| # taz.de -- Umfangreiche Datenbank bei Neonazi gefunden | |
| > Wiener Staatsschutz stellte bei Neonazi und selbsternanntem | |
| > Kühnen-Nachfolger Gottfried Küssel umfangreiches Material sicher ■ V… | |
| > Bernd Siegler | |
| Bei dem vergangene Woche in Wien festgenommenen österreichischen Neonazi | |
| Gottfried Küssel haben die Sicherheitsbehörden eine vermutlich brisante | |
| Datenbank gefunden. Staatsschutzbeamte spürten in der Wohnung des | |
| 33jährigen Chefs der „Volkstreuen Außerparlamentarischen Opposition“ (VAP… | |
| eine Schachtel gefüllt mit Computerdisketten auf. Ob darauf die Namen der | |
| Hintermänner der internationalen rechtsextremen Szene gespeichert sind, | |
| wurde bislang nicht bestätigt. Nach dem Datenschutzrecht der Alpenrepublik | |
| mußte die Schachtel versiegelt dem Untersuchungsrichter übergeben werden. | |
| Die Auswertung der Materials steht noch aus. | |
| Gottfried Küssel ist eine schillernde Figur in der rechtsextremen Szene. | |
| Nach eigenem Bekunden gehört er der international vernetzten | |
| NSDAP-Auslandsorganisation seit 1977 an. In Östereich ist er wegen | |
| einschlägiger Delikte siebenmal vorbestraft und verfügte insbesondere über | |
| ausgezeichnete Beziehungen zu Michael Kühnen und dessen Gefolgsmännern. | |
| Nach dem Fall der Mauer im November 1989 verlagerte Küssel seinen | |
| Aktionsschwerpunkt in die damalige DDR und übernahm zeitweise die Leitung | |
| in den von Mitgliedern der rechtsextremistischen „Nationalen Alternative“ | |
| besetzten Häusern in der Ostberliner Weitlingstraße. Küssel, von Kühnen | |
| schon 1987 zum „Bereichsleiter Ostmark“ ernannt, übernahm am 7. Juli 1990 | |
| nach der Festnahme Kühnens die Leitung des Parteitags der rechtsextremen | |
| „Deutschen Alternative“ in Cottbus und marschierte mit Kühnen und 500 | |
| Rechtsextremisten am 20.Oktober durch Dresden. Nach Kühnens Tod am 25. | |
| April buhlte Küssel um seine Nachfolgerschaft. | |
| Obwohl das Bonner Bundesinnenministerium am 15.Mai 1991 die | |
| Grenzkontrollbehörden angewiesen hatte, Küssel beim Versuch der Einreise in | |
| die Bundesrepublik Deutschland zurückweisen, konnte er völlig unbehelligt | |
| am 15. Juni in Dresden am Trauermarsch zum Gedenken an den von Zuhältern | |
| ermordeten Neonazi-Führer Rainer Sonntag teilnehmen. Er war bei der | |
| Gründung der „Sächsischen Nationalen Liste“ Ende August in Dresden ebenso | |
| dabei wie bei der „Rudolf-Heß-Gedenkkundgebung“ in Bayreuth. Am 9.11. zog | |
| Küssel mit Megaphon an der Spitze einer Neonazi-Demo durch Halle und gab am | |
| 3. Januar seinem Führer Michael Kühnen bei dessen Begräbnis in Kassel die | |
| letzte Ehre. Schließlich wurde Küssel am 7.Januar in Wien verhaftet. Dort | |
| wird ihm angelastet, gegen das Verbot nationalsozialistischer | |
| Wiederbetätigung verstoßen zu haben. Neben der Datenbank fand die Polizei | |
| in Küssels Wohnung umfangreiches Propagandamaterial sowie „handelsüblichen | |
| Sprengstoff“. Während sich der Wiener Staatsschutz von den Dateien | |
| Informationen über Hintermänner und Finanziers des VAPO-Chefs, der | |
| offiziell als einkommenslos gilt, verspricht, schweigen sich Küssel und der | |
| mit ihm verhaftete Klaus-Peter Kopanski (27) aus Varel (Niedersachsen) bei | |
| den polizeilichen Vernehmungen bislang aus. | |
| 14 Jan 1992 | |
| ## AUTOREN | |
| bernd siegler | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA |