# taz.de -- Ungleiche Verteilung von Impfstoffen: Die Preise müssen Fallen | |
> Gesundheitsexpert:innen drängen auf die Herstellung von | |
> Covid-19-Impfgenerika. Sie sollen vor allem einkommensschwachen Ländern | |
> zugute kommen. | |
von Halima Athumani | |
Gleich zu Beginn der Pandemie hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den | |
„Access to COVID-19 Tools Accelerator“ (kurz: ACT Accelerator) ins Leben | |
gerufen – eine Kampagne, die unter anderem für eine gerechte Verteilung von | |
Impfstoffen, ihre leichte Verfügbarkeit und die Beschaffung von Mitteln für | |
weitere Forschung und Entwicklung sorgen sollte. Doch das Vorhaben geriet | |
ins Stocken. | |
Shailly Gupta, Beraterin der „Access Campaign“ der Ärzte ohne Grenzen | |
(MSF), beobachtet, dass zwar viel von einer gerechten Verteilung der | |
Impfstoffe die Rede ist, davon, dass jeder, der sie braucht, auch eine | |
Impfung erhalten soll. Doch global die Realität sehe anders aus, sagt | |
Gupta. „Was wir sehen, ist eine Impf-Apartheid, einen Nationalismus, wenn | |
es um den Zugang zu Impfstoffen geht.“ „Big Pharma“ betreibt laut Gupta | |
auch in der Pandemie „business as usual“ und fährt weiter hohe Profite ein. | |
Im Oktober 2020 forderten Indien und Südafrika darum eine generelle | |
Aussetzung des Patentschutzes für Covid-19-Medikamente, solange bis in der | |
ganzen Welt Herdenimmunität erreicht sei. Beide Länder hätten erkannt, dass | |
der Schutz geistigen Eigentums eine entscheidende Hürde beim Zugang zu und | |
der Produktion von Medikamenten sei, sagte Gupta während eines Vortrags für | |
einen Workshop der taz Panter Stiftung mit afrikanischen Journalist*innen. | |
Nach einer Analyse der MSF kosten etwa Covid-19-Testkits in den USA bis zu | |
50 Dollar pro Stück. Dabei sind die Herstellungskosten viel niedriger – | |
Gupta hält einen ein Preis von fünf Dollar pro Test für realistisch –, und | |
sie könnten auch in Afrika produziert werden. Doch noch stehen die | |
Maschinen hier still. | |
## Nur zehn Länder konnten bislang 40 Prozent ihrer Bevölkerung impfen | |
Weltweit wurden bereits mehr als 1,87 Milliarden Impfstoff-Dosen | |
ausgeliefert. Doch nur zehn Länder konnten bislang 40 Prozent ihrer | |
Bevölkerung impfen. Dazu gehören die USA, die Seychellen und die | |
Vereinigten Arabischen Emirate, die schon rund 70 Prozent ihrer Bevölkerung | |
schützen konnte. Uganda dagegen hat bislang nur etwas mehr als einem | |
Prozent seiner Bewohner mindestens die erste von zwei Dosen verabreicht. | |
Andere afrikanische Länder wie die DR Kongo, indischen Äthiopien und | |
Ägypten liegen noch unter diesem Wert. Denn sie sind stark von der | |
Impfstoffproduktion in Indien abhängig. Doch das Land hat den | |
Impfstoff-Export aufgrund der dramatisch gestiegenen Zahl von | |
Coronavirus-Infektionen und –Todesfällen im eigenen Land erst einmal | |
gestoppt. | |
In der „World Health Assembly“, dem höchsten Gremium der WHO, wurde bereits | |
2019 eine Resolution für mehr Transparenz auf Seiten der Pharmaunternehmen | |
eingebracht. Damit sollte sichergestellt werden, dass die Abnehmer*innen | |
einen genaueren Einblick in die Ausgaben und Kosten erhalten, die in | |
Forschung, Entwicklung und Produktion von Impfstoffen fließen. Laut Alfred | |
Driwale, stellvertretender Kommissar für Impfstoffe und Immunisierung im | |
ugandischen Gesundheitsministerium, sollte diese Transparenz | |
Verbraucher*innen und Regierungen in die Lage versetzen, besser über die | |
Preise von Impfstoffen verhandeln zu können. Doch auf Druck großer Konzerne | |
wurde die Resolution am Ende abgelehnt. | |
„Ländern und Unternehmen die Herstellung von Generika zu erlauben, zielt | |
darauf ab, die Produktion zu erhöhen“, um der weltweiten Nachfrage gerecht | |
zu werden, sagt Driwale. Zudem seien die Generika in der Regel billiger. | |
Laut Driwale ist es Uganda bei den derzeitigen Preisen nicht möglich, alle | |
seine 22 Millionen Einwohner*innen zu impfen. „Die einzige Möglichkeit | |
besteht also in der Tat darin, dass Länder das Recht erhalten, Impfgenerika | |
zu Kosten herzustellen, die sie sich leisten können.“ | |
Solange das nicht der Fall ist, sind die Staaten Afrikas laut Yonas Tegegn | |
Woldemariam, dem WHO-Ländervertreter in Uganda, vor allem auf den guten | |
Willen der entwickelten Länder angewiesen: auf freiwillige Spenden | |
überschüssiger Impfstoffe an die von der WHO mitgetragene Covax-Initiative. | |
So bleibt nur die Hoffnung, dass internationale Verhandlungen zu einer | |
Lösung führen. | |
Halima Athumani ist eine freie Journalistin für Print, Online und Radio in | |
Kampala, Uganda. Der Text wurde auf Englisch verfasst. Hier in einer leicht | |
abgeänderten Version in deutscher Übersetzung (OS) | |
11 Oct 2022 | |
## AUTOREN | |
Halima Athumani | |
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