# taz.de -- Vermisstes Air-France-Flugzeug: Letzte Nachricht um 4.14 Uhr | |
> Blitzeinschlag, Panne oder gar Bombe - im Fall der vermissten | |
> französischen Passagiermaschine wird nichts ausgeschlossen. Sicher ist: | |
> Zuletzt geriet der Airbus in Turbulenzen. | |
Bild: Erschüttert: Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy (r) und sein zustän… | |
PARIS taz | Das Ende des Flugs Rio de Janeiro - Paris ist ein Mysterium: | |
Mehr als 28 Stunden nachdem der Airbus A330-200 mit 228 Personen an Bord | |
über dem Atlantik verschwunden ist, fehlt jede Spur von ihm. | |
Aufklärungsflugzeuge, Schiffe und Satelliten von Frankreich, Brasilien, | |
Spanien und aus den USA suchen ein Gebiet zwischen den Küsten Südamerikas | |
und Westafrikas ab, das fünf Mal so groß ist wie Frankreich. Am Montagabend | |
hatte Paris auch die USA um Unterstützung gebeten. "Die Vereinigten Staaten | |
gewähren jede notwendige Mithilfe, um herauszufinden, was passiert ist", | |
antwortete US-Präsident Barack Obama über einen französischen | |
Fernsehsender. | |
Als Ursache für die Katastrophe wird vorerst keine Hypothese | |
ausgeschlossen: vom Blitzeinschlag über die heftigen Turbulenzen oder eine | |
technische Panne bis hin zu der Möglichkeit einer Bombe. In Brasilien | |
berichtet ein Pilot, der nach dem Verschwinden von AF 447 den Atlantik in | |
umgekehrter Richtung überquert hat, von "leuchtenden orangen Flecken" im | |
Meer. Er habe sie für Feuer gehalten. | |
"Wir stehen vor der größten Katastrophe der Geschichte von Air France", hat | |
ein sichtlich erschütterter Nicolas Sarkozy am Montagabend auf dem | |
Flughafen Roissy erklärt. Zuvor hatte der schwarz gekleidete französische | |
Präsident lange mit Angehörigen der Opfer und mit Verantwortlichen der | |
Fluggesellschaft Air France gesprochen. Die Überlebenschanchen für die | |
Menschen an Bord von AF 447 nannte er "minimal". Als Sarkozy sprach, hatte | |
Air France den Angehörigen der Opfer bereits auf ihrer Homepage ihr Beileid | |
ausgesprochen. Der im Januar ernannte Chef der Fluggesellschaft, | |
Pierre-Henri Gourgeon, sicherte den Angehörigen "jede finanzielle und | |
materielle Unterstützung" zu. | |
Die 216 Passagiere und 12 Besatzungsmitglieder der Unglücksmaschine stammen | |
aus mehr als 30 verschiedenen Ländern. Die meisten von ihnen kommen aus | |
Brasilien und Frankreich. Aus Deutschland stammen 26 Personen, darunter | |
eine fünfköpfige Familie und wahrscheinlich der bekannte Potsdamer | |
Architekt Moritz Kock, der u.a. das VW Designzentrum in der | |
Brandenburgischen Landeshauptstadt entworfen hatte. Kock weilte in | |
Brasilien, um seinen 101-jährigen Kollegen Oscar Niemeyer geschäftlich zu | |
besuchen, der wegen Flugangst seit Jahren nicht mehr nach Europa geflogen | |
ist. Viele weitere Passagiere waren einfach auf dem Rückflug von einem | |
Urlaub in Brasilien. Eine Mehrheit wollte von Paris nach München, Berlin | |
und Stuttgart weiterfliegen. Bis zur Veröffentlichung der Nationalitäten | |
der Passagiere sind in Paris mehr als zwölf Stunden vergangen. Offenbar | |
haben Ermittler der französischen Justiz die Liste nach suspekten Namen | |
durchforstet. | |
Der letzte Funkspruch aus dem Cockpit der verschwundenen Maschine erfolgte | |
dreieinhalb Stunden nach dem Start in Rio. Die Maschine befand sich zu dem | |
Zeitpunkt auf der Höhe des mehrere hundert Kilometer vor der | |
brasilianischen Küste im Atlantik gelegenen Archipels Fernando de Noronha. | |
"Wir geraten in eine Zone von heftigen Turbulenzen", kündigte der Pilot an. | |
Danach kamen nur noch automatische Mitteilungen über technische Pannen, | |
darunter ein Druckabfall. Die letzte automatische Nachricht kam um 4.14 Uhr | |
deutscher Zeit. Sie handelte von einem elektrischen Versagen an Bord der | |
Maschine. Air-France vermutet, daß der Airbus A 330-200 kurz danach ins | |
Meer gestürzt ist. | |
Die Turbulenzen über dem Atlantik, auf halber Strecke zwischen Afrika und | |
Südamerika, wo unterschiedliche Klimazonen aufeinanderstoßen, sind bei | |
Piloten bekannt und berüchtigt. Die Ermittler halten es für möglich, dass | |
der Airbus von einem Blitz getroffen wurde. Oder in eine eisgefüllte Wolke | |
geriet. Und dass es anschließend zu einem Stromausfall kam. Allerdings hat | |
jeder Pilot schon Blitzschläge er- und überlebt. "Ich will nicht | |
ausschließen, daß es ein Blitzschlag war. Aber es wäre das erste Mal in der | |
Geschichte der Luftfahrt, daß ein Blitzschlag, ein Flugzeug zerstört | |
hätte", sagt in Paris der Vizepräsident der Pilotengewerkschaft, Pascal | |
Guerin. Auch das Unwetter, das zum Katastrophenzeitpunkt über dem Atlantik | |
herrschte, kann nur eine teilweise Erklärung sein. Denn es wäre unklar, | |
warum ein erfahrener Pilot, der die Gefahren einer Zone kennt, in der heiße | |
und kalte Luftmassen aufeinander prallen und gefährliche Wolken bilden | |
können, diese Zone nicht umflogen hat. | |
Fest scheint zu stehen, dass die Maschine auf ca 9.000 Meter Höhe flog und | |
dass der Absturz derart rasant erfolgte, dass weder die Besatzung ein | |
Notfallsignal abschicken konnte, noch die automatischen Notfallsignale | |
funktionierten. Letztlich kann nur die Blackbox das Rätsel lösen. | |
Allerdings könnte die in mehreren Tausend Meter Tiefe auf dem Meeresboden | |
liegen. | |
Der verschwundene Airbus A 330-200 war im April 2005 in Dienst gegangen und | |
hatte erst 11.000 Flugstunden hinter sich. Zuletzt war er im April dieses | |
Jahres technisch überprüft worden. Die von der europäischen | |
Luftfahrtindustrie gebaute Maschine gilt bislang als besonders sicheres | |
Langstreckenflugzeug. | |
2 Jun 2009 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
Dorothea Hahn | |
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Flug | |
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