlag
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