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# taz.de -- US-Baseball: Frühjahrskur für den guten Ruf
> Die Zeit der aufgeblasenen Muskelprotze in der Major League Baseball
> scheint vorbei. Doch das Dopingproblem bleibt virulent.
Bild: Alles neu macht also der März: Baseballspieler können jetzt fliegen.
Alles neu, heißt es bei uns, macht der Mai. In den USA, wo alles immer
etwas schneller ist, beginnt der Sommer bereits im März. Dann bereiten sich
die Baseballspieler im sonnigen Süden auf die neue Saison vor. Das "Spring
Training", bei dem die Fans ihren Idolen so nah wie sonst nie kommen
können, ist zu einem Ritual geworden, mit dem Amerika die warme Jahreszeit
begrüßt. Alles neu macht also der März.
Doch in diesem Jahr ist das Spring Training nicht geprägt von Hoffnung und
freudiger Erwartung. Ein weniger angenehmes Thema beherrscht die
Trainingslager der Major League Teams in Florida und Arizona. Schuld ist
das Doping-Geständnis von Alex Rodriguez. Der Third Baseman der New York
Yankees hat zugegeben, zwischen 2001 und 2003, als er bei den Texas Rangers
unter Vertrag stand, mit Anabolika gedopt zu haben.
Ein Schock für die Sportnation USA. Rodriguez galt nicht nur als aktuell
bester Baseballspieler und ist nicht nur der höchstbezahlte Profisportler
des Landes, er war bis zu seinem Geständnis auch ein Hoffnungsträger. Im
Vergleich zu anderen Spielern, deren Muskelberge in den drogenverseuchten
Neunzigerjahren zu grotesken Ausmaßen anwuchsen, wirkte Rodriguez fast wie
ein Hänfling. Wie kein anderer Spieler vereinigte er Kraft, Schnelligkeit
und Beweglichkeit, sein Talent war offensichtlich. Er war dazu auserkoren,
den erwiesenen Doper Barry Bonds als Rekordhalter mit den meisten Homeruns
abzulösen. Nun sitzt der Schock tief.
Ob der 33-jährige Rodriguez, worauf neue Informationen hindeuten, auch nach
seinem Wechsel zu den Yankees 2003 weiter gedopt hat, ist dabei nicht
einmal entscheidend. Dass jemand mit so viel Talent und Ehrgeiz es nötig
fand, zu illegalen Hilfsmitteln zu greifen, lässt nur einen, allerdings
zynischen Schluss zu: Dann sind wohl alle gedopt.
Entsprechend misstrauisch beäugt deshalb die amerikanische Öffentlichkeit
den Baseball. Und stellt fest: Alles neu macht der März, sogar die Körper
der Spieler. Auffällig viele Profis, registrierte unlängst die New York
Times, hätten in er spielfreien Zeit deutlich abgespeckt. Ryan Howard, der
berüchtigte Homerun-Schläger des amtierenden Meisters Philadelphia
Phillies, hat fast zehn Kilo verloren, sein Teamkamerad Brett Myers sogar
15. Und der 35-jährige Marlon Anderson von den New York Mets behauptet,
dank einer Wunderdiät innerhalb nicht einmal eines Monats gut zehn Kilo
abgenommen zu haben.
Die Zeit des von Anabolika und Wachstumshormonen aufgeblasenen
Baseballprofis könnte sich tatsächlich dem Ende zuneigen, die immer noch
lächerlichen Dopingkontrollen scheinen zumindest ansatzweise zu greifen.
Doch diese vorsichtige Erneuerung könnte zu spät kommen. Noch braucht der
Major League Baseball (MLB) nicht das Schicksal des Radsports hierzulande
zu fürchten, die Zuschauerzahlen steigen auch trotz der Skandale
kontinuierlich an. Aber die Liga sorgt sich: Am Sonntag lud man Rodriguez
zu einem zweistündigen Gespräch, bei dem der Yankee-Star mit zwei
Rechtsanwälten erschien, sich dem Vernehmen nach "kooperativ" gezeigt haben
soll. Sollte herauskommen, dass Rodriguez erstes Geständnis nicht umfassend
war, droht der MLB ein Marketing-Desaster. Barry Bonds letzte Monate in der
Liga gerieten zu einem unwürdigen Zirkus, bei dem die Zuschauer Spritzen
aufs Spielfeld warfen. Auf ähnliche Reaktionen darf sich Rodriguez in der
Anfang April beginnenden Saison einstellen.
Aber längst stehen alle Baseball-Profis unter Generalverdacht. Dagegen
wehrt sich vor allem Derek Jeter, Vereinskollege von Rodriguez bei den
Yankees und einer der Besten seiner Generation: "Nicht alle haben es
getan." Vor Jahren waren Jeter und Rodriguez noch Freunde. Das Verhältnis
hat sich abgekühlt. Ab morgen treten sie auch noch gegeneinander an. Dann
startet die "World Baseball Classic". In dieser Quasi-WM steht Jeter im
Kader der USA, während Rodriguez auf Wunsch seiner Mutter für deren
Heimatland, die Dominikanische Republik, spielt.
4 Mar 2009
## AUTOREN
Thomas Winkler
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