| # taz.de -- Verliebt in die Terroristin | |
| > Perspektive Die israelische Serie „Fauda“ spiegelt das Chaos um den | |
| > Nahostkonflikt | |
| Bild: „Fauda“ zeigt Terroristen und Agenten als Menschen mit Namen, Gefühl… | |
| Aus Jerusalem Susanne Knaul | |
| Ein israelisches Undercover-Kommando jagt einen palästinensischen | |
| Terroristen. Abu Ahmad, der „Panther“ galt eigentlich als tot. Doch er lebt | |
| – und plant Böses. Einen Megaanschlag, bei dem Hunderte Israelis mit | |
| Nervengas getötet werden sollen. Seit einigen Wochen läuft die Serie | |
| „Fauda“ auf Netflix, auf Hebräisch und Arabisch mit Untertiteln. | |
| Doron soll das Attentat verhindern. Er ist Chef einer Sondereinheit | |
| israelischer Agenten, die fließend Arabisch sprechen und sich bei Einsätzen | |
| im besetzten Westjordanland als Palästinenser ausgeben. Als Bashir, der | |
| jüngere Bruder des Gesuchten, heiratet, sieht Doron seine Chance gekommen. | |
| Seine Leute mischen sich unter die Hochzeitsgäste, er selbst verkleidet | |
| sich als Kuchenlieferant. Doch das israelische Kommando fliegt auf, es | |
| kommt zu einer blutigen Schießerei. Die Hochzeitsfeier wird zur „Fauda“, | |
| Arabisch für „Chaos“. | |
| „Fauda“ ist ein packender Politthriller – auch für Zuschauer, die über … | |
| komplexe Realität in den besetzten Palästinensergebieten nicht im Detail | |
| Bescheid wissen. Die Geschichte ist fiktiv und teilweise überzogen. Noch | |
| gab es keinen Anschlag mit Nervengas in Israel. Trotzdem dürften die | |
| Verhöre des Geheimdienstes und die Vorstellungsgespräche bei der Hamas für | |
| Selbstmordattentäter der Realität recht nahe kommen. | |
| Drehbuchautor Lior Raz, der selbst Kommandochef Doron spielt, und seinem | |
| Koautor Avi Issacharoff ist das Umfeld, in dem „Fauda“ spielt, nur allzu | |
| vertraut. Raz gehörte selbst jahrelang einer der berüchtigten israelischen | |
| Undercover-Einheiten an, der Journalist Issacharoff berichtet für | |
| israelische Medien über das Westjordanland und den Gazastreifen. | |
| Die Dreharbeiten zu den ersten sechs Folgen fanden im Sommer 2014 statt. | |
| Während in den Studios in Tel Aviv die Kameras liefen, rückten im | |
| Gazastreifen die israelischen Truppen vor. Über 2.000 Palästinenser und 73 | |
| Israelis starben während des Krieges zwischen Israel und der | |
| radikal-islamischen Hamas. Issacharoff pendelte damals zwischen Studio und | |
| Front. In Tel Aviv ertönte von Zeit zu Zeit Raketenalarm. Obwohl der | |
| Konflikt damals so nah war, redeten die arabischen und jüdischen Kollegen | |
| nicht über Politik. „Wir konzentrierten uns auf die Arbeit, redeten über | |
| Dialoge und den schlechten Kaffee, es war völlig normal“, sagt Issacharoff. | |
| Nach drei Absagen für ihr Skript waren die Autoren unsicher, ob der Stoff | |
| überhaupt jemanden interessiert. Issacharoff rechnete damit, dass „uns die | |
| Rechten als dreckige Linke“ beschimpfen und Linke die Serie als | |
| „rassistisch“ verurteilen würden. Passiert ist das Gegenteil: „Fauda“ … | |
| in Israel mehrere Preise gewonnen, die zweite Staffel soll im Herbst | |
| kommen. | |
| Fast jeder Israeli und Palästinenser hat persönliche Erfahrung mit Terror | |
| und Terrorbekämpfung. Fauda erzählt beide Geschichten und schiebt keiner | |
| Seite die Schuld zu. Terroristen und ihre Jäger haben Namen, Gefühle, | |
| stecken in alltäglichen Familienstreitigkeiten. Die Serie zeige „den | |
| Konflikt von einer anderen Perspektive aus“, sagt der arabische | |
| Schauspieler Hisham Suleima, der Abu Ahmad spielt. Das sei für ihn das | |
| Entscheidende gewesen. Wie nah sich beide Seiten eigentlich sind, zeigt | |
| sich, als eine Attentäterin sich im entscheidenden Augenblick mit ihren | |
| Opfern solidarisiert. „Ich war überrascht“, sagt Issacharoff, „wie verli… | |
| das israelische Publikum in die Hamas-Terroristin war“. | |
| 6 Mar 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Susanne Knaul | |
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