# taz.de -- Vorabdruck "Generation Umhängetasche": Adieu, Bionade Boheme! | |
> Sie sind Mitte 30, voll krass jugendlich und Ihnen tut der Rücken weh? | |
> Werden Sie doch erwachsen! Ein Vorabdruck aus dem Buch "Wenn ich mal groß | |
> bin". | |
Bild: Auch Socken in der Tasche? Auspacken! | |
Ein paar Socken … Ein Paar Wechselsocken trägt nur bei sich, wer unter | |
krankhaften Schweißfüßen leidet. Alle anderen Menschen bewahren dieses | |
Kleidungsstück in der Sockenschublade auf. Was voraussetzt, dass man einen | |
Schrank besitzt. Wo bewahren Sie denn gerade Ihre Socken auf? In einem | |
Schuhkarton, der unter der mobilen Kleiderstange in Ihrem Schlafzimmer | |
steht? Im Wäschesack, den Sie an jener Kette befestigt haben, die sich quer | |
durch Ihr Zimmer zieht und Ihre Hemden auf halbmast trägt? Toll, dass Sie | |
einen begehbaren Schrank haben. Schade nur, dass dieser begehbare Schrank | |
genau genommen Ihre Wohnung ist. | |
Eine Freundin, wackere 78erin, wunderte sich unlängst über den unbändigen | |
Willen zur Verbürgerlichung, den sie bei einigen Dreißigjährigen in ihrer | |
arbeitsweltlichen Umgebung, der Filmbranche, festgestellt hat: "Die wollen | |
alle eine Couch und einen Wohnzimmertisch, ich verstehe das einfach nicht. | |
Fehlt nur noch die Schrankwand." Das liegt daran, dass diese Couch einen | |
sicheren Untergrund bietet. Nämlich die Gewissheit, es doch noch gerade so | |
geschafft zu haben. Die Mittelschicht, insbesondere die | |
bildungsbürgerliche, ist seit je von sozialen Abstiegsängsten geplagt. | |
Realistische Gründe dafür gab es immer, und es gibt sie heute erst recht: | |
Nicht nur die Polkappen schmelzen, auch die Mittelschicht schmilzt. Eine | |
Designercouch wird so zur Arche, die Auftrieb verleiht inmitten der als | |
Sintflut empfundenen gesellschaftlichen Entwicklungen. | |
Verabschieden Sie sich also von den Takelagen und Behelfsregalen, und | |
fahren Sie auf dem kürzesten Weg zu Ikea. Es macht überhaupt nichts, dass | |
dieses Möbelhaus mittlerweile zu einer Chiffre geworden ist, die in den | |
Feuilletons kritisch verhandelt wird. Ikea ist Symbol für Eskapismus, | |
Privatismus, hedonistischen Ästhetizismus und wird als angeblicher | |
Versammlungsort all jener Menschen denunziert, die sich von Utopien und | |
politischem Engagement entfernt haben und deren Träume nicht weiter als bis | |
zur Haustür ihrer geschmackvollen Wohnung reichen. Mag sein. Jedenfalls | |
kann man dort für eine überschaubare Summe sehr hübsche Lampen, Regale, | |
Betten, Vorhänge, Kissen und sonstige Utensilien erwerben, die für die | |
Schaffung eines schönen Heims vonnöten sind. Und wer sagt eigentlich, dass | |
man nicht mehr von einer gerechteren Gesellschaft träumen kann, nur weil | |
man ein vernünftiges Bett mit XXL-Bettdecken hat? Und sind Menschen, die | |
nicht mal die Tür ihres Badezimmerschränkchens reparieren können, geeignet, | |
den Sozialstaat wieder auf solide Füße zu stellen? | |
Nein, nicht alle Menschen sind in der Lage, sich am eigenen Schopf aus dem | |
Dreck zu ziehen - und mein persönlicher Sachbearbeiter für die | |
Wiedereingliederung in das sozial verträgliche Wohnwesen war ein | |
befreundeter Innenarchitekt. Mein Scout für die Ikeawelt. Nach ungefähr | |
sechs bis sieben Stunden, einer Köttbullar- und fünf Kaffeepausen inklusive | |
Refill hatten wir die zentralen Elemente zusammen. Und zwar entsprechend | |
dem vorher besprochenen Farbkonzept. Jawohl: Farbkonzept! "In einer | |
angenehm wirkenden Wohnung sollten die Vorhänge, Kissen und sonstigen | |
Elemente farblich miteinander korrespondieren, so ist das nun mal", sprach | |
der Designer, der nicht davor zurückscheute, mich bei akuten | |
Trashrückfällen zurechtzuweisen: "Ich verbiete dir, diese Kissen zu | |
kaufen!" | |
Als die Vorhänge dann hingen, bekam ich es erst mal mit der Angst zu tun. | |
Seit meiner Kindheit hatte ich keine Vorhänge mehr gehabt, später folgte | |
ich meiner idealisierten Vorstellung von niederländischer Liberalität und | |
fand es ganz großartig, in meiner Wohnung Reality-TV für die Nachbarschaft | |
zu inszenieren. Dann war da noch das neue Bett mit dem Kopfteil und den | |
praktischen Schubfächern für die Wäsche. In meinen Albträumen mutierte es | |
zum Elternschlafzimmer mit Schleiflackkommode. Zuvor hatte ich den Wunsch | |
geäußert, Bücherregale zu besitzen, die bis zur Decke reichen, immerhin | |
3,10 Meter hoch. Ein Sofa sollte her und, der Altbaustuckrosette in | |
Raummitte wegen, ein Kronleuchter. Den ich dann auch beim Trödler um die | |
Ecke für billig Geld erworben habe und der nun beim Einschalten Licht auf | |
eine recht schicke Wohnung wirft. Da könnte man jetzt bei Bedarf auch | |
locker ein Fernsehteam hineinbitten, um vor dem 3,10 Meter hohen, fest | |
verdübelten (!) Bildungsbürgertrumm etwas Gewichtiges zur Verortung des | |
Fluxus in der Moderne zu sagen. "Ich habe dir doch schon vor Jahren gesagt, | |
dass du jetzt mal langsam bürgerlich werden könntest", ätzte ein wesentlich | |
reiferer Freund bei seinem Antrittsbesuch, und ich fühlte mich ganz schön | |
ertappt. "Mag sein", antwortete ich, "aber ich kann immer noch behaupten, | |
dass das mit dem Kronleuchter nur ironisch gemeint ist." | |
In Wahrheit hatte ich auch ohne den äußeren Druck einer anstehenden | |
Familiengründung das innere Bedürfnis, endlich eine gemütliche und | |
funktionale Wohnung mein Eigen zu nennen, in die man ohne Scham Freunde und | |
Kollegen einladen kann. Ich war des ironisch gebrochenen WG-Stils mit | |
seinen ernstlich überfüllten Mülleimern und überquellenden Aschenbechern | |
müde geworden und sehnte mich nach einem Neubeginn. Dem vorausgegangen war | |
jedoch zunächst eine ernsthafte Wahl des Standorts, der beruflichen | |
Tätigkeit und der Partnerschaft. Eine erwachsene Wohnung zu gestalten | |
heißt, sich selbst gegenüber ehrlich zu sein. Bei der Einrichtung geht es | |
nur bedingt darum, etwas darstellen zu wollen. | |
Möchten Sie wirklich so wohnen wie in einem Berliner oder Kölner Club? Wenn | |
dem so ist, tun Sie es, und achten Sie bei der Auswahl der Discokugel | |
darauf, dass sie nicht quietscht, während sie ihre Runden dreht. Und geben | |
Sie dem Dealer, der in Ihrem Badezimmer wohnt, regelmäßig etwas zu essen. | |
Sonst entstehen, auf die Dauer gesehen, unangenehme Gerüche. Bedenken Sie | |
bei der Gestaltung: Als Langzeitadoleszenter haben Sie sich jetzt jahrelang | |
um die eigene Achse gedreht und Ihre Befindlichkeiten bis in den letzten | |
Winkel mit der Halogentaschenlampe ausgeleuchtet. Sie haben darüber | |
nachgedacht, wer Sie sind, woher Sie kommen und wohin Sie gingen, wenn Sie | |
würden gehen wollen. Sie sollten jetzt zumindest zu einem vorzeitigen | |
Arbeitsergebnis gekommen sein. Also ungefähr wissen, was Ihrem Geschmack | |
entspricht und was nicht. Vielleicht haben Sie an diesem Punkt sogar schon | |
ein Bedürfnis nach Kontinuität entwickelt, sodass das ein oder andere | |
Erbstück aus Familienbesitz Eingang in Ihr Wohnzimmer findet. Falls es | |
keine Erbstücke gibt, gehen Sie zum Trödel und behaupten hinterher einfach, | |
dass dieses gute Stück ein hölzern-gedrechselter Ausdruck Ihres Stammbaumes | |
ist. Machen die anderen auch so. Eine Schleiflackkommode lässt sich mit | |
etwas Mühe ebenfalls adrett herrichten, und den Ohrensessel im Stile des | |
Gelsenkirchener Barocks von Tante Inge kann man mit hübschen Stoffen neu | |
beziehen. Als Erwachsener hat man eine autonome Identität entwickelt, die | |
ohne laut vorgetragene Ressentiments gegen die Altvordern und ihren | |
Lifestyle auskommt - und ihn auch nicht eins zu eins imitiert. Sie wollen | |
doch nicht, dass Ihr Wohnzimmer genauso aussieht wie das Sprechzimmer Ihrer | |
Mutter. Und ja: Sie legen sich damit vorübergehend fest und müssen damit | |
rechnen, dass diese Wohnung bei Besuchern einen bleibenden Eindruck von | |
Ihnen hinterlässt. Solange dieser Eindruck nicht total täuscht, weil die | |
Gestaltung nicht aufrichtig ist oder ganz einfach nur prätentiös, sollte | |
das aber kein Problem für Sie sein. Legen Sie einfach immer die Zeitschrift | |
Foreign Affairs zuoberst auf den Zeitschriftenstapel, und brechen Sie das | |
Arrangement mit einer wie absichtslos liegen gelassenen alten | |
Eintrittskarte für ein Kaiser-Chiefs-Konzert. | |
Allem (Neu-)Anfang wohnt ein Zauber inne: Plötzlich fühlt sich das Dasein | |
ganz anders an, und neue Möglichkeiten erscheinen am Horizont. Gleichzeitig | |
bedeutet jede Veränderung, und sei es nur ein profaner Wohnungswechsel | |
inklusive Neueinrichtung, eine unzumutbare Anstrengung - aber gerade als | |
Langzeitadoleszenter darf man Veränderungen gegenüber eigentlich nicht | |
ablehnend sein, ist doch die Bereitschaft zur Veränderung ein Ausweis von | |
Jugendlichkeit. Haben Sie etwa Angst vor Veränderung und sind klammheimlich | |
bereits uralt? Tun Sie es also einfach. Kaufen Sie Vasen. Sie müssen es ja | |
nicht gleich übertreiben, Bodenvasen sind nur was für Fortgeschrittene. | |
Senfgläser gehören in den Müll und nicht in die Vitrine. Besorgen Sie sich | |
Eierbecher und Salzstreuer, ein vernünftiges Besteck und von mir aus eine | |
Parmesanreibe. All dies sind Dinge, die in einen vernünftigen Haushalt | |
gehören. | |
Ich selbst habr die Hardcorehaushaltsszene in dem Moment betreten, als ich | |
mir eine Salatschleuder kaufte. Mein Freund ist allerdings anschließend | |
fast vom Glauben abgefallen: "Eine Salatschleuder! Das ist das Erste, was | |
ich damals nach der Wende in einem westdeutschen Haushalt zu sehen bekommen | |
habe. Und ich dachte nur: Diese dekadenten Arschlöcher!" Soll er doch | |
weiter matschigen Salat essen! Die Salatschleuder ist nun mal die Krönung | |
eines ernsthaften Haushalts. Sie mit sirrendem Seil zu bedienen ist fast so | |
lustvoll, wie auf den Einschaltknopf der Spülmaschine zu drücken. Nehmen | |
Sie nun bitte die Socken aus Ihrer Umhängetasche, und deponieren Sie sie im | |
dafür vorgesehenen Schubfach Ihres Schranks. Nach Benutzung können Sie die | |
Socken waschen und wieder aufhängen: Es gibt tatsächlich Leute, die ihre | |
Socken nach einem Mal Tragen einfach wegwerfen, weil Sie keine Lust auf | |
Waschen und Aufhängen haben. Kein Witz. | |
Ein weißes Mac-Book … Den Neunzigerjahren mit ihrem künstlichen | |
Wiedervereinigungswirtschaftswunder auf Staatskosten und der zu Technomusik | |
vorgetragenen Hoffnung auf "Friede, Freude, Eierkuchen", ihren angeblich | |
unbegrenzten Möglichkeiten und Freiheiten folgte der Crash der New Economy, | |
also der für Sie selbstverständlich attraktiven Idee, reich zu werden, ohne | |
arbeiten zu müssen. Nur wenig später läutete der Einsturz der New Yorker | |
Twin Towers eine lange währende Wirtschaftsrezession ein, und die D-Mark | |
wurde zum Euro. Seitdem sitzen Sie in der Warteschleife, ob nun im oder vor | |
dem Callcenter: "Please hold the line." | |
Sie haben das Gefühl, nicht wirklich gebraucht zu werden, und das ist einer | |
der Gründe, weshalb Sie Ihre Jugendlichkeit zum Selbstzweck erheben. Sie | |
sind stolz auf Ihren Habitus, den Ihnen vermeintlich niemand nehmen kann - | |
und er gibt Ihnen ein Gefühl von Geborgenheit und Schutz. Die Staatskassen | |
sind leer, der Sozialstaat wurde einem "Relaunch" unterzogen, der es auch | |
Menschen wie Ihnen viel schwerer macht, denn Sie können nicht mehr einfach | |
ein Jahr irgendwo in einem Verlag arbeiten, sich dann arbeitslos melden und | |
das Arbeitslosengeld als Vorschuss nutzen, um einen Roman zu schreiben - | |
oder als Reisekasse für eine Rucksacktour durch Australien. Sogar das | |
Häuschen, das Ihnen Ihre Großmutter wegen der Erbschaftsteuer schon jetzt | |
überschrieben hat, müssten Sie herausrücken, um weiter in den Genuss von | |
Sozialleistungen zu kommen. Hartz IV bedeutet nicht nur weniger Geld, | |
sondern auch jede Menge Stress. | |
Als Hartz-IV-Bezieher gehören Sie zwar weiter zu den Agenturmenschen, aber | |
die Agentur heißt "Bundesagentur für Arbeit". Diese gibt Ihnen etwas | |
Venturekapital, wenn Sie sich für die berufliche Selbstständigkeit | |
"entscheiden". Es blieb Ihnen jedoch wahrscheinlich gar nichts anderes | |
übrig, als den Weg der Selbstständigkeit zu wählen. Ganz einfach, weil die | |
begehrten Festanstellungen mit Krankenversicherung, Kündigungsschutz und | |
vermögenswirksamen Leistungen für Sie unerreichbar erscheinen. | |
Die Gesellschaft, in der Sie leben, teilt sich mittlerweile in Drinnen und | |
Draußen: im System oder nicht im System. Sie sitzen stattdessen mit Ihrem | |
weißen Mac, den Ihre Eltern oder Großeltern Ihnen als Anschubfinanzierung | |
für Ihre Existenz spendiert haben, in einem Café mit Hotspot-WLAN, halten | |
sich den ganzen Tag an einem Cafè Latte fest und versuchen, irgendwie Geld | |
zu machen. Vielleicht simulieren Sie aber auch nur und surfen stattdessen | |
auf Pornoseiten herum. Die Mode, solche Tätigkeiten - Webdesign, Werbung, | |
Marketing, Concepting, Consultancy whatsoever - öffentlich in ebenerdigen | |
Ladengeschäften mit riesigen Schaufenstern auszustellen, ist längst | |
überholt. Die digitale Boheme erledigt das, was sie Arbeit nennt, nun | |
tatsächlich im öffentlichen Raum, also in der Gastronomie. Weil es billiger | |
ist, als ein Büro anzumieten. | |
Das Büro können Sie nämlich schon lange nicht mehr finanzieren, weil trotz | |
beharrlicher Arbeit keine Honorare hereinkommen. Das liegt auch daran, dass | |
es zu viele Menschen gibt, die hoffen, mittels ihrer Kreativität | |
längerfristig irgendwo landen zu können. Das verdirbt ganz einfach die | |
Preise. Zudem: Niemand bezahlt heute seine Rechnungen pünktlich. Sie ja | |
auch nicht. Die ganze Welt ist im Dispo. Ihre Kollegen und Sie selbst sind | |
jederzeit bereit, einen Entwurf oder ein Konzept unentgeltlich zu liefern, | |
solange der Auftraggeber einigermaßen namhaft ist und die leise Hoffnung | |
einer Anstellung offeriert. Diese Hoffnung existiert meist nur in Ihrem | |
Herzen, denn die dortigen Auftraggeber sind zwar froh, einen Schreibtisch | |
mit Stuhl ergattert zu haben, sind aber auch entschlossen, diesen bis aufs | |
Messer zu verteidigen. Wenn diese Menschen, die mit Mühe und Not das | |
rettende Ufer erreicht haben, ihren Sessel behalten wollen, müssen sie | |
ihren Chefs ständig prickelnde neue Ideen liefern. Die haben sie aber nicht | |
mehr jeden Tag, weil sie sich nicht mehr die Nächte um die Ohren schlagen | |
und Drogen nehmen und sich Gedanken über Gott und die Welt machen und | |
nachts bei Laternenlicht und Dosenbier den Vollmond anheulen. Stattdessen | |
machen sich die Fest- oder nur befristet Angestellten Gedanken darüber, wie | |
sie es schaffen, dass ihr Nachwuchs nicht in die Grundschule mit den vielen | |
Migrantenkindern gehen muss, die zum Interieur des Szenebezirks gehören, in | |
dem sie gerade eine Dachgeschosswohnung auf Pump gekauft haben. | |
Es ist gar nicht so leicht, eine Europa-, Waldorf- oder Privatschule zu | |
finden, die den kleinen Prinzen und Prinzessinnen gemäß ist. Zudem müssen | |
sowohl die Wohnung als auch der persönliche Look und der Körper ständig | |
aktualisiert, also auf den neuesten modischen Standard gebracht werden. Es | |
sind auch Langzeitadoleszente, allerdings hat die Umhängetasche viel mehr | |
gekostet als Ihre. In der Dachgeschosswohnung eines solchen "arrivierten | |
Kreativen" sah ich einmal einen Schrein: einen Helmut-Newton-Bildband im | |
Wert von mehreren tausend Euro, der auf einem Notenständer aufgebahrt war. | |
Daneben waren Kerzenständer drapiert, ganz nach der Art eines Altars. Sich | |
so etwas auszudenken erfordert viel Energie, Zeit, Geld und schlechten | |
Geschmack. Zudem gilt es, Gäste mit erlesenen Menüs zu beeindrucken, | |
weshalb man mit dem Volvo durch entlegene Dörfer fahren muss, um | |
Stubenküken zu finden, die ausschließlich mit Bärlauch gefüttert wurden. Es | |
sind erfolgreiche Bobos, Bourgeois Bohemians, die total "jugendlich | |
rüberkommen" und dafür total viel Geld ausgeben: für Schönheitsoperationen | |
und runtergekommene Jeans im Wert eines Einfamilienhauses. | |
Sie sehen also: Ihre Auftraggeber haben keine Zeit, Ideen für den Beruf zu | |
entwickeln, deshalb greifen sie lieber gleich auf Ihre zurück. Leider gibt | |
es dafür, in Zeiten nicht nur leerer Kassen, sondern auch knapper Budgets, | |
kein Geld. Also kein Bärlauchstubenküken für Sie. Sie schaffen es nicht mal | |
auf den Status eines Bobos, denn Sie verfügen nicht über die entsprechenden | |
Mittel. Stattdessen können Sie froh sein, wenn Ihr Name im Abspann oder | |
sonst wo unter "ferner sangen" auftaucht. Wenn Sie Pech haben, können Sie | |
sich Ihre erfolgreich umgesetzte Idee einfach nur in die Mappe kleben. | |
Wiederum in der Hoffnung, dass diese Mappe jemand sehen will. Sie können | |
diese Leute hassen und verwünschen. Nützt aber nichts. Sie gehen so mit | |
Ihnen um, weil sie es können. Denn zuvor haben sie sich den Sessel und den | |
Schreibtisch auf irgendeine Art erobert, mit lauteren Mitteln oder mit | |
anderen. | |
Ihr Problem besteht unter anderem darin, dass Sie am kürzeren Hebel sitzen | |
und andere Ihre Hoffnungen und Träume ausbeuten können. Wenn Sie für Ihre | |
Arbeit, welcher Natur sie auch immer sei, nicht den entsprechenden Lohn | |
einfordern, dann werden Sie entsprechend behandelt. | |
Man nimmt Sie und Ihre Arbeit einfach nicht ernst. Ihre Arbeit ist nichts | |
wert. Auch hier herrscht das Prinzip von Angebot und Nachfrage, es ist wie | |
in der heimatlichen New-Wave-Dorfdisco von früher. Wer sich jemandem auf | |
der Tanzfläche aufdrängt, bekommt fast immer einen Korb. Wer sich | |
interessant macht und dem begehrten Gegenüber suggeriert, dass er | |
begehrenswert sei, bekommt eher einen Blumentopf. Im bundesdeutschen | |
Grundgesetz wurde leider verabsäumt, ein Recht auf Glück zu verankern. Und | |
nirgendwo steht geschrieben, dass einem irgendein fester Platz gehört. Es | |
sei denn, Sie tragen tatsächlich einen Adelstitel und erben demnächst ein | |
Schloss in Brandenburg. Dann haben Sie allerdings ein Problem mit der | |
Heizölrechnung. | |
Haben Sie denn ernsthaft ein Leben lang darauf hingearbeitet, erfolglos zu | |
sein? Das kann durchaus ehrenwert und glücksversprechend sein - wenn man | |
starke Nerven hat. Falls dem nicht so sein sollte: Seien Sie stark und | |
mutig. Glauben Sie an sich, und machen Sie sich klar, dass die anderen auch | |
nur mit Wasser kochen, wenn Sie nachts um vier schlaflos im Bett liegen, | |
weil Sie Zukunftsängste haben. Und vor allem: Lassen Sie sich das nicht | |
gefallen. | |
Lassen Sie sich nicht das Nutella vom Brot kratzen. Denn viel schlimmer als | |
das, was oben blockiert ist, ist nur noch das, was von unten nachdrückt: | |
die tatsächlich noch Jungen. Während Sie das kritische Alter für ein | |
Praktikum längst überschritten haben, stehen Fünfundzwanzigährige mit | |
Hochschulabschluss, fünf Fremdsprachen und drei Jahren Auslandserfahrung am | |
Start. Und im Gegensatz zu Ihnen sind die wirklich wild entschlossen. | |
Hungrig. Die wissen genau, dass sie im Ernstfall nur zwei Wochen haben, um | |
sich irgendwo festzukrallen. Sie treten dementsprechend nassforsch bis | |
dreist auf. Das kann sehr unangenehm sein, ist aber zum Beispiel im Bereich | |
des Privatfernsehens, das hauptsächlich von Praktikanten, Trainees, | |
Volontären und Menschen mit Projektverträgen gemacht wird, eine gute | |
Strategie. Auch weil die dortigen Berufsjugendvampire immer frisches, | |
junges Blut brauchen. | |
Es besteht also Handlungsbedarf. In der Politik würde man sagen: Zeit für | |
einen Maßnahmenkatalog. Sie müssen ein Reformpaket schnüren. Eine | |
individuelle Agenda 2.0 entwerfen. Falsch war im Prinzip schon die Wahl | |
Ihres Arbeitsgeräts, das Sie durch die Straßen tragen. Der Mac ist sehr | |
schön und hat ein atmendes kleines Lämpchen und ist Ausdruck einer der | |
Ästhetik zugeneigten Lebens- und Arbeitsweise. Zugleich ist er Sinnbild | |
Ihres kreativen Schaffens zwischen Internet, Visual Art und | |
Klanginstallation. Sinnbild Ihrer Auffassung von einem gelungenen Leben, | |
das Arbeit und Privatleben widerspruchslos ineinandergleiten lässt und so | |
erfüllt ist wie Ihre Festplatte, auf der sich Playlists und Konzepte auf | |
engem Raum drängen. Und er ist viel zu teuer. | |
Bei Licht betrachtet, könnten Sie sich aus eigener Kraft höchstens ein | |
Gerät der Aldiklasse leisten, das auf der funktionalen Ebene auch | |
ausreichen würde. Ihr heiliger Mac dagegen ist nicht nur sehr teuer, | |
sondern auch sehr anfällig. Bei meinem eigenen ging neulich nach nur einem | |
Jahr die Tastatur kaputt, genau einen Tag nach Ablauf der Garantie. Die | |
Reparatur nahm insgesamt drei Wochen in Anspruch. Drei Wochen sind fast ein | |
Monat, der gewisse Kosten verursacht, die zu erwirtschaften man ein | |
Arbeitsgerät braucht. Im Mac-Store sagte man mir dann auf Anfrage, dass ich | |
selbst schuld sei, denn die Macs würden so gehypt, dass wegen überlasteter | |
Kapazitäten die Qualität nicht mehr gewährleistet werden könne. | |
Skandalöser ist nur noch, dass man bei so etwas mitmacht. Pelikan oder | |
Geha, diesen ganzen Blödsinn eben, den man immer noch so wichtig nimmt. | |
Immer noch Angst, von den Klassenkameraden ausgelacht und gemobbt zu | |
werden, weil man das falsche Federmäppchen hat. Erwachsene Menschen sollten | |
sich von diesen Grausamkeiten der Kinderzeit längst emanzipiert haben. | |
Also: Mut zu Medion. Diesen Rechner tragen Sie nun nach Hause und bringen | |
ihn mit Ihrem DSL-Anschluss in Verbindung, den Sie zuvor beantragt haben. | |
Sie können diesen Anschluss teilweise von der Steuer absetzen, und er ist | |
so wichtig wie Ihre Versorgung mit Strom, Gas, Wasser und Bionade. Schluss | |
mit den Netzschwankungen im Café, weil jemand gerade alle Folgen von "24" | |
runterlädt, Schluss mit den mürrischen Blicken der Bedienung und den | |
Rückenschmerzen aufgrund der schlechten Haltung, die der Loungeeinrichtung | |
Ihres "Arbeitsplatzes" mit niedrigen Tischchen geschuldet ist. Sie haben | |
schon genug Rückenschmerzen wegen der Umhängetasche, und eine | |
physiotherapeutische Behandlung kostet Geld, das Sie nicht haben, weil Sie | |
schon längst nicht mehr krankenversichert sind. Ihr Budget erlaubt diese | |
monatlichen Ausgaben nicht. Denken Sie, weil Sie immer noch davon ausgehen, | |
einen jugendlichen Körper zu haben. | |
Wenn Sie ein Auto in Ihrem Alter führen, wären Sie bestimmt bereit, den | |
monatlichen ADAC-Beitrag zu zahlen. Falls Sie mal liegen bleiben. Wenn | |
Ihnen Ihr Rechner signalisiert, dass Sie eine Netzverbindung haben, fangen | |
Sie an, nach Stellen zu suchen. Überall in Deutschland. Auch in Erfurt, | |
Hannover und Osnabrück. Sie wollen nicht nach Osnabrück? Wussten Sie, dass | |
dort, statistisch gesehen, die glücklichsten Menschen Deutschlands wohnen? | |
Vielleicht gehören Sie bald dazu. Das geht aber nur, wenn Sie eine | |
Entscheidung treffen. | |
Die Boheme, digital oder analog, lebt von dem Anspruch, eine künstlerische | |
oder doch lebenskünstlerische Existenz abseits, aber am Rande des | |
Bürgerlichen zu führen. Doch nur sehr wenigen ist es vergönnt, diesen | |
Anspruch wirklich umzusetzen. Es sind auch nur sehr wenige, die tatsächlich | |
den Mut haben, eine solche Existenz zu führen. "Ausnahmemenschen, die den | |
Reiz einer Durchschnittswelt ausmachen, die sie ausstößt", wie der | |
französische Künstler Jean Cocteau diesen Zusammenhang treffend benannte. | |
Ein Sinnsprüchlein, das Wasser auf die Mühlen einer jugendlichen | |
Befindlichkeit ist. | |
Der Jugendliche fühlt sich während der Ausbildung seiner Identität | |
abgesondert und allein - ausgestoßen. Er schwankt zwischen zermürbenden | |
Selbstzweifeln und Hybris, zwischen Selbsthass und dem dringenden | |
Bedürfnis, der Welt mitzuteilen, was sie und vor allem ihn selbst im | |
Innersten zusammenhält. Wenn dann auch noch ein gewisser Andy Warhol | |
erzählt, dass jeder Mensch ein Künstler sei und das Zeug habe, berühmt zu | |
werden - und sei es nur für fünfzehn Minuten -, dann ist man dem | |
Missverständnis, dem weite Teile der bundesrepublikanischen | |
Mittelstandsjugend erliegen, schon sehr nahe. Es ist das gleiche, leider | |
oft sehr tragische Missverständnis, dem die Fans von "Deutschland sucht den | |
Superstar" erliegen und das den Eignern der Produktionsfirma Endemol | |
Millionen um Millionen bringt. Jeder Mensch möchte etwas Besonderes sein, | |
einzigartig unter den Vielen. | |
Tragisch ist vor allem, dass so viele Menschen nicht glauben wollen, dass | |
sie tatsächlich etwas Besonderes sind. Als ob dies erst wahr würde, wenn | |
man im Fernsehen auftritt. Setzen Sie sich mal mit einem Glas Rotwein und | |
einer Schachtel Gitanes auf Ihr neues Sofa und fragen sich erstens, ob Ihre | |
Kreativität ausreicht, um damit Ihren Lebensstandard zu sichern. Fragen Sie | |
sich zweitens, ob auf den Quellen Ihrer Schaffenskraft genug Druck ist, um | |
davon eine Existenz zu bestreiten. Sind Sie hinreichend beschädigt, | |
narzisstisch gekränkt oder sonst wie vorbelastet, um den entsprechenden | |
Willen zur Selbstentäußerung und einen soliden Geltungsdrang aufzubringen? | |
Auch wenn Sie sich eine konträre Kunstauffassung angeeignet haben: Passt | |
sie zu Ihrem Leben? | |
Falls dem nicht so sein sollte, ist es an der Zeit, sich einem | |
unaufgeregten, durchschnittlichen Leben zu stellen. Auch das kann ein | |
Abenteuer sein. Oder aber, Sie entschließen sich tatsächlich, alles auf | |
eine Karte zu setzen und den Durchbruch zu wagen. Mit einer halbgaren | |
Attitüde kommt man da nicht allzu weit. Die Musikerin Annette Humpe hat | |
Erfolg mal als Kuchen definiert, bei dem keiner der Anteile fehlen darf, | |
wenn das Backwerk nicht misslingen soll: Man nehme ein Viertel Talent, ein | |
Viertel Fleiß und Durchsetzungsvermögen, ein Viertel Intelligenz und ein | |
Viertel Glück. Haben Sie alles beisammen? Beäugen Sie Ihren Kuchen mal | |
kritisch, und überlegen Sie dann, ob Sie doch lieber auf Coppenrath & Wiese | |
zurückgreifen, Ihre Zutaten ergänzen oder die Bäckerei an den Nagel hängen, | |
weil die Kundschaft ausbleibt. | |
Schlüssel zum Elternhaus … Die Grundlage eines so genannten unaufgeregten, | |
durchschnittlichen Lebens ist ein Beruf. Ein eigenes funktionierendes | |
Unternehmen, das einen Gewinn erwirtschaftet. Sie müssen arbeiten. Alle | |
müssen das, und nicht alle haben die Möglichkeit dazu. Falls Sie also | |
aufgrund Ihrer Ausbildung oder Ihrer Fähigkeiten die Möglichkeit haben | |
sollten, einen Arbeitsplatz zu erhalten, ergreifen Sie die Chance, anstatt | |
den Job sausen zu lassen, weil Sie lieber eine Band gründen wollen, für die | |
es keinen Proberaum gibt und noch immer keinen Drummer. Falls dieser Job | |
unterhalb Ihres Qualifikationsniveaus angesiedelt ist: Nehmen Sie ihn | |
trotzdem an, denn was nützt es schon, ein Ersteklasseticket zu haben, wenn | |
der Zug gerade abgefahren ist? Wenn Sie einmal auf dem Karussell drauf | |
sind, können Sie immer noch versuchen, während der Fahrt einen anderen | |
Platz zu ergattern. | |
Noch eine kurze Lautsprecherdurchsage für Lehramtsreferendare und -anwärter | |
im Wartesaal: Wenn Sie schon auf Nummer sicher, nämlich auf Lehramt | |
studiert haben, dann schlagen Sie sich jetzt sofort die Idee von der | |
eigenen Plattenfirma oder dem Concept-Store "Kakteen und Gebäck aus | |
Italien" aus dem Kopf, und treten Sie das Referendariat an beziehungsweise | |
kümmern Sie sich um eine Stelle. Wenn Sie erst mal verbeamtet sind, können | |
Sie so viele Kakteen züchten und Plätzchen backen, wie Sie wollen. Bei | |
diesen vielen Urlaubstagen und diesem Gehalt. Es ist noch nicht zu spät. | |
Freuen Sie sich doch, dass Sie einen Beruf ausüben können, der der | |
Gesellschaft nützt, anstatt ihr Schaden zuzufügen. Klar, Sie können junge | |
Menschen auch verändern, indem Sie sie mit Werbekampagnen für Schokolade | |
und immer neuen Klingeltönen infiltrieren - aber es ist in unser aller | |
Interesse, wenn die Heranwachsenden auch noch das Alphabet können (!) und | |
en passant den ein oder anderen humanistischen Wert vermittelt bekommen. | |
Für die Nichtlehrer unter den Lesern: Unterlassen Sie bitte sofort die | |
Unart, jedes Mal "Another Brick in the Wall" aufzulegen, wenn Lehrer bei | |
einer Party den Raum betreten. Das ist Mobbing. Außerdem können die Ihnen | |
vielleicht mal was leihen, wenn Sie wieder pleite sind. Wo wir schon beim | |
Gehalt und der Verbeamtung sind: Den Schlüssel zu Ihrem Elternhaus haben | |
wir auch deshalb von Ihrem Schlüsselbund entfernt, damit Sie sich nicht | |
weiter darauf verlassen, dieses Haus mal zu erben. Und auch nicht die | |
Zweit- oder Drittimmobilie, die Ihre Eltern aus dem Boden gestampft haben. | |
Falls Sie zu den Privilegierten gehören, die einmal etwas erben werden, | |
bedenken Sie Folgendes: Neben der Erbschaftsteuer und etwaigen | |
erbberechtigten Kindern, die in jener Zeit entstanden sind, als man die | |
freie Liebe feierte, und von denen Sie leider erst zur Testamentseröffnung | |
erfahren werden, droht weiteres Ungemach. Stellen Sie sich nur mal vor, | |
dass Ihre Eltern zum Pflegefall werden. Längerfristig. Wollen Sie dann | |
heimlich den Stecker ziehen, weil Sie verabsäumt haben, sich um Ihre Rente | |
zu kümmern? Und haben Sie schon mal daran gedacht, dass die Preise für die | |
Einfamilienhäuser in Provinzvororten längerfristig ziemlich ins Rutschen | |
geraten dürften, weil es immer weniger Menschen gibt, die in solchen | |
Häusern wohnen wollen? Und auch, dass deren Bausubstanz aus den Sechziger-, | |
Siebziger- und Achtzigerjahren stammt und sie dementsprechend nicht für die | |
Ewigkeit konzipiert sind? | |
Achten Sie beim nächsten Besuch zu Hause auf Schimmelgeruch in den | |
Kellerräumen. Und dann überlegen Sie sich das noch mal mit der privaten | |
Altersvorsorge. Sie können natürlich auch auf Peter Scholl-Latour hören, | |
der die jungen Menschen auffordert, sich angesichts des Weltgeschehens | |
lieber zu bewaffnen, anstatt sich um die Rente zu kümmern. Wenn Ihnen | |
Weltuntergangsszenarien gefallen, bitte. Die Zeugen Jehovas jedoch rechnen | |
zwar jeden Tag mit der Apokalypse, bauen aber trotzdem einen | |
Königreichssaal nach dem anderen. Auf soliden Fundamenten. Man kann eben | |
nie wissen. Und Peter Scholl-Latour hat seine Schäfchen längst im | |
Trockenen. Beware of the old men, die haben schließlich nichts mehr zu | |
verlieren. Sie schon. Als Zwischenschritt, Sie sitzen immer noch auf Ihrer | |
Couch und trinken schweren Rotwein, hören Sie das Album "O. K. Computer" | |
von Radiohead. Trauern Sie, weinen Sie, genießen Sie noch einmal das | |
Gefühl, das diese Musik transportiert und das der Singer-Songwriter Rufus | |
Wainwright einmal als "Die Welt ist mein Aschenbecher"-Gefühl bezeichnet | |
hat. Trinken Sie die ganze Flasche aus. | |
Und am nächsten Tag stehen Sie auf, nehmen eine Kopfwehtablette und fangen | |
an, Bewerbungen zu schreiben. Ihren Rechner ketten Sie mit einem Stahlseil | |
genauso an den Schreibtisch wie sich selbst. Er wird nun nicht mehr durch | |
die Gegend geschleppt, denn bald werden Sie einen Rechner an Ihrem | |
Arbeitsplatz haben. | |
Die Krisen des Kapitalismus verlaufen zyklisch, eine Rezession endet | |
irgendwann, genauso wie ein Lebensabschnitt. Die Welt hat vielleicht gar | |
keine Lust, Ihnen als Aschenbecher zur Verfügung zu stehen. Sie ringt schon | |
so mit belastenden Verschmutzungen und hustet Ihnen was. | |
Und die Generationsgenossen mit den sogenannten konventionellen | |
Lebensläufen haben in ihrer sogenannten Provinz schon ein Haus gebaut und | |
eine Familie gegründet, während Sie immer noch nicht bei der letzten Folge | |
von "Friends" angekommen sind, obwohl es die Serie schon gar nicht mehr | |
gibt. | |
30 May 2008 | |
## AUTOREN | |
Martin Reichert | |
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