Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Urteil zur Sicherungsverwahrung: Verfassungsgericht kippt Regelungen
> Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat die nachträgliche
> Unterbringung von Straftätern für unzulässig erklärt. Extrem gefährliche
> Menschen bleiben aber vorerst eingesperrt.
Bild: Gilt auch für gefährliche Straftäter: das Grundgesetz der BRD.
KARLSRUHE afp | Das Bundesverfassungsgericht hat alle bestehenden
Regelungen zur Sicherungsverwahrung für verfassungswidrig erklärt. Extrem
gefährliche Straftäter dürfen aber zum Schutz der Bevölkerung bis zu einer
Neuregelung weiter eingesperrt bleiben, entschied das Gericht in einem am
Mittwoch verkündeten Urteil. In sogenannten Altfällen muss die besondere
Gefährlichkeit der Betroffenen bis Jahresende geprüft werden.
Laut Urteil verstoßen die früheren Regelungen zur rückwirkenden
Verlängerung der zuvor auf zehn Jahre befristeten Sicherungsverwahrung
sowie zu ihrer nachträglichen Anordnung ebenso gegen das Freiheitsrecht der
Betroffenen wie die Gesetzesreform vom Dezember 2010. Das Gericht
begründete dies damit, dass sich die Sicherungsverwahrung, die nur dem
Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Tätern dient, nicht deutlich genug
von einer Strafhaft unterscheidet. Dieses sogenannte Abstandsgebot hatte
bereits der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg
im Dezember 2009 eingefordert.
Der Gesetzgeber wurde mit weitreichenden Vorgaben verpflichtet, die
Sicherungsverwahrung bis Mai 2013 grundlegend zu reformieren und ein
"freiheitsorientiertes und therapiegerichtetes Gesamtkonzept" zu
entwickeln. Die Betroffenen müssen demnach etwa durch qualifizierte
Fachkräfte so intensiv therapeutisch betreut werden, dass sie "eine
realistische Entlassungsperspektive" haben. Ihr Leben in Verwahrung muss
zudem so weit wie möglich "den allgemeinen Lebensverhältnissen angepasst"
und ihnen familiäre und soziale Außenkontakte ermöglicht werden.
Von den verbliebenen rund 70 Altfällen, die sich nach früheren Regelungen
derzeit noch in Sicherungsverwahrung befinden, dürften nun viele bis
Jahresende auf freien Fuß kommen. Laut Urteil können nur noch die Täter
weiter festgehalten werden, von denen eine "hochgradige Gefahr schwerster
Gewalt- oder Sexualstraftaten" ausgeht und die zudem an einer "zuverlässig
nachgewiesenen psychischen Störung" leiden.
Die Richter verwiesen in diesem Zusammenhang darauf, dass auch nach Artikel
5 der Europäischen Menschenrechtskonvention eine nachträglich verlängerte
oder angeordnete Sicherungsverwahrung nur unter der Voraussetzung einer
psychischen Störung zulässig ist. Das seit Januar geltende
Therapieunterbringungsgesetz greift diesen Gedanken den Richtern zufolge
bereits auf. Auf dessen Grundlage könnten dann psychisch gestörte und
weiterhin gefährliche Rückfalltäter in therapeutischen Einrichtungen
verwahrt werden.
4 May 2011
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.