# taz.de -- Terror gegen Zivilisten: Kongos schmutziger Krieg | |
> Mit blutigen Massakern reagieren ruandische Hutu-Milizen im Ostkongo auf | |
> eine neue Armeeoffensive. Die Bevölkerung steht zwischen den Fronten. | |
Bild: Soldaten der regulären Armee (FARDC) sollen Jagd auf die ruandischen Hut… | |
BUKAVU taz | In Bukavu teeren Bauarbeiter die Hauptstraße neu, und ein | |
Friedensdenkmal soll bald den Kreisverkehr schmücken. Doch außerhalb der | |
Hauptstadt der Provinz Süd-Kivu im Osten der Demokratischen Republik Kongo | |
ist von Frieden nichts zu sehen. Im Gegenteil: die Armee (FARDC) | |
reorganisiert ihre Truppen für den nächsten Krieg. Rund 15.000 Soldaten | |
sollen tief im Dschungel Jagd auf die ruandischen Hutu-Milizen der FDLR | |
(Demokratischen Kräfte zur Befreiung Ruandas) machen. | |
Anders als bei der ersten solchen Militäraktion in der Nachbarprovinz | |
Nord-Kivu zu Beginn des Jahres beteiligt sich Ruandas Armee nicht an dieser | |
Operation. Dieses Mal soll die UN-Mission Monuc die kongolesischen Truppen | |
unterstützen. Denn es fehlt der FARDC an allem: Lkws, Essensrationen, | |
Zelte. Zu Fuß marschieren die Soldaten derzeit die schlammigen Feldwege | |
entlang, tief in die Wälder hinein. Sie campen in selbst gebastelten Zelten | |
aus Bananenblättern. Es ist Regenzeit. | |
Die Monuc hat begonnen, Lebensmittelrationen an die hungrigen Soldaten zu | |
verteilen. Rund 65.000 Kilogramm Reis, Bohnen, Sardinen, Tee und Zucker | |
wurden in einem Hangar am Flugplatz in Bukavu bereitgestellt. Aber ob die | |
Armeekommandeure das tatsächlich an ihre Soldaten im Wald verteilen oder | |
einfach auf dem Markt verkaufen, bleibt fraglich. | |
Die Logistikprobleme haben bereits den Zeitplan der Operation durcheinander | |
gebracht. In der nächsten Phase, heißt es offiziell, sollen FARDC und Monuc | |
ihre Positionen einnehmen, um die Bevölkerung zu beschützen, bevor es zu | |
ersten Kampfhandlungen kommt. Doch in der Praxis verschanzen sich die 3.500 | |
Blauhelme der pakistanischen Süd-Kivu-Brigade hinter Sandsäcken in ihren | |
Camps und patrouillieren in einigen wenigen Dörfern nahe der | |
Monuc-Landebahnen, um "Flagge zu zeigen", wie es heißt. | |
So bleiben tief in den Wäldern von Shabunda und Mwenga, jenseits der Berge | |
und des dichten Regenwalds des Nationalparks Kahuzi-Biega westlich von | |
Bukavu, wo es keine Straßen und Brücken über die zahlreichen Flüsse gibt, | |
die Menschen auf sich gestellt. Bereits jetzt sind in Süd-Kivu nach | |
UN-Angaben schätzungsweise 100.000 Menschen auf der Flucht, und die Zahlen | |
steigen. Die Mehrheit flieht nicht vor den Hutu-Milizen, sondern vor den | |
hungrigen und unbezahlten kongolesischen FARDC-Soldaten. Die plündern | |
Häuser, vergewaltigen Frauen. Sie gefährden die Arbeit der Hilfswerke, die | |
Lebensmittel und Medikamente verteilen. | |
Beobachter melden bereits, die FDLR sei zum Gegenangriff übergegangen: Nach | |
Angaben der humanitären UN-Abteilung griffen sie in der Nacht zum | |
Donnerstag den Ort Ekingi 80 Kilometer nordwestlich von Bukavu an und | |
töteten rund 60 Zivilisten und 30 Soldaten. Die FDLR bestätigte Kämpfe in | |
Ekingi, sagte aber, die Armee habe sie zuerst angegriffen. Bereits am | |
Wochenende überfielen FDLR-Einheiten nach UN-Angaben den Ort Busurungi | |
südlich von Walikale und töteten 62 Menschen. | |
Und auch zwischen den verschiedenen FARDC-Einheiten kommt es zu | |
Auseinandersetzungen. Im April erst hatten 18 bewaffnete Gruppen ihre | |
Waffen abgelegt, darunter verschiedene lokale Mai-Mai-Einheiten, die zuvor | |
mit den FDLR-Milizen in Kontakt standen. Gemeinsam mit rund 1.500 Männern | |
der einstigen Tutsi-Rebellenbewegung CNDP (Nationalkongress zur | |
Verteidigung des Volkes) wurden diese Kämpfer seither im Schnelldurchgang | |
durch ein einwöchiges Trainingslager geschleust und anschließend in die | |
Armee integriert. Aber einige Gruppen haben die Integration schon wieder | |
aufgekündigt. | |
Die Militäroperation soll den Hutu-Milizen die Schmuggelrouten für ihren | |
lukrativen Coltan- und Goldhandel abschneiden. Die Minen in Shabunda und | |
Mwenga, aus denen die FDLR ihre Ressourcen beziehen, sollen von der Armee | |
eingenommen werden. Aber es stellt sich die Frage, was der bunt | |
zusammengewürfelte Haufen unterbezahlter FARDC-Truppen dann mit den Minen | |
anstellen würde. | |
15 May 2009 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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