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# taz.de -- Vitali Klitschko gewinnt Boxkampf: Ohne Schramme zum Titel
> Nach dem gelungenen Comeback führt Vitali Klitschko mit Brüderchen
> Wladimir eine Comedy auf. Zu der verkommt zunehmend auch das
> Klitschko-dominierte Schwergewichtsboxen.
Bild: "Ohne Träume wäre das Leben langweilig": Vitali Klitschko.
BERLIN taz Brüderchen - diese beiden großen, starken Männer sagen
tatsächlich Brüderchen zueinander. "Brüderchen, ich hätte nicht gedacht,
dass du Samuel Peter nach vier Jahren so auseinandernimmst, ich bin stolz
auf dich", lobte Wladimir, nachdem Vitali Klitschko dem Nigerianer Samuel
Peter Samstagnacht in Berlin den WBC-Weltmeister-Titel abgenommen hatte.
Damit ist der dritte der vier großen Gürtel in den Besitz der ukrainischen
Brüder übergegangen, Wladimir gehören ja bereits die der Weltverbände IBF
und WBO. Die Klitschkos haben also ihren Traum wahr gemacht und
Boxgeschichte geschrieben. Zum ersten Mal stehen zwei Brüder im
Schwergewicht gleichzeitig ganz oben auf der Erfolgsleiter.
So hatte Vitali Klitschko sich das nach vier Jahren verletzungsbedingter
Ringabstinenz vorgestellt. Ein bisschen spektakulärer hätte es aber ruhig
sein dürfen. Peter gab nicht den Gegner, der er als amtierender Weltmeister
hätte sein sollen. Er ließ sich verprügeln und stand schließlich nach der
Pause zur neunten Runde gar nicht mehr auf. Er hatte genug, wollte keine
weiteren dieser trockenen, aus der Hüfte geschossenen Schläge von Vitali
Klitschko kassieren. Er blieb sitzen wie ein beleidigter Schuljunge. So
einer, dem von seinen Mitschülern immer ehrfurchtsvoll die Tasche getragen
worden war, bis sich ein neuer Held auftat, größer, stärker, smarter.
"Brüderchen, dieser Gürtel gefällt mir auch gut", sagt Vitali zu Wladimir
Klitschko, als beide nach dem Kampf dasaßen, vor sich all ihre Trophäen
ausgebreitet. Der Ältere zeigt auf einen der Gürtel des Jüngeren. Der
kleine Bruder setzt ein gespielt ernstes Kampf-Gesicht auf. Auf den
einseitigen Boxkampf folgt die Uraufführung der Klitschko-Comedy. Es ist
von Spielzeugen die Rede, die der eine dem anderen geklaut hat, und von
Tritten in den Hintern, die der andere dem einen verpasst hat. Von Dingen
eben, die Brüder so miteinander tun, wenn sie Kinder sind. Vitali Klitschko
lacht. Endlich.
Im Moment des Sieges hatte er erst ziemlich mürrisch dreingeblickt. "Ich
bestimme das Ende, nicht Samuel Peter", sagte er. Als könnte er das jetzt
noch ändern. Peters Betreuer hätten den Abbruch wegen der vielen Treffer
aus gesundheitlichen Gründen beschlossen, erklärte Ivaylo Gotsev, der
Manager des Nigerianers. "Samuel konnte nichts mehr beweisen, es war nicht
seine Nacht, er muss ein andermal wiederkommen, um zu kämpfen." Es war die
Klitschko-Nacht.
Sie endete für Vitali Klitschko ohne eine einzige Schramme im Gesicht. Und
das, obwohl er sich im Ring mit einer Überlegenheit präsentierte, die an
Dreistigkeit grenzte. Er ist dafür bekannt, dass seine Linke wie bei einem
Revolverhelden auf Hüfthöhe baumelt, anstatt sich mit der Deckung des Kinns
zu beschäftigen. Doch diesmal baumelte auch die Rechte weit entfernt von
der Stelle herum, an der ein Boxer üblicherweise die Schläge des Gegners
abfängt. Aber es kamen ja auch kaum welche. Die wenigen Attacken, die Peter
startete, platzierte er denkbar unpräzise und wirkungslos auf Klitschkos
mächtigen Brustmuskeln. Mit seinen schlenkernden Armen und dem leicht
zurückgelehnten Oberkörper sah Klitschko dabei nicht wirklich elegant aus,
aber er war effektiv.
Ob es weitere Kämpfe von ihm geben wird, ließ Vitali Klitschko nach dem
Triumph offen, er gab ganz den Politiker, der er im Stadtrat von Kiew ist,
und flüchtete sich in vage Formulierungen. Es fehlt der Familie Klitschko
noch der Gürtel des Weltverbandes WBA, den im Moment der 2,13-Meter-Riese
Nikolai Walujew hält. Nur der Russe steht der absoluten Klitschko-Übermacht
noch im Weg. Übrig blieben bei einem Sieg über Walujew: Brüderchen und
Brüderchen, die neuen Herrscher des Schwergewichts. Vitali Klitschko sagte:
"Ohne Träume wäre das Leben langweilig."
Bevor er weiterträumt, muss er allerdings seine Hände noch ein bisschen
kühlen. Sie waren blau und geschwollen. All die Gratulanten, die Hände
schütteln wollen, musste Vitali Klitschko abwehren, und Autogramme zu
schreiben, machte ihm Mühe. Die Kraft seines Gegners konnte ihm nichts
anhaben, aber die eigene ruinierte seine Finger. Das ist aktuell die
Realität des Schwergewichts-Boxens.
13 Oct 2008
## AUTOREN
Susanne Rohlfing
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