# taz.de -- corona in bremen: „Was anders ist: Es betrifft alle gleichzeitig�… | |
Interview Dominika Vetter | |
taz: Frau Baumann, ist die Corona-bedingte Schließung der „Schaulust“ | |
existenzgefährdend? | |
Uli Baumann: Ja, das kann sie sein. Buchungen werden storniert, unsere | |
Einnahmen fallen weg. Momentan haben wir noch Vertrauen in die Politik, | |
dass wir nicht allein gelassen werden. Dadurch, dass wir eine | |
Grundförderung bekommen, die dieses Jahr auch erhöht werden soll, könnte | |
unsere Existenz erst mal gesichert sein. | |
Man kann die Schaulust schon länger mit einem kleinen Betrag monatlich | |
unterstützen. Wie gut funktioniert dieses Modell? | |
Das funktioniert sehr gut. Viele Leute unterstützen uns schon sehr lange. | |
Es ist nicht der größte Teil der Finanzierung, aber er trägt dazu bei, dass | |
wir weiter existieren. | |
Zeigen sich jetzt Menschen solidarisch mit Ihnen? | |
Ob das Publikum solidarisch ist, wird sich bei den Veranstaltungen zeigen, | |
die abgesagt werden müssen. Wie beispielsweise „Salon Puschel“: Wir haben | |
dazu ermuntert, dass man seine Karte nicht zurück tauscht, sondern | |
spendet. | |
Und wie ist die Stimmung im Team? | |
Das Team gibt mir viel Hoffnung: Wir haben uns getroffen, um zu besprechen, | |
wie es der Schaulust geht; aber wir haben auch geguckt, wie es jeder | |
Einzelnen geht, ob jemand Hilfe braucht. Und das, obwohl jeder von uns | |
persönlich betroffen ist. Unter Künstlern gab es schon immer eine sehr | |
große Solidarität. Ich habe schon erlebt, dass Artisten, die sich verletzt | |
hatten und ein Jahr lang nicht arbeiten konnten, von Kollegen unterstützt | |
wurden, bis die Krise überstanden war. Was an dieser Situation anders ist: | |
Es betrifft alle gleichzeitig. | |
Wie ist Ihre Arbeitssituation zur Zeit? | |
Mein Einkommen ist auf Null. Die Auftragsbücher waren voll, das ist jetzt | |
anders, und wir müssen sehen, wie es in den nächsten Wochen weitergeht. Da | |
mein Mann in der selben Branche arbeitet, geht es ans Eingemachte. Wir | |
leben jetzt erst mal von Erspartem, gucken, wo wir Kosten reduzieren | |
können. | |
Wie können Freischaffende untereinander solidarisch sein? | |
Indem man kommuniziert und aufeinander achtgibt. Es gibt Petitionen, die | |
man unterzeichnen kann, für ein zeitlich begrenztes Grundeinkommen oder für | |
die Schaffung von Kulturfonds. Damit auch die aufgefangen werden, die ganz | |
unten sind. Wir Künstler waren mit die ersten, die betroffen waren. Jetzt | |
geht es in alle Branchen, und da gibt es die Sorge, dass wir vergessen | |
werden. Wir sind dabei, uns auf Landes- und auf Bundesebene zu vernetzen. | |
Ich sehe große Chancen für die Gesellschaft: Wir befinden uns in einem | |
Stillstand, den es so auf der Welt noch nie gab. Vielleicht gibt es Dinge, | |
die wir in Zukunft anders machen wollen. | |
18 Mar 2020 | |
## AUTOREN | |
Dominika Vetter | |
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